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Globaler Wandel und schweizerische Aussenpolitik: Informationsbeschaffung und Entscheidungsfindung der schweizerischen Bundesverwaltung

Ref. 4836

Allgemeine Beschreibung

Periode

1985-1995

Geographischer Raum

-

Zusätzliche geographische Informationen

Schweiz, Deutschland, EWR, UdSSR/Russland/Estland/Litauen, Irak/Kuwait

Kurzbeschreibung

Die Bewältigung globalen Wandels durch die Entscheidungsträger des schweizerischen politischen Systems (Bundesbehörden) soll am Beispiel ausgewählter Schlüsselereignisse und Entwicklungen der welt- und europapolitischen Umbruchszeit von 1985-95 untersucht werden. Die bei den einzelnen Instanzen ablaufenden Wahrnehmungs-, Informationsverarbeitungs- und Entscheidungsprozesse sollen rekonstruiert und auf ihre organisationellen, weltanschaulichen und politischen Determinanten hin analysiert werden, um so Stärken und Schwächen des Umgangs der Schweiz mit der Veränderung ihres Umfeldes herauszuarbeiten. Praktische Ziele/Umsetzung: Die Durchleuchtung aussenpolitischer Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesse am konkreten Beispiel der Schweiz wird einerseits einen Beitrag zur Theoriebildung in diesem Gebiet liefern, andererseits aber auch praktische Verbesserungsvorschläge für den Umgang mit und die Kommunikation von globalem Wandel liefern - was für einen aussenhandelsabhängigen Kleinstaat wie die Schweiz von erstrangiger Bedeutung ist.

Resultate

Die vorliegenden Fallstudien zur Deutschen Wiedervereinigung (1989/90), zur Auflösung der Sowjetunion (1988/91), zur Golfkrise (1990/91) und zur Aushandlung des EWR (1989/92) zeigen, dass die Antworten der Exekutive auf die untersuchten weltpolitischen Veränderungen vor allem zwei Wesenszüge tragen: - Zurückhaltung und Reaktivität bei enger Situationsdefinition: In der Regel wurde nur agiert, wenn der aussenpolitische Apparat von Aussen zur Reaktion beinahe gezwungen wurde. Zur regelmässigen und systematischen Entwicklung von Szenarios und der Entwicklung vorausschauender Handlungsoptionen sowie deren Bewertung kam es nur bei extrem starkem Problemdruck. Die analytische Durchdringung aussenpolitischer Vorgänge blieb meist gering. - Versuch der taktischen Bewältigung strategischer Herausforderungen: Das Mikromanagement aktueller Notwendigkeiten, die im Kontext konkreter Herausforderungen entstanden waren, stand in den untersuchten Fällen jeweils klar im Vordergrund. In strategischen Fragen der Aussenpolitik hält sich der Apparat hingegen zurück. Diese zwei Wesenszüge lassen sich durch Akteurskonstellationen, individuelle und organisationelle Prozeduren der Informationsverarbeitung, sowie individuelle und organisationsspezifische "belief systems" bzw. Weltbilder erklären. Unter anderem ist dabei festzustellen, dass das Selbstbild des aussenpolitisch zurückhaltenden, neutralen Kleinstaates sich institutionell stark etablieren konnte und Resistenz entwickelt hat, was die zwei obengenannten Wesenszüge schweizerischer Antworten auf aussenpolitsche Veränderungen wiederum verstärkt. Aus der vorliegenden Analyse ergeben sich mehrere Empfehlungen. Erstens sollte der Informationsaustausch zwischen Botschaften und der Zentrale im Sinne einer vollständigeren Situationsdefinition ausgebaut und systematisiert werden. Zweitens ist eine Stärkung der strategischen Planungsebene, beispielsweise durch Ausbau und Aufwertung des strategischen Planungsstabes im EDA, sowie eine verstärkte Koordination mit Analyse- und Planungsstellen (z. B. Planungsstab der Bundeskanzlei und Strategischer Nachrichtendienst im VBS) notwendig. Eine intensivierte Mitwirkung der Schweiz in internationalen Institutionen könnte diese Reformen beschleunigen und für den Verwaltungsapparat das notwendige Übungsfeld für verbesserte Analyse- und strategische Planungskapazitäten darstellen.