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Akzeptanz von baulichen Lärmschutzmassnahmen: Analysen und Empfehlungen für den Bau von Lärmschutzmassnahmen aus Sicht der Anwohner von Strassenverkehrs- und Eisenbahnanlagen

Ref. 6851

Description générale

Période concernée

1998 - 2000

Région géographique

-

Informations géographiques additionnelles

Schweiz (für Schienen- und Strassenlärm)

Résumé

Ausgangslage: Auftrag gemäss Umweltschutzgesetzgebung und Umsetzung in die Praxis Nach Umweltschutzgesetzgebung müssen Lärmimmissionen mindestens soweit begrenzt werden, dass sie weder als schädlich noch als lästig gelten. Reichen Massnahmen an der Quelle nicht aus um diese Vorgabe zu erfüllen, ist die Realisierung von baulichen Lärmschutzmassnahmen (LSM) eine übliche Massnahmenoption. LSM werden heute hauptsächlich im Bereich von Strassen mit Verbindungsfunktion erstellt. Viele Projekte werden aber zum Beispiel aus städtebaulichen Gründen nicht realisiert, oder die LSM werden nur in Gebieten errichtet, die ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen. Oft wird anstelle von LSM im Sinne einer Ersatzmassnahme Schallschutz an den Gebäuden realisiert. Ziel und Vorgehen Analysen und Empfehlungen aus Sicht der Anwohner Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) will mit der vorliegenden Studie klären, welche Faktoren die Akzeptanz beeinflussen und warum einzelne Massnahmen besser akzeptiert werden als andere. Aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung sollen sodann Empfehlungen für die Projektierung sowie den Planungsprozess zuhanden von Behörden und Planern gemacht werden. Diese Ergebnisse und Empfehlungen werden schliesslich mit dem heutigen Vollzug des Lärmschutzes verglichen und im Sinne der Idee der Nachhaltigkeit mit den drei Sichtweisen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft einer Gesamtbeurteilung unterzogen. Das in dieser Studie angewandte Vorgehen ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Generelles Vorgehen Hypothesen Bildung von Hypothesen Zur Klärung der Frage, welche Faktoren die Akzeptanz von LSM beeinflussen und warum einzelne Massnahmen besser akzeptiert werden als andere, werden Hypothesen formuliert. Diese Hypothesen bilden die Grundlage für die empirische Erhebung der Studie. Drei Betrachtungsbereiche Hinter den Hypothesen steht die Annahme, dass die Akzeptanz einer LSM von objektiven Eigenschaften des Lärms, von der Art der Massnahme, von der Situation der betroffenen Person selbst und deren Umwelt abhängt. Die Hypothesen werden in die nachfolgend aufgeführten Bereiche aufgeteilt: - Erscheinungsform, Umfeld und Betroffensein, - Partizipation, - wirtschaftliche Aspekte der LSM

Résultats

Lärmbelastung und Wirkung: Die Lärmbelastung Leq und die Lärmreduktion Leq einer LSM beeinflussen die Störwirkung bei den Betroffenen deutlich. Im Weiteren zeigt die Belästigung im Aussenbereich signifikant niedrigere Werte bei den Fallbeispielen mit LSM als ohne LSM. Die Gesamtbelästigung von Anwohnern durch Lärm wird durch die Aussenpegel bestimmt. Die Innenraumsituation im Wohnbereich ist bei offenem Fenster für die Belästigung relevanter als die Situation bei geschlossenem Fenster. Die vorliegende Studie kann diesen erwarteten und oft trivial genannten Zusammenhang nun auch sozialwissenschaftlich bestätigen. Art der Lärmquelle LSM entlang den verbindungsorientierten Verkehrswegen wie Bahnanlagen und Hauptverkehrsstrassen erfüllen im Urteil der Betroffenen ihren Zweck tendenziell besser als solche an erschliessungsorientierten Strassen. Erscheinungsform: Die Studie zeigt auf, dass der bauliche Ausdruck der LSM die Akzeptanz beeinflussen kann. Aus den Auswertungen lässt sich hingegen nicht eindeutig festlegen, welche LSM-Typen am besten akzeptiert werden. Gepflegtheit Gepflegte LSM werden unabhängig von der Lärmbelastung besser akzeptiert als ungepflegte. Namentlich die Pflege von begrünten und die Reinigung von transparenten Wänden sind sehr wichtig. Umfeld der Betroffenen: Zwischen der generellen Zufriedenheit der Betroffenen und der Akzeptanz gibt es einen signifikanten Zusammenhang: Je zufriedener, desto grösser die Akzeptanz. Andere Aspekte der Zufriedenheit (z.B. Soziale Sicherheit, Wohnqualität, Einkaufsmöglichkeiten) und Soziodemographie, Sozioökonomie, Psychosomatik sowie Residenzdauer haben keinen signifikanten Zusammenhang mit der Akzeptanz. Ebenfalls nur eine Tendenz lässt sich bei den Eigentumsverhältnissen feststellen: Eigentümer akzeptieren leicht besser als Mieter. Planungsprozess: Durch eine sorgfältige Planung der LSM kann die Akzeptanz bei den Betroffenen erhöht werden. Entscheidend ist eine offene Information mit persönlichen Gesprächen, visuellen oder akustischen Hilfsmitteln. Bestätigung der Hypothesen: Von den rund 30 formulierten Hypothesen hat sich aufgrund der Resultate der vorliegenden Studie rund ein Drittel bestätigt. Die Hälfte der Hypothesen muss verworfen werden, und die übrigen können nicht abschliessend beurteilt werden. Empfehlung 1: - Empfehlungen aus Sicht der Betroffenen: Aus den Erkenntnissen der Untersuchungen werden möglichst konkrete Empfehlungen abgeleitet. Diese basieren primär auf den untersuchten Fallbeispielen und werden durch Experteninterviews und die Erfahrungen der Begleitgruppe und der Autoren ergänzt. - Schutz des Aussenraumes: Die Störung der Betroffenen wird durch die Aussenlärmpegel bestimmt. Schallschutzmassnahmen am Gebäude (z.B. Schallschutzfenster) bringen für die Anwohner nicht den gewünschten Effekt. Zudem wird dem Anwohner ein unerwünschtes Verhalten - der Zwang zum Fensterschliessen - aufgezwungen. Empfehlung 2: Möglichst wirksame Lärmschutzmassnahmen Empfehlung 3: Die Lärmreduktion muss möglichst hoch sein, wie die Untersuchung bei den Betroffenen zeigt. Es sollten Reduktionsleistungen von mehr als 5 dBA angestrebt werden. Schutz des Aussenraumes durch Kombination mit weiteren emissionsbegrenzenden Massnahmen Empfehlung 4 Es sind Kombinationen von LSM mit weiteren emissionsbegrenzenden Massnahmen vorzusehen. Dies entspricht dem Bedürfnis der Anwohner, den Aussenraum zu schützen. LSM sollten v.a. innerorts in ein Gesamtkonzept eingebettet und nicht isoliert ausgeführt werden. Alle Massnahmen sind mit den Betroffenen zu diskutieren. Standardlösungen vermeiden Empfehlung 5: Die LSM sind an die Bedürfnisse der Anwohner und an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Dies gilt insbesondere entlang von Strassen mit Erschliessungscharakter (innerorts). Naturnahe Gestaltung Empfehlung 6: Die Gestaltung der LSM ist für deren Akzeptanz weniger wichtig als die Wirkung. Farbe und Material sind weniger kritisch, es werden jedoch Bepflanzungen sowie eine naturnahe Gestaltung bevorzugt. Die Anwohner sind bei Fragen der Gestaltung nach Möglichkeit einzubeziehen. Pflege gewährleisten Empfehlung 7: Anwohner, die ihre LSM als gepflegt betrachten, fühlen sich bei gleicher Lärmbelastung weniger gestört. Die Pflege von begrünten LSM und die Reinigung von transparenten Wänden ist besonders wichtig. Offene Informationspolitik Empfehlung 8: Die Erwartungen der Betroffenen an die LSM werden zum Teil nicht erfüllt. Damit keine zu hohen Erwartungen geschaffen und Enttäuschungen vermieden werden können, wird eine breite, offene Information der Anwohner empfohlen. Optische und akustische Hilfsmittel zur Information einsetzen. Als Informationsmittel sind öffentliche Veranstaltungen mit der Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen besonders akzeptanzfördernd. Besonders wichtig ist auch das Einzelgespräch zwischen den Planern resp. Behörden und den Betroffenen zur Einzelfallbeurteilung und Detailabstimmung auf den Grundstücken. Zur Visualisierung eignen sich 3D-Perspektiv-zeichnungen, Fotomontagen sowie Computerbilder. Auch die akustische Simulation der Auswirkungen einer LSM hat sehr positive Effekte. Gesamtbetrachtung Berücksichtigung der Bedürfnisse der Betroffenen Die bisherigen Empfehlungen des BUWAL und anderer Stellen wurden meistens aus der Sicht der Planer gemacht. Das BUWAL stellt mit der vorliegenden Studie die Optik der von LSM betroffenen Anwohner in den Vordergrund. Ausnahmeregelung Schallschutzmassnahmen an den Gebäuden Gemäss Lärmschutz-Verordnung sind Schallschutzmassnahmen an den Gebäuden vorzusehen, wenn aus Gründen der Verhältnismässigkeit keine Massnahmen an der Quelle und im Ausbreitungsbereich des Schalls möglich sind. Von dieser Ausnahmeregelung' wird häufig Gebrauch gemacht. Die vorliegende Studie zeigt nicht in Richtung dieser Praxis: Lärmschutz durch Schallschutzfenster ist aus Sicht der Betroffenen keine befriedigende Lösung, da auch der Aussenbereich und die Situation mit offenem Fenster lärmgeschützt sein sollten. Wirksame Lärmschutzmassnahmen Wie die Studie zeigt, muss die Wirksamkeit mindestens 5 dBA betragen, um eine hohe Akzeptanz bei den Anwohnern zu erreichen. So können auch optisch weniger attraktive LSM von den Anwohnern durchaus akzeptiert werden, sofern sie eine ausreichende Wirkung zeigen. Folgt man der oft angewandten Praxis der Begrenzung der LSM-Höhe, so wird der Aussenraum oft nicht genügend geschützt. Die Ansprüche der Anwohner werden somit nicht erfüllt. Keine Standardlösungen Die Anforderungen an LSM sind gemäss der Studie sehr vielfältig. Dies bedeutet, dass standardisierte LSM-Typen den Ansprüchen der Betroffenen nicht genügen. Einbettung in Gesamtkonzept Die Studie unterstützt die Stossrichtung der Vereinigung für Landesplanung (VLP), dass gestalterische Massnahmen zur Hebung der städtebaulichen Qualitäten von Quartieren und Strassenräumen ebenso zu berücksichtigen sind, wie die Erfüllung der Lärmschutz-Vorschriften. LSM sollten v.a. innerorts in ein Gesamtkonzept eingebettet und nicht isoliert ausgeführt werden. Auch für die Bewohner von oberen Stockwerken muss nach besonderen Lösungen gesucht werden. Kosten-Nutzen-Abwägung Kosten-Nutzen-Abwägungen sind notwendig, aber aus den Erkenntnissen der vorliegenden Studie nicht hinreichend. Es ist im Sinne eines nachhaltigen Lärmschutzes eine ausgeglichene Interessenabwägung zwischen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft anzustreben.