Sport als Medium der sozialen Integration bei schweizerischen und ausländischen Jugendlichen

Ref. 6414

General description

Period

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Geographical Area

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Additional Geographical Information​

Deutschsprachige Schweiz

Abstract

Die Benachteiligung ausländischer Jugendlicher im Sozialsystem der Schweiz betrifft insbesondere die Partizipation an den zentralen Statusdimensionen wie Bildung, Einkommen, Berufsprestige und Ansehen. Sport ist eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten im Jugendalter und eine gesunde Aktivitätsform, die gerade von ausländischen Jugendlichen aus unterschiedlichsten Gründen betrieben wird. Da im Sport von international geteilten Regeln ausgegangen wird, haben Jugendliche verschiedener Nationalitäten in diesem Bereich unabhängig von ihrem Integrationsgrad vergleichbare Erfolgschancen. Ferner spielen beim Sport Sprachkenntnisse, Bildungsstand und der sozio-ökonomische Status eine nur untergeordnete Rolle. Wir gehen daher von der Annahme aus, dass Sport ein hochwertiges Integrationsinstrument sein könnte und vermuten, dass insbesondere für diejenigen ausländischen Jugendlichen, die mit dem schweizerischen Bildungssystem überfordert sind, sportlicher Erfolg möglicherweise eine Alternative darstellen könnte, um sich strukturell in die Gesellschaft zu integrieren. Sport könnte darüber hinaus als Medium sozialer Anerkennung fungieren, indem er Kontakte innerhalb von Vereinen oder anderen Gruppierungen stiftet. Diese erwarteten sozial-integrativen Funktionen des aktiven Sports dürften im Falle von männlichen Jugendlichen wirksamer sein als bei weiblichen Jugendlichen. Wir vermuten, dass bestimmten Ausländerinnen sportliche Aktivität und sportlicher Erfolg aus religiösen bzw. kulturellen Gründen oft vorenthalten sind. Wie schon für männliche ausländische Jugendliche dürfte jedoch auch für sie die Partizipation an den zentralen gesellschaftlichen Statuslinien erschwert sein. Möglicherweise vermögen Ausländerinnen diese Benachteiligung anderweitig, beispielsweise durch körperliche Attraktivität zu substituieren, sofern die Nutzung dieser Ressource nicht durch die Traditionen des Herkunftslandes eingeschränkt wird. Vergleichbar den sportlichen Aktivitäten vermag körperliche Attraktivität insbesondere Frauen soziale Anerkennung zu verschaffen. Die Effektivität von körperlicher Attraktivität, Anerkennung zu verschaffen, wurde in sozial- und persönlichkeitspsychologischen Studien mehrfach belegt. Obwohl diese Thesen plausibel erscheinen und Belege für bestimmte Teilaspekte existieren, wurden die Bedingungen für die Effektivität von Sport als Medium der sozialen Integration bisher nur unzureichend präzisiert. Ferner wurde der Einfluss wichtiger intervenierender Variablen wie beispielsweise bestimmte Persönlichkeitsfaktoren und Körperkonzepte bisher unzureichend berücksichtigt. Um diese Lücken zu schliessen, haben wir eine standardisierte Befragung von Jugendlichen zwischen 16 und 19 Jahren geplant und durchgeführt. Untersucht wurden insgesamt 2124 Jugendliche aus nahezu allen in der deutschsprachigen Schweiz vertretenen Nationalitäten.

Results

Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen, dass dem Sport eine herausragende sozialintegrative Funktion im Allgemeinen und insbesondere bei (männlichen) Jugendlichen mit ausländischer Staatsbürgerschaft zukommt. Die Bedeutung des Sports äussert sich in mannigfaltiger Art entlang aller von uns untersuchten Integrationsdimensionen: - in der strukturellen Integration durch die erfolgs- und kompensationsorientierte Sportmotivation; - in der normativen Integration durch die Identifikation mit zentralen Werten einer modernen (Leistungs-)Gesellschaft; - in der sozialen Integration durch die im Sport gegebene Möglichkeit, sich unter Gleichaltrigen zu behaupten und soziale Anerkennung zu erlangen; - in der sprachlichen Integration und in der wahrgenommenen Integration durch die bei den (vereinsgebundenen) sportlichen Aktivitäten entstehenden persönlichen Kontakte mit einheimischen Peers; - in der existentiellen Integration durch einen körperlichen Identitätsstatus, der dank sportlicher Aktivität wesentlich gefördert wird.