Nachfrage nach familienergänzender Kinderbetreuung in der Schweiz

Ref. 8461

Description générale

Période concernée

2004-2015

Région géographique

-

Informations géographiques additionnelles

Schweiz

Résumé

Gegenstand des Forschungsprojekts Das Forschungsprojekt beleuchtet die formelle familienergänzende Kinderbetreuung im Vorschulbereich wie z.B. die Betreuung in Krippen und Tagesfamilien. Diese Betreuungsangebote geniessen in der Schweiz zunehmende Bedeutung. Eine effiziente, bedarfsgerechte Strategie zum Ausbau des Angebots muss auf Informationen über das Nachfrageverhalten der Eltern basieren. Diese Grundlagen fehlen in der Schweiz weitgehend. Weder die Nachfrage noch das Angebot wurden bislang systematisch untersucht. Das Forschungsprojekt leistet einen Beitrag zur Schliessung dieser Forschungslücken im Vorschulbereich. Die Ergebnisse liefern Grundlagen für eine nachfrageorientierte Planung des familienergänzenden Betreuungsangebots in der Schweiz. Sie zeigen auf, wo Ausbaupotenziale bestehen und wie Angebote ausgestaltet sein müssen, damit sie den Bedürfnissen der Eltern gerecht werden. Forschungsfragen Das Forschungsprojekt gibt Antworten zu den folgenden Fragen: Welche sozioökonomischen, demografischen, regionalen und angebotsspezifischen Faktoren spielen bei der Wahl eines Bertreuungsangebots welche Rolle? Wie gross sind aktuell die Nachfragepotenziale für Betreuung in Krippen und Tagesfamilien in den verschiedenen Regionen der Schweiz? Welche zukünftigen Entwicklungen sind zu erwarten angesichts der analysierten Verhal-tensweise und der demografischen Szenarien, insbesondere der Entwicklung der Kinderzahlen? Forschungsmethoden Mittels eines Choice-Experiments wurden in einem ersten Schritt 600 Haushalte mit Kindern zwischen 0 und 4 Jahren zur potenziellen Wahl einer bestimmten Form von Kinderbetreuung befragt. Zusätzlich wurde eine Umfrage bei 150 AusländerInnen-Haushalten durchgeführt. Mit Hilfe eines ökonometrischen Modells wurde eruiert, welches die wichtigsten sozialen, demografischen regionalen und angebotsspezifischen Faktoren sind, die die Nachfrage nach familienergänzender Betreuung beeinflussen. Diese Ergebnisse wurden für die Schätzung der Nachfragepotenziale mit Daten zur Haushaltsstruktur in der Schweiz kombiniert.

Résultats

Ergebnisse: Einflussfaktoren der Nachfrage nach familienergänzender Betreuung: Es haben sich verschiedene sozioökonomische und demografische Haushaltsmerkmale als signifikant für die Wahl der Kinderbetreuung erwiesen. Das Einkommen und das Alter der Mutter wirken sich z.B. positiv auf die Wahl einer formellen familienergänzenden Betreuung aus. Die Präsenz von älteren Geschwistern und die Möglichkeit, das Kind durch einen Elternteil betreuen zu lassen, wirken sich negativ auf die Nachfrage aus. Weitere relevante Einflussfaktoren sind eine höhere Ausbildung der Mutter sowie die Arbeitszeiten des Vaters und die aktuelle Betreuungssituation. Wenn ein Elternteil ausländischer Nationalität ist, wirkt sich dies positiv auf die Nachfrage nach formeller familienergänzender Betreuung aus. Die Zusatzbefragung bei den AusländerInnen-Haushalten zeigt, dass italienische und portugiesische Haushalte keine signifikanten Unterschiede zu den Schweizer Haushalten aufweisen. Nur für Familien ost-europäischer Herkunft konnte ein signifikant positiver Einfluss auf die Wahl von formeller familienergänzender Betreuung festgestellt werden. Regionale Variablen wie die Urbanität und die Sprachregion haben ebenfalls einen signifikanten Einfluss auf die Wahl der Kinderbetreuung. Die Tatsache, dass eine Familie in einer ländlichen Region wohnt, wirkt sich negativ auf die Nachfrage nach Krippen oder Tagesfamilien aus. Haushalte mit Wohnort im der lateinischen Schweiz haben hingegen eine höhere Nachfrage nach formeller familienergänzender Betreuung. Die Ausgestaltung der Betreuungsangebote hat einen signifikanten Einfluss auf das Nachfrageverhalten der Eltern. Relevante Angebotsmerkmale sind der Preis, die Distanz zum Wohnort, das Betreuungsverhältnis (Anzahl Kinder pro Betreuungsperson), die Öffnungszeiten und die Flexibilität bei der Anpassung der Betreuungszeiten. Die ökonometrischen Schätzungen zeigen, dass bei einer Preiserhöhung um 10% die Nachfrage nach Krippenbetreuung um rund 12% sinkt. Schätzung der aktuellen Nachfragepotenziale: Gemäss unseren Schätzungen würden in der Schweiz bei einer freien Wahl der Art der Betreuung und bei den heutigen Angebotsbedingungen (Preis, Öffnungszeiten, etc.) rund 47% aller Haushalte eine Betreuung in einer Kinderkrippe oder bei einer Tagesfamilie nachfragen. Die Betreuung in einer Kinderkrippe wird in allen Regionen etwas häufiger gewählt als die Betreuung bei Tagesfamilien. 31% der Haushalte mit Kindern im Vorschulalter würden im Vergleich zu einer rein privaten Lösung die Betreuung in einer Kinderkrippe wählen und 16% ziehen die Tagesfamilien einer rein privaten Lösung vor. Im Jahr 2004 werden nach unserer Schätzung rund 84'000 Betreuungsplätze für 168'000 Kinder im Vorschulbereich nachgefragt. Die gewünschte Betreuungsdauer beträgt 2 Tage pro Woche. Im Modell sind wir davon ausgegangen, dass pro Platz rund 2 Kinder betreut werden können. Basierend auf Daten der SAKE nehmen wir an, dass in der Schweiz zurzeit rund 30'000 Betreuungsplätze im Vorschulbereich zur Verfügung stehen, auf denen in etwa 50'000 Kinder betreut werden. Im Vergleich zu den geschätzten Nachfragepotenzialen bedeutet dies, dass Betreuungsangebote für rund 120'000 Kinder bzw. rund 50'000 Betreuungsplätze fehlen. Mit dem bestehenden Angebot sind erst knapp 40% der geschätzten Nachfragepotenziale gedeckt. Schätzung der zukünftigen Nachfragepotenziale: Lässt man die Angebotsseite (Preise, Qualität) unberührt und folgt man einem Trendszenario der demografischen Entwicklung, wird im Jahr 2015 insgesamt etwas weniger Kinderbetreuung nachgefragt. In zwei weiteren Szenarien konnte der erhebliche Einfluss von Angebotsvariablen auf die Nachfrage aufgezeigt werden. Eine konsequente Subventionierung von Kinderstätten würde die Nachfrage deutlich erhöhen. Preiserhöhungen oder auch Qualitätsverschlechterungen wirken sich hingegen rasch negativ auf die Nachfrage aus. Final Results: Influencing factors of the demand for extrafamilial care: Several socio-economic and demographic criteria of households proved to be significant for the choice of child care. Income and age of the mother may have a positive effect on choosing formal extrafamilial care. The existence of older siblings and the possibility of child care through one parent have a negative effect on demand. Additional relevant influence factors are higher education of the mother as well as working hours of the father and the actual care situation. It has a positive effect on demand for formal extrafamilial care if one parent is of foreign nationality. The additional survey of foreign families shows that there is no significant difference between Italian, Portuguese and Swiss families. A significantly positive influence on the choice of formal extrafamilial care could only be noted with families of eastern European descent. Regional variables such as urbanity and language region are also significant factors in the choice of child care mode. The fact that a family lives in a rural area has a negative effect on demand for day care facilities or home day care. Though families domiciled in the Latin part of Switzerland have a greater demand for formal extrafamilial child care. The definition of child care services is an influential factor on the demand behaviour of parents. Relevant child care criteria are price, distance to place of residence, care ratio (number of children per child minder), opening hours and the flexibility with regard to adapting care hours. Econometric estimations show that with a mark-up of 10% the demand for day care facilities will be reduced by approximately 12%. Estimation of current demand potentials: We estimate that about 47% of all households in Switzerland would ask for extrafamilial day care centers or home care in case of free choice of the type of care and with the present service offers (price, opening hours, etc.). In all regions the demand for care in day care facilities is higher than for home care. 31% of families with preschool children would choose day care facilities in comparison to a purely private solution. 16% would prefer home care in comparison to private care. In the year 2004 we estimate that about 84'000 care places for 168'000 preschool children will be in demand. The requested care period is 2 days per week. In the simulation model we assumed that about 2 children would be cared for per available place. Based on SAKE data we assume that Switzerland at present disposes of about 30'000 care places for preschool children. In these places approximately 50'000 children are being looked after. Compared to the estimated demand potential this means that care facilities for approximately 120,000 children resp. approximately 50,000 care places are lacking. The exiting services cover only just about 40% of the estimated demand potential. Estimation of future demand potentials: If you leave supply (prices, quality) alone and go along with a trend scenario of demographic development, in 2015 demand for child care will be slightly lower than today. In two additional scenarios the significant influence of supply variables on demand could be shown. Consistent subsidization of day care facilities would increase demand significantly. Mark-ups of prices and also deterioration of quality though will rapidly effect demand.