Einflussfaktoren für den Lernerfolg von Englisch an der Primarschule. Eine Untersuchung in fünf Schweizer Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein

Ref. 10722

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General description

Period

2010 bis 2011

Geographical Area

-

Additional Geographical Information​

Schweizer Kantone AI, AR, SG, SH, ZG und Fürstentum Liechtenstein

Abstract

Ziel der Untersuchung war herauszufinden, wie verschiedene Faktoren und ihr Wechselspiel das Lese- und Hörverstehen sowie die Sprechleistungen in Englisch nach zwei Jahren Schulunterricht beeinflussen. Die Daten wurden in fünf Schweizer Kantonen sowie im Fürstentum Liechtenstein erhoben, wo Englisch als erste schulische Fremdsprache unterrichtet wird. Das Schulsystem der Schweiz ist föderal organisiert. Eine Erhebung in mehreren Kantonen sowie dem Fürstentum Liechtenstein ermöglicht deshalb einen Vergleich des Einflusses unterschiedlicher systemischer Bedingungen (Fokus v.a. auf zeitliche Faktoren wie Klassenstufe bei Start mit dem Englischunterricht und Anzahl Wochenlektionen). Diese wurden auf Basis von Recherchen im Vorfeld der Studie erfasst. Die unterrichts-, lehrpersonen- und schülerbezogenen Einflussfaktoren wurden mittels standardisierter Fragebogen erhoben. Die Englischleistungen werden mit kleineren Anpassungen durch den bereits im Schweizer Kanton Aargau erprobten Test aus der Nordrhein-Westfälischen EVENING-Studie ermittelt. Die grosse Stichprobe (Lese- und Hörverstehenstest: nahezu 1'500 Kinder, Sprechtest: fast 300 Kinder) erlaubt interessante Auswertungen mittels verschiedener statistischer Verfahren. Untersuchte Einflussfaktoren: Auf Schülerebene wurden Motivation, Freude am Englischunterricht, erlebter Stress im Unterricht und Selbstbild als Lernende, sozioökonomischer und sprachlicher Hintergrund berücksichtigt. Im Zusammenhang mit den Einflussvariablen auf der Ebene der Lehrpersonen und der Unterrichtsgestaltung wurden insbesondere die folgenden Aspekte genauer betrachtet: Erfahrung als Primarlehrperson, Umgang mit Heterogenität, Einüben von Vokabeln, Bewertung von Mündlichleistungen. Hinsichtlich der systembezogenen zeitlichen Vorgaben wurden das Anfangsalter und die Anzahl der Wochenlektionen betrachtet.

Results

Englischleistungen: Die Ergebnisse in allen drei Kompetenzbereichen zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler sehr gute Leistungen erreichen, die über den Erwartungen liegen. Leseverstehen: Im Bereich der Lesekompetenz können ca. drei Viertel der Schülerinnen und Schüler mit einer hohen Sicherheit kurze, klar aufgebaute Geschichten in groben Zügen verstehen. Hörverstehen: Im Bereich des Hörverstehens sind ähnlich positive Befunde zu berichten. Ca. die Hälfte der Schülerinnen und Schüler können mit einer guten Sicherheit die Hauptinformationen aus kurzen deutlich gesprochenen Texten entnehmen. Einfache deutlich gesprochene Wörter und kurze Sätze über vertraute Themen verstehen nahezu alle getesteten Kinder. Sprechen: Es stellte sich heraus, dass die Schülerinnen und Schüler in der Regel gut in der Lage sind, die Anforderungen zu erfüllen: Sie konnten Angaben zu der eigenen Person machen, Fragen in einer Situation aus ihrem Schulalltag stellen, Bilder beschreiben und eine kurze Geschichte zu einer Bildergeschichte erzählen. Insbesondere zeigte sich durchweg eine mittlere bis sehr hohe Sprachhandlungsbereitschaft. Es zeigt sich, dass der grösste Anteil an der Varianz der Leistungen auf der Individualebene liegt. Nur 16 Prozent der Varianz der Leistungen beim Hör- und Leseverstehen (Sprechen wurde nicht mittels Mehrebenenanalyse untersucht) kommen durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse zustande und können damit durch Unterricht oder Lehrperson beeinflusst werden. Festzuhalten gilt in diesem Zusammenhang, dass Unterschiede innerhalb einer Klasse wesentlich grösser sind als zwischen den Klassen. Die in das Modell eingebrachten Variablen auf Ebene der Lehrpersonen stehen sämtlich nicht signifikant im Zusammenhang mit der Leistung auf Klassenebene. Was den direkten Einfluss einzelner Lehrpersonenfaktoren auf die Leistung anbelangt sind weitere Analysen mit einer noch grösseren Anzahl Klassen wünschenswert. Am stärksten und als einziger Faktor der höheren Ebene überzufällig mit den Leistungen verknüpft bleibt mit der vorliegenden Anzahl untersuchter Klassen das Anfangsalter. Ein früheres Anfangsalter bei gleicher Anzahl Wochenlektionen geht mit höheren Leistungen im Hörverstehen einher. Sind die Kinder zum Testzeitpunkt jedoch jünger, schliessen sie, wenn sie ein Jahr früher (und mit wenig Wochenlektionen) mit Englisch begonnen haben, in beiden Leistungsbereichen überzufällig schlechter ab. Innerhalb der Klassen konnten durchschnittlich relativ starke Zusammenhänge der Einflussgrössen der Individualebene auf die erwarteten Leistungen des Hörverstehens und des Leseverstehens ausgemacht werden: Von Vorteil ist es, ein Mädchen mit hohem Bildungshintergrund und guten Wohnverhältnissen ohne Angst und Stress im Unterricht und mit einem positiven Selbstbild zu sein. Der Zusammenhang zwischen positivem Selbstbild und Leistung variiert zusätzlich in seiner Stärke nach Klassenzugehörigkeit, je nachdem ist der Effekt des positiven Selbstbilds in unterschiedlichen Klassen um ein Vielfaches stärker. Selbstbild ist einer der Einflussfaktoren, den es gerade auch im Zusammenhang mit dem Einfluss der Lehrpersonengrössen weiter zu untersuchen gilt. Mehrsprachigkeit stellt sich hingegen nach unseren Ergebnissen als eher unwichtige Grösse im Zusammenhang mit dem Erfolg beim frühen Englischlernen dar. In den untersuchten Schweizer Kantonen gibt es weder einen positiven noch einen negativen Effekt auf die Leistungen im Hör- und Leseverstehen.