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Psychobiologische Auswirkungen von Unterrichtsstörungen auf Lehrpersonen (PAUL). Eine multimodale Feldstudie mit Fokus auf die Lehrer-Schüler-Interaktion

Ref. 13410

Description générale

Période concernée

1. Oktober 2019 bis 30. September 2023

Région géographique

Informations géographiques additionnelles

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Résumé

Lehrpersonen erkranken überdurchschnittlich häufig an psychischen Störungen und psychosomatischen Krankheiten. Dabei erleben sie Störungen des Unterrichts durch Schülerinnen und Schüler (im Folgenden «Unterrichtsstörungen») als einen vordringlichen Belastungsfaktor. Unterrichtsstörungen werden von Lehrpersonen auch als Hauptmotiv für den Berufsausstieg sowie eine frühzeitige Pensionierung genannt. Diese Befunde stützen sich in erster Linie auf Lehrerselbstauskünfte. Objektive Arbeitsbedingungen und physiologische Stressreaktionen von Lehrpersonen auf akute Stressereignisse im Unterricht wurden dagegen bisher kaum erforscht. Das Ziel dieser erziehungswissenschaftlichen Feldstudie ist die Erfassung eines Arbeitstages und eines freien Tages bei 44 Lehrpersonen mit Fokus auf die Lehrer-Schüler-Interaktion im Unterricht und den Alltag danach. In einem Ambulatory Assessment Design mit ergänzenden Follow-up Erhebungen sollen durch die multimodale Erfassung des psychischen Stresserlebens, biologischer Stressreaktionen sowie der im Unterricht auftretenden Störungen durch unabhängige Beobachter folgende Fragestellungen beantwortet werden: Fragestellungen 1. Wie variiert die Stressbelastung von Lehrpersonen intraindividuell und interindividuell zwischen Arbeitstagen und freien Tagen, im Tagesverlauf sowie in Abhängigkeit von Aktivitätsklassen? 2. Welche Formen aggressiver und nicht aggressiver Unterrichtsstörungen sind bei Lehrpersonen mit physiologischen Stressreaktionen verbunden? Wie wirken sich akute Stressreaktionen der Lehrperson und ihr damit assoziiertes Unterrichtshandeln auf das weitere Störverhalten der Schüler und die Interaktion im Unterricht aus? 3. Wie beeinflussen allgemeine Belastungen und Ressourcen der Lehrperson ihre akuten Stressreaktionen, ihr Unterrichtshandeln bei Störungen sowie ihre Einschätzung der Lehrer-Schüler-Beziehung? Welche kurz- und längerfristigen Konsequenzen ergeben sich aus einer erhöhten Lehrerbelastung für die Lehrperson, die Lernenden und den Unterricht? Die Bedeutung des Projektes für Schule und Ausbildung Die Studie soll einen Beitrag zur primären und sekundären Stressprävention bei Lehrpersonen leisten. Durch Unterrichtsstörungen ausgelöste kurzfristige physiologische Stressreaktionen können potenziell langfristig zu körperlichen Beanspruchungsfolgen führen und sich negativ auf die Lehrergesundheit und die Qualität des Unterrichts auswirken. Erkenntnisse über psychische und physiologische Reaktionen von Lehrpersonen auf Belastungen im Unterricht sensibilisieren Lehrpersonen für ungünstiges Belastungserleben und geben wertvolle Hinweise für eine gesundheitsförderliche Schulentwicklung. Weiter können physiologische Messungen in der Lehrerberatung und für Stress reduzierende Interventionen genutzt werden.

Résultats

Die Studie war sehr erfolgreich und führte zu einer kumulativen Dissertation (Schneider, 2022), zwölf wissenschaftlichen Artikeln und sechs begutachteten Beiträgen auf internationalen Konferenzen Schneider et al., 2021c-g) (z. B. PNEC, STAR, WASAD) (Stand September 2023). Die 12 Artikel beinhalten einen theoretischen Beitrag (Wettstein et al., 2021), zwei Artikel zu Speichelcortisol und Alpha-Amylase (Schneider et al., 2021a; Schneider et al. 2023) und vier Beiträge, die die moderierenden (Wettstein et al., 2022; Wettstein et al., 2023b) und mediierenden (Jenni et al., in Vorbereitung; Schneider et al., 2022) Effekte verschiedener Ressourcen und Risikofaktoren untersuchen. Ein Beitrag untersuchte die Wirkung von 50 Prädiktoren auf verschiedene psychische und physiologische Stressfolgen von Lehrpersonen mit einem innovativen LASSO-Regressionsansatz (Wettstein et al., 2023a). Zwei Beiträge untersuchten die Zusammenhänge zwischen der beobachteten Unterrichtsumgebung, vitaler Erschöpfung und HCC (La Marca et al., 2023; Schneider et al., 2021b). F1. Wie variiert die Stressbelastung von Lehrpersonen an Arbeitstagen und freien Tagen? Lehrpersonen weisen an Arbeitstagen deutlich höhere physiologische Stressbelastungen auf als an freien Tagen. Sie haben an Arbeitstagen eine höhere Cortisolaufwachreaktion (Schneider et al., 2023), eine erhöhte Herzrate und eine reduzierte Herzratenvariabilität (Kühne et al., in Vorbereitung). Die höchsten Stressreaktionen zeigen die Lehrpersonen unmittelbar vor Unterrichtsbeginn am Morgen und am Nachmittag. Alle Lehrpersonen erholen sich jedoch bis um 20 Uhr abends gut von den erhöhten Anforderungen des Arbeitsalltags. F2. Lösen Störungen psychobiologischen Stress bei Lehrpersonen aus? Störendes Schülerverhalten wird als einer der Hauptrisikofaktoren für ein ungünstiges Belastungserleben von Lehrpersonen angesehen. Unsere Studie zeigt, dass psychologische und biologische Stressreaktionen von Lehrpersonen kaum korrespondieren (Schneider et al., 2022). Biologische Stressreaktionen wie erhöhtes Haarcortisol sind assoziiert mit beobachteten Unterrichtsstörungen und Schüleraggressionen, während eine gute Beziehung und eine adaptive Klassenführung vor langfristigen physiologischen negativen Folgen schützen (La Marca et al., 2023). Psychisches Belastungserleben wird nicht durch die im Unterricht tatsächlich auftretenden Störungen erklärt, sondern durch die idiosynkratische Wahrnehmung der Lehrperson dieser Störungen. Lehrpersonen, welche chronisch besorgt und resigniert sind, überschätzen die Schüleraggression (Wettstein et al., 2023b). Neurotizismus, Angst vor sozialer Bewertung und soziale Überlastung sind assoziiert mit einer Überschätzung von Unterrichtsstörungen und dies führt longitudinal zu immer mehr beruflichen Beschwerden (Jenni et al., in Vorbereitung). Es ist also wichtig, Lehrpersonen auf dysfunktionale Copingstrategien im Umgang mit Störungen hinzuweisen. F3. Welche Ressourcen schützen Lehrpersonen? Welche Risikofaktoren gefährden sie? Als wichtigste Ressourcen erwiesen sich eine positive core-self evaluation der Lehrperson (Schneider et al., 2022), aktives Coping, eine adaptive Klassenführung und eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung sowie eine ausreichende Unterstützung im Schulteam (Wettstein et al., 2023a). Als zentrale Risiken erwiesen sich wahrgenommene Unterrichtsstörungen, Neurotizismus der Lehrperson, dysfunktionale Copingstrategien sowie fehlende Kompetenzen in der Klassenführung und in der Beziehungsgestaltung (Wettstein et al., 2023a). Lösungsansätze sind Schulentwicklungsprozesse in den Bereichen 1. adaptive Klassenführung, 2. tragfähige Beziehungsgestaltung sowie 3. Unterstützung und Zusammenarbeit im multiprofessionellen Schulteam.