Entwicklung und Erprobung einer evidenz-basierten Konzeption betrieblicher Sozialer Arbeit

Ref. 9010

Allgemeine Beschreibung

Periode

2007

Geographischer Raum

-

Zusätzliche geographische Informationen

Deutschschweiz und Deutschland

Kurzbeschreibung

Die betriebliche Soziale Arbeit kann in der Schweiz auf eine mehr als 80-jährige Geschichte zurückblicken. Damit bildet sie ein traditionelles Feld der Sozialen Arbeit, das jedoch als wenig erforscht gelten muss. Dieses Empirie- und auch Theoriedefizit ist umso gravierender, als die Zukunft und die Legitimation ungewiss sind und Forderungen nach einer Weiterentwicklung und Neupositionierung der betrieblichen Sozialen Arbeit unüberhörbar sind. In der Tat ist es bislang nicht gelungen, eine Zuständigkeit für das Soziale im Betrieb zu realisieren und die traditionelle Einzelfallhilfe bildet oftmals die einzige Säule des Leistungsangebots. Die Schwierigkeiten, Zuständigkeiten für soziale Belange einzufordern und autonom Leistungen festzulegen, sind aus systemtheoretischer Perspektive im Zusammenhang mit der strukturellen Position der betrieblichen Sozialen Arbeit zu sehen. Wie andere Felder der Sozialen Arbeit ist sie einem anderen Funktionssystem zugeordnet und hat sich nachrangig als Reaktion auf Folgeprobleme des Wirtschaftssystems ausdifferenziert. Die Positionierung an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft bietet jedoch auch den Ansatzpunkt dafür, von einem erheblichen Potenzial der betrieblichen Sozialen Arbeit für betriebliche und gesellschaftliche Lösungen auszugehen. Das geplante Projekt möchte diese Gestaltungsoptionen theoretisch, empirisch und praktisch ausloten und zu einer Verbesserung des Kenntnisstandes über die betriebliche Soziale Arbeit insgesamt beitragen. Im Einzelnen verfolgt die Studie folgende Ziele: a) empirische Analyse der Rationalität und der Handlungslogik in einer Einrichtung der betrieblichen Sozialen Arbeit in einem Pilotunternehmen (Swisscom) b) Bestandesaufnahme über die Rolle, die Funktion und die Leistungen betrieblicher Sozialer Arbeit in der Deutschschweiz und in Deutschland c) die Entwicklung einer optimierten Konzeption betrieblicher Sozialer Arbeit für ein Pilotunternehmen (Swisscom) d) Realisierung eines Fallbeispiels für die Umsetzung von Praxis-Optimierungs-Zyklen im Rahmen des Programms "evidence-based Intervention Development" (EBID) der FHNW

Resultate

Die Rekonstruktion der Rationalität und Handlungslogik der Sozialberatung in einem Pilotunternehmen zeigt zunächst, dass die betriebliche Soziale Arbeit in einer Position der Randständigkeit gefangen ist. Es sind praktisch keine Selbstverständlichkeiten bezüglich der konkreten Aufgaben und Angebote der betrieblichen Sozialen Arbeit feststellbar und es fehlt eine allseits bekannte und gefestigte Funktionszuschreibung. Daraus ergibt sich für die Sozialberatung ein „doppelten Vermittlungsproblem“. Sie muss sich sowohl gegenüber den potenziellen Klienten oder Klientinnen wie auch gegenüber den Auftraggebenden immer wieder sichtbar machen. Die daraus entstehende Herausforderung der Positionierung nimmt die Sozialberatung konkret damit auf, indem sie sich in möglichst vielen Bereichen verwurzeln möchte. Eine solche Strategie bindet jedoch nicht nur viele Ressourcen, sondern erzeugt auch das Folgeproblem der inhaltlichen Diffusität. Eine Wiedererkennung der Leistungen und damit eine Stabilisierung des Kompetenzbereichs der betrieblichen Sozialen Arbeit gelingen damit gerade nicht. Die schriftliche Befragung von Sozialberatungen in der Schweiz lieferte Belege für eine Reihe dieser Problematiken. Bestätigung findet vor allem die Randständigkeit von betrieblichen Sozialberatungen: So verneint eine Mehrheit (56%, n = 126), dass die Sozialberatung bei Unternehmensentscheidungen, die sich auf das soziale Gefüge und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden auswirken, beigezogen wird. Nur eine knappe Mehrheit (53%) unterstreicht, dass die Bedeutung der Sozialberatung im Unternehmen ausreichend erkannt ist (n = 123). Die Weiterentwicklung der betrieblichen Sozialberatung im Pilotunternehmen hat diese Problematiken als Ausgangspunkt genommen und die Entwicklung einer Funktionsbestimmung für die betriebliche Soziale Arbeit ins Zentrum gerückt. Hierzu und zu weiteren Ergebnisse, siehe: Baumgartner; Sommerfeld & Berger 2008b.