Wirksamkeit ländlicher Entwicklungsstrategien bezüglich der Bekämpfung von Desertifikation und Migration in Westafrika

Ref. 897

Allgemeine Beschreibung

Periode

Ca. 1985 bis 1994

Geographischer Raum

Zusätzliche geographische Informationen

Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger

Kurzbeschreibung

Bodendegradation, Desertifikation und Migration (v.a. Land-Stadt-Wanderungen) gehören zu den zentralen und offensichtlichen Probleme der ländlichen Räume in Westafrika – und anderer Regionen der südlichen Hemisphäre. Die eigentliche Problemzone ist dabei der trockene Savannengürtel (Trockensavanne und Dornstrauchsavanne bzw. Sahelzone). In diesem Gürtel lebt einerseits der grösste Teil der Bevölkerung Westafrikas, andererseits ist nach Weltbankberichten die Tragfähigkeit erreicht bzw. überschritten, was die Umweltzerstörungen sowie die Abwanderung zu einem grossen Teil erklärt. Bevölkerungskonzentration, ökologisch nicht angepasste Bewirtschaftungsmethoden, Bodendegradation, Desertifikation und Migration sind somit interdependente Erscheinungen und können zu weiteren Problembereichen führen bzw. diese verstärken (sinkende Tragfähigkeit des ländlichen Raums, unkontrolliertes Städtewachstum, Slumbildung, Arbeitslosigkeit/Unterbeschäftigung, Zunahme des informellen Sektors, soziale Spannungen etc.). Die seit ca. 30 Jahren praktizierten Strategien der ländlichen Entwicklung haben denn auch zum Ziel, die Probleme im ländlichen Raum und deren Folgewirkungen abzubauen. Es muss jedoch davon ausgegangen werden – wie die eigenen Studien auch gezeigt haben –, dass die meisten Strategien keinen effizienten Beitrag zur Bekämpfung der Umweltzerstörungen und der Migration geleistet haben oder diese Erscheinungen sogar verstärkten. Um der von verschiedener Seite geforderten nachhaltigen, ressourcenschonenden Entwicklung (UNEP, FAO, Weltbank, Konferenz von Rio etc.) gerecht zu werden, ist es sinnvoll, ausgehend von den bisher praktizierten Strategien gegenüber dem ländlichen Raum, die Grundlagen für eine nachhaltige ländliche Entwicklung zu erarbeiten. Das Hauptziel des Projekts ist demnach, anhand der Analyse ländlicher Strategien Elemente desertifikations- und migrationsbekämpfender Strategien systematisch herauszuarbeiten, um der vielerseits geforderten nachhaltigen Entwicklung konkrete Inhalte zu verleihen. Dabei sollen v.a. auch zukunftsweisende Strategien erforscht werden. Vorgesehen ist, Strategien hauptsächlich gegenüber den eigentlichen Problemräumen in der Savannenzone Westafrikas zu untersuchen (Mossi-Plateau in Burkina Faso, Grossraum Mopti-Ségou-Sikasso in Mali, der Süd-Westen von Niger und Senegal). Neben Literatur- und Berichtanalysen sollen hauptsächlich auch zwei Feldstudien (Expertengespräche, qualitative Sozialforschung) zur Erkenntnisgewinnung beitragen. Das Forschungsprojekt wird auf zweieinhalb Jahre angelegt. Die Bedeutung der geplanten Arbeit liegt in der Erarbeitung der Grundlagen für eine nachhaltige, dauerhafte, umwelt- und ressourcenschonende ländliche Entwicklung anhand der westafrikanischen Gegebenheiten, ausgehend von den Erfahrungen effektiv praktizierter ländlicher Entwicklungsstrategien. In diesem Ansatz, praktizierte und zukunftsweisende Strategien zu analysieren und zu einem Konzept zu verbinden, liegt die Originalität des Projektes.

Resultate

Die Interventionsstrategien der 14 untersuchten Organisationen können in sechs übergeordnete Strategien zur Förderung des ländlichen Raums eingeteilt werden: - Gemeinschaftliche Entwicklung. - Grüne Revolution (mechanisch-technische und biologisch-technische Neuerungen). - Integrierte ländliche (Regional-)Entwicklung (bzw. integrierte Dorfentwicklung). - Selbsthilfe. - Selbsthilfeförderung. - Landnutzungsplanung. Ältere Interventionsstrategien sind bzw. waren meistens mono-strategische Ansätze: Sie beruhen bzw. beruhten auf einem einzigen spezifischen Ansatz (meistens Integrierte Entwicklung, gemeinschaftliche Entwicklung oder Grüne Revolution). Sie klammern bzw. klammerten die Desertifikations- und Migrationsbekämpfung normalerweise aus. Entsprechend wirken bzw. wirkten die älteren Interventionsstrategien weder desertifikations- noch migrationshemmend, im Gegenteil: Oftmals verstärken bzw. verstärkten diese die Desertifikations- und Abwanderungsphänomene (z. B. Erdnussanbau im senegalesischen Erdnussbecken, Senegalflusstalplanung, ältere Strategie des Office du Niger). Auch neuere mono-strategische Ansätze (Selbsthilfeförderung und Landnutzungsplanung) wirken nicht grundsätzlich positiv auf die Desertifikations- und Abwanderungsbekämpfung, auch wenn die Desertifikations- und Migratrionsbekämpfung meistens im Zielkatalog aufgeführt werden. Bei den untersuchten mono-strategischen Ansätze im Bereich Landnutzungsplanung scheinen kaum positive Auswirkungen auf diese Phänomene sichtbar zu sein (Landnutzungsplanung im Kaarta/Mali und im Nord-Ader (Niger). Erfolgsversprechender bezüglich Desertifikations- und Abwanderungsbekämpfung scheinen Interventionsstrategien zu sein, die mehrere übergeordnete Strategien miteinander verbinden. So konnten beispielsweise Interventionsstrategien, die in einer älteren Phase primär auf Elementen der Grünen Revolution basierten, durch die Integration anderer Konzepte (Landnutzungsplanung, Selbsthilfe und Selbsthilfeförderung) in wirksame Strategien der Degradations- und Abwanderungsbekämpfung umfunktioniert werden. Mono-strategische Ansätze (ausgenommen die Selbsthilfe-Strategie) scheinen zu einem Vorgehen von oben nach unten zu verleiten. Mono-strategische Ansätze scheinen die Verantwortlichen dazu zu verleiten, ein bzw. ihr Konzept ohne konzeptionelle Mitarbeit der betroffenen Bevölkerung umzusetzen. Entsprechend sind die Auswirkungen relativ bescheiden (wenn nicht sogar den Zielsetzungen entgegengesetzt), auch bezüglich Degradations- und Abwanderungsbekämpfung. 6. Erfolgreiche Interventionsstrategien weisen folgende drei Elemente auf: 1) Es werden entsprechend der lokalen Problematik mehrere strategische Ansätze miteinander verbunden. 2) Die Selbsthilfe (lokale Eigeninitiativen, Eigenleistungen) spielt eine zentrale Rolle. 3) Die Partizipation beinhalt nicht nur die ausführende Mitarbeit (wie in vielen Interventionsstrategien), sondern auch weitgehende Selbstbestimmung (Bereich der Entscheidungen: Projektinhalte, Ablauf). Das Element Selbsthilfe bedeutet eine Grundbedingung für erfolgsversprechende Interventionsstrategien. Die Selbsthilfe alleine verspricht jedoch noch keine Erfolge. Erst wenn weitere Elemente (z. B. Selbsthilfeförderung, Landnutzungsplanung, Grüne Revolution) mit der Selbsthilfe kombiniert werden, scheinen allgemein positive Auswirkungen absehbar zu sein. Zusammenfassend haben die rund dreissig Jahre Erfahrungen mit Interventionsstrategien im ländlichen Raum wenigstens im konzeptionellen Bereich entscheidende Fortschritte gebracht: Indem die urspünglich meistens mono-strategischen Ansätze durch weitere Elemente ergänzt wurden, konnten sie sich den lokalen Bedingungen anpassen, was sich wiederum eher positiv auf die Degradations- und Abwanderungsbekämpfung auswirkt. Trotz diesen Fortschritten sind aber kaum breitenwirksame Verbesserung in den Bereichen Degradation/Desertifikation und Migration sichtbar. Hypothetisch ausgedrückt aus folgenden Gründen: - Erfolgreiche Interventionsstrategien beschränken sich zum grossen Teil auf kleine Räume (lokale Ebene, regionale Ebene). - Lokale positive Erfahrungen lassen sich nur schwerlich auf höhere Ebenen übertragen (u. a. lokale Verankerung, lokal spezifische Bedingungen). - Die meisten Interventionsstrategien stellen Sektorstrategien dar und beschränken sich weitgehend auf die Landwirtschaft. - Die Bedingungen in den vor- und nachgelagerten Sektoren (u. a. Rohstofferzeugung, Verarbeitung, Vermarktung) setzen auch erfolgreichen Interventionsstrategien relativ enge Grenzen und Entfaltungsmöglichkeiten. - Die (hemmenden) Rahmenbedingungen können von lokalen und regionalen Strategien kaum entscheidend beeinflusst werden. - Viele Interventionsstrategien setzen nicht bei den komplexen Ursachen der Degradation/Desertifikation und Abwanderung an, sondern bei der Bekämpfung der Nebenwirkungen (z. B. bei der Bekämpfung der sichtbaren Erosion anstatt bei den nicht-angepassen Landnutzungsformen). Es kann keinesfalls davon gesprochen werden, dass sich die Problematik der Degradation/Desertifikation und der Abwanderung abgeschwächt hat, trotz den unzähligen Projekten und Programmen, die auf eine Lösung/Linderung der Problematik abzielen. Die relativ erfolgreichen Interventionsstrategien weisen neben dem zentralen strategischen Element der Selbsthilfe je nach dem weitere Eigenschaften auf: - Einen Bezug auf die jeweilige Kultur (z. B. Organisationsformen). - Eine in die Vergangenheit und gleichzeitig in die Zukunft gerichtete Vision. - Eine Verbesserung der traditionellen Techniken und Produktionsweisen. - Eine Kombination "traditioneller" und "moderner" Techniken und Organisationsformen. - Die Ausbildung/Alphabetisierung (in lokaler Sprache) wird in der ersten Phase stärker gewichtet als die eigentlichen Investitionen. - Die Ausbildung/Alphabetisierung bildet die Grundlage der Interventionsstrategien. - Aktionsforschung ist ein wichtiger Bestandteil der Intervention. - Die Prioritäten ergeben sich aus den dörflichen Diskussion und werden nicht im vornherein festgelegt. - Starke eigenständige lokale (und regionale) Organisationen (private oder öffentliche) sind die eigentlichen Träger der Entwicklungsanstrengungen (und nicht äussere Organisationen).