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Globalisierung, Entwicklung und traditionelle Gesellschaft - Chancen und Einschränkungen bei der Nutzung von Meeresressourcen auf Bali/Indonesien

Ref. 828

This is version 1.0 of this project.

General description

Period

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Geographical Area

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Additional Geographical Information​

Bali, Indonesien

Abstract

Ich betreibe als Sozialgeograph Sozialforschung in einer mir fremden Kultur. Mit quantitativen und qualitativen Methoden untersuchte ich bestimmte Aspekte dieser Kultur, um die Lebensbedingungen der Menschen dort besser verstehen zu können. Ich versuche in meiner Arbeit, Einflüsse und Bedeutung spezifischer Meeresnutzungsarten in Bali in bezug auf die damit Beschäftigten darzustellen. Das Meer hat in der hinduistisch-balinesischen Vorstellungswelt eine besondere Stellung, neben reinigendem Medium ist es – im Gegensatz zum Berg dem Göttersitz – auch Hort von Dämonen, ein Ort von dem Unheil und Ungewissheit kommen können. Anders ausgedrückt ist die Nutzung des Meeres aus weltanschaulicher Sicht nicht ein von Balineslnnen bevorzugter Brot- oder vielmehr Reiserwerb. So konzentrierten sich denn auch viele Forschungen v.a. auf das "hochkulturelle" Bali der fruchtbaren Schwemmebenen mit seinen Reisterrassen und farbigen Ritualen. Aus diesem Grunde und weil ich mich innerhalb des Nationalfondsprojektes "Berg und Meer: Interdisziplinäre Forschung in Bali/Indonesien" für die "Meerseite" entschieden habe, wollte ich für Bali typische Meeresnutzungen untersuchen. In einem ersten Schritt ging es v.a. darum, festzustellen, auf welche Weise in Bali das Meer überhaupt genutzt wird. Aufgrund der Ergebnisse dieser Inventarisierung, die ich in der Form einer qualitativen Karte darstellen möchte, wählte ich drei für Bali typische Nutzungen aus, die ich näher untersuchen wollte: - Salzgewinnung, wie sie bereits seit Generationen in Bali getätigt wird. - Anbau von Tang, der seit etwa 15 Jahren auf Bali produziert wird und in der Pharma- und Lebensmittelindustrie Verwendung findet sowie - die intensive Zucht von Garnelen, die seit ebenfalls 15 Jahren in Bali zu finden ist. Die mit diesen Nutzungen beschäftigten Menschen stehen in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, das sich einerseits auf die Nutzung des Meeres auswirkt (wie die Möglichkeit der Einführung neuer Techniken bei der Salzgewinnung), anderseits aber auch gerade durch neuere Nutzungen beeinflusst wird (wie z. B. schwankende Weltmarktpreis für Tang oder Umweltverschmutzungen durch Garnelenzucht). Das Leben in und mit diesem Spannungsfeld möchte ich am ausgewählten Aspekt der Meeresnutzung in Bali verdeutlichen. Während zweier Feldaufenthalte machte ich – unter Mithilfe eines balinesischen Assistenten – in fünf Dörfern verschiedene Interviews (insgesamt gut 130). Diese dienen mir neben zahlreichen Gesprächen und Feldbegehungen dazu, ein Bild der gegenwärtigen Lebensumstände von Salzmacherlnnen, Tangbauern und -bäuerinnen sowie von Garnelenzuchtarbeitern zu machen.

Results

Prozesse der Globalisierung stellen einerseits Einschränkungen für die NutzerInnen von Meeresressourcen dar, andereseits bieten sie auch Chancen. Die untersuchten SalzmacherInnen mussten aufgrund immer billigerer Transportkosten mit grösserer Konkurrenz auf dem Markt und tieferen Abnahmepreisen zurechtkommen. Dies ist für die meisten sehr schwierig, weswegen sie versuchen die Produktion bei gleich bleibender Qualität zu erhöhen. Dies gelang kurzfristig in dem Fall, wo anstelle von Palmstämmen Plastikblachen benutzt wurden, die allerdings eine kürzere Lebensdauer haben. Zusammenfassen lässt sich sagen, dass in Zukunft die Salzgewinnung wohl abnehmen wird, da die Arbeit sehr hart und der Verdienst sinkend ist. Allerdings ist es für die meisten schwierig, eine andere Beschäftigung zu finden. Der Anbau von Seetang wurde überhaupt erst durch die globale Nachfrage nach Seetangextrakten und durch schnelle und günstige Transportmöglichkeiten möglich. Für Fischerfamilien, die ohnehin durch die Überfischung ihrer Gewässer durch Trawler in Bedrängnis gekommen sind, war die Seetangproduktion eine willkommene Alternative, die zwar nicht viel Geld einbrachte, die Einkommenssituation jedoch entscheidend verbesserte. Dies allerdings nur so lange, wie die Nachfrage bestand. Diese brach zwischenzeitlich zusammen, aus Gründen, die für die Fischer - die sich an (nachvollziehbare!) Fluktuationen gewohnt sind - nicht erklärbar waren. Durch Know-How, das von aussen kam, gelang es die ungenügende Qualität zu verbessern und feste Abnahmepreise zu vereinbaren. Die Einkommen aus dem Seetanganbau stabilisierten sich in der Folge, doch auf einem tieferen Niveau. Da die Orte, an denen Seetang angebaut werden kann, sich auch für den Tourismus eignen, besteht hier immer ein latenter Nutzungskonflikt, bei dem die Seetangbauern - angesichts der stärkeren Finanzkraft von Tourismusunternehmen - meist unterliegen. Allerdings gab die Regierung in einigen Regionen (z.B. Lombok) die Versprechung ab, keine Hotels zu bauen. Ausserdem haben der Umsturz 1998 sowie der Anschlag vom 12. Oktober 2002 den Tourismus in Indonesien und auf Bali speziell stark gedämpft, weswegen der Anbau von Seetang vorderhand nicht bedroht ist. Auch die Zucht von Garnelen in Teichen wurde erst durch Prozesse der Globalisierung möglich. Einigen Arbeitern bietet die Produktion ein als gut eingestuftes Einkommen. Allerdings sind die meisten aus Java und haben wenig Konkakt zur balinesischen Bevölkerung, was dadurch verstärkt wird, dass die Zucht rund um die Uhr bedient werden muss und die Teiche meist abgelegen sind. Ökologisch stellen die Zuchten ein grosses Problem dar. Südlich von Denpasar mussten sie aufgegeben werden, da sie das Trinkwasser der balinesischen Hauptstadt verseuchten. Werden sie in Gebieten mit Mangroven errichtet, verursacht der damit verbundene Kahlschlag Erosion und Dezimierung von Fischbrutbeständen. Auf dem Gebiet von Reisfeldern errichtet, verunmöglichen Garnelenzuchten die Reisproduktion auch noch Jahrzehnte nach deren Aufgabe wegen Bodenverdichtung und -verseuchung. Während nun einige profitieren können von der Globalisierung, stellt sie für viele eine sehr grosse Herausforderung dar, der v.a. die Unterprivilegierten oft nicht gewachsen sind.