Schweizer Freiwilligen-Monitor 2016

Ref. 12448

Description générale

Période concernée

-

Région géographique

Informations géographiques additionnelles

Schweiz

Résumé

Mit ihrem freiwilligen Engagement investiert die Bevölkerung aus freien Stücken und weitgehend unbezahlt Zeit, Geld und Energie, um Dinge in Bewegung zu bringen, sich für andere Menschen und Organisationen einzusetzen und einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Dabei erstreckt sich das Spektrum möglicher Formen von Freiwilligentätigkeit vom Engagement in Sport-, Hobby- und Freizeitvereinen, unentgeltlicher Arbeit im sozialen, gesundheitlichen oder kulturellen Bereich, über die freiwillige Übernahme politischer Ämter bis hin zur gegenseitigen Hilfe unter Nachbarn. Das freiwillige Engagement ist zweifellos ein kostbares Gut, welches weite Teile des öffentlichen Lebens überhaupt möglich und in vielerlei Hinsicht erst richtig lebenswert macht. Entsprechend wird Freiwilligkeit auch oft als „sozialer Kitt“ bezeichnet, der die Gesellschaft als Ganzes zusammenhält. Vor diesem Hintergrund besteht eine stete Nachfrage aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und seitens zivilgesellschaftlicher Entscheidungsträger nach verlässlichen, fundierten und aktuellen Daten und Analysen zur Freiwilligkeit. Mit dem Freiwilligen-Monitor Schweiz hat sich seit dem Jahr 2006 ein Umfrageprojekt etabliert, welches genau diesem Bedürfnis nach zuverlässigen und umfassenden Informationen zum freiwilligen Engagement in der Schweiz entgegenkommt. Initiiert von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) und in Zusammenarbeit mit dem Migros-Kulturprozent sowie beraten durch das Bundesamt für Statistik verfügt die Schweiz mit dem Freiwilligen-Monitor über ein wertvolles Instrument zur differenzierten und langfristig angelegten Beobachtung verschiedener Aspekte der Freiwilligkeit sowie der Beweggründe freiwillig Engagierter, wie es in vergleichbarer Weise in nur wenigen anderen Ländern zu finden ist. Der Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016 schliesst mit seiner Bevölkerungsbefragung im Jahre 2014 an die ersten beiden gesamtschweizerischen Erhebungen 2006 und 2009 an und wartet mit neuen Befunden zur Situation der Freiwilligkeit in der Schweiz auf. Neben der Replikation und Fortführung wichtiger Kennzahlen der ersten beiden Wellen wurden einige wichtige Neuerungen bezüglich Inhalt und Erhebungsdesign vorgenommen. So umfasst die Bestandsaufnahme des freiwilligen Engagements im Jahr 2014 erstmalig auch freiwilliges Engagement im Internet, womit der Freiwilligen-Monitor Pionierarbeit in diesem noch kaum erforschten Gebiet leistet. Neue Fragen zu Persönlichkeitsmerkmalen sowie zu politischen und sozialen Einstellungen ermöglichen ferner eine vertiefte Untersuchung der psychologischen, den Motiven vorgelagerten Grundlagen freiwilligen Engagements. Zudem können wertvolle Einsichten zum Zusammenhang zwischen Freiwilligkeit und prosozialen Werten (wie etwa Hilfsbereitschaft, gegenseitige Unterstützung, Vertrauen) oder dem politischen Engagement einer Person gewonnen werden. Schliesslich stellt sich der Freiwilligen-Monitor 2016 den akuten Problemen sozialwissenschaftlicher Umfrageforschung, allen voran der zusehends schwierigeren telefonischen Erreichbarkeit breiter Bevölkerungsschichten. Deshalb wurde nebst der bislang durchgeführten Befragung am Telefon neu auch die Option der Umfrageteilnahme über das Internet angeboten. Für die konzeptionellen Arbeiten war das Forschungsteam am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Freitag verantwortlich. Die Durchführung der Befragung erfolgte durch das Markt- und Sozialforschungsinstitut DemoSCOPE. Erste Befunde des Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016 wurden in der gleichnamigen Buchpublikation im Seismo-Verlag veröffentlicht (ISBN 978-3-03777-166-2).

Résultats

Im Jahr 2014 ist rund ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung über 15 Jahren innerhalb von Vereins- und Organisationsstrukturen freiwillig engagiert. Jeder Zehnte ist ehrenamtlich – das heisst in Form eines gewählten Amtes formell freiwillig tätig. Insgesamt zeichnet sich der Bestand an formeller Freiwilligkeit in der Schweiz durch eine leicht rückläufige Tendenz über die drei Erhebungswellen aus. Die Befragung zeigt weiter, dass die Menschen aktuell wieder vermehrt informell freiwillig tätig sind als noch vor fünf Jahren: 38 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung über 15 Jahren engagieren sich ausserhalb von Vereinen und Organisationen informell freiwillig. Im Durchschnitt wenden sie aber für ihr Engagement weniger Zeit als früher auf. Rund 70 Prozent der Wohnbevölkerung über 15 Jahren geben an, im Jahr 2014 Geld für andere Menschen oder gemeinnützige Zwecke zur Verfügung zu stellen. Das Spenden bleibt somit auch in der aktuellen Befragung die am weitesten verbreitete Form von Freiwilligkeit in der Schweiz. Überdies liefert der Freiwilligen-Monitor Schweiz 2016 erstmals Zahlen zum freiwilligen Engagement im Internet (z.B. Gründen und Moderieren von Facebook-Gruppen, Pflege von Webseiten von Vereinen) in der Schweiz. Rund ein Viertel der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung engagiert sich freiwillig im Internet. Wie bei den früheren Befragungen unterscheiden sich die formelle und informelle Freiwilligkeit in ihren zugrundeliegenden Motiven. Während bei der unbezahlten Tätigkeit in Vereinen und Organisationen dem selbstbezogenen Aspekt der Weiterentwicklung und der Freude an gemeinsam erbrachten Leistungen ein hoher Stellenwert zukommt, ist das informell freiwillige Engagement stärker vom persönlichen Hilfecharakter sowie der Pflege sozialer Beziehungen geprägt. Finanzielle Anreize sehen die Freiwilligen nicht als Schlüsselgrösse für die Mobilisierung. Vielmehr ist für sie die Anerkennung und Unterstützung ihrer Arbeit durch die Organisationen, die Öffentlichkeit und den Staat von Bedeutung. Vertiefende Analysen widmen sich dem Engagement junger Erwachsener zwischen 15 und 34 Jahren und der Ausländerinnen und Ausländer. Das freiwillige Engagement der jungen Erwachsenen zeichnet sich durch eine geringere formelle und informelle Beteiligung aus, verglichen mit Personen über 34 Jahren. Die online Freiwilligkeit nimmt jedoch unter den jungen Erwachsenen einen hohen Stellenwert ein. Die Freiwilligkeit der Eingebürgerten scheint sich zwischen jener der ausländischen Wohnbevölkerung und jener der Schweizerinnen und Schweizer zu verorten. In einzelnen Bereichen und Formen der Freiwilligkeit unterscheiden sie sich nicht von ausländischen Personen und gleichzeitig weisen sie häufig aber auch Ähnlichkeiten mit dem Verhalten der gebürtigen Schweizerinnen und Schweizer auf. Personen anderer Staatsangehörigkeit erzielen hingegen in allen drei Formen der Freiwilligkeit geringere Anteilswerte als die gebürtigen Schweizerinnen und Schweizer. Weitere deskriptive Auswertungen deuten darauf hin, dass freiwilliges Engagement in einem Zusammenhang mit psychologischen Eigenschaften steht. Emotionale Stabilität ist dem Engagement mit organisationaler Bindung zuträglich, während Offenheit für Erfahrungen das Engagement ausserhalb fester Strukturen und im Internet fördert. Indes stehen Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit in einem positiven Zusammenhang mit einem realweltlichen Engagement. Schliesslich ist Freiwilligkeit systematisch mit politischen und sozialen Verhaltensweisen und Einstellungen verbunden. Politisches Vertrauen, politisches Interesse und politische Beteiligung als auch prosoziale Orientierungen sind unter Freiwilligen stärker ausgeprägt als unter Nicht-Freiwilligen.