Unter gesellschaftlichen Aspekten betrachtet verfügt die Universität in ihrer Rolle als Bildungsinstitution über eine Verteilerfunktion sozialer Chancen, d. h. diese regelt weitgehend den Zugang zu sozialen Positionen mittels individueller Leistungen. In diesem Kontext wird in der Bildungssoziologie seit Jahrzehnten das Phänomen der sogenannten Berufsvererbung bzw. Schul- oder Statusvererbung – sowie der damit eng verbundene Begriff der Intergenerationenmobilität untersucht; m.a.W. die soziale Aufwärts- (bzw. Abwärts-) Bewegung von Individuen aus einer Position in eine andere, und zwar über die Generationsfolge. Hohe Schulvererbung bedeutet somit, dass Akademikereltern ihre Kinder wieder zur Universitätsausbildung führen. Unter diesen Gesichtspunkten muss davon ausgegangen werden, dass auch heute noch die Studierenden aus akademischem Elternhaus an universitären Bildungsstätten – relativ zu ihrem Prozentsatz in der Bevölkerung – überrepräsentiert sind, eine Tendenz, die bereits auf Gymnasialebene zu beobachten ist. Die in den Nachbarländern stark gestiegenen Maturitätsquoten können als Zeichen dafür gewertet werden, dass es einem steigenden Prozentsatz der Bevölkerung, deren Eltern über keine Maturität bzw. Abitur verfügten, ermöglicht wird, einen solchen Bildungsabschluss zu erlangen. In diesem Sinne tragen Gymnasium und Universität erheblich zur Veränderung der Sozialstruktur bei. Der Trend des Ansteigens der Maturitätsquoten bewirkt somit eine bildungsmässige Aufwärtsmobilität. Der damit verbundene Anstieg der Neuzugänge in den Universitäten legt somit die Frage nahe, ob dieser Zustrom von Studierenden aus nicht-akademischem Elternhaus möglicherweise durch bestimmte Universitätsfächer in besonderem Masse zu bedienen sein werde, zumal aus der Bildungssoziologie der Sechziger- und Siebzigerjahre in der BRD bekannt ist, dass die so geartete Aufwärtsmobilität sich überzufällig häufig über bestimmte akademische Fächer, insbesondere über das Lehramt vollzieht – was bedeutet, dass die Studierenden aus nicht-akademischem Elternhaus dazu neigen, in dem Kontext zu verbleiben, in dem sie aufgestiegen sind, nämlich im Schulsystem. Obwohl in der Schweiz derzeit keine fundierten Daten verfügbar sind, gibt es dennoch Anhaltspunkte dafür, dass in den letzten Jahren den sozialwissenschaftlichen Fächern – u. a. durch die Öffnung der Universität für Absolventen der Lehrerbildungsanstalten – diese Funktion vermehrt zukommt. In dem Ausmass, wie dies der Fall ist und dieser Trend anhält, ist zu erwarten, dass der künftige zusätzliche Zustrom an Studierenden, deren Eltern selber kein Studium absolvierten, diese Fächer besonders beanspuchen wird. Im Zusammenhang mit der in den letzten Jahren stark gestiegenen Zuwachsrate der Studierenden an der Universität Freiburg (Schweiz) stellt sich nun insbesondere die Frage, ob bestimmte akademische Fächer ungleich stärker belastet werden. Die Hauptfragestellung der Untersuchung lautet:
- Lassen sich fachspezifische Unterschiede bezüglich der Bildungsmässigen Aufwärtsmobilität zwischen der Elterngeneration (Vater und Mutter) und der Grossvatergeneration (Grossvater und Vater) der Studierenden nachweisen? D. h. werden gewisse Studienfächer durch aufwärtsmobile Studierende häufiger gewählt als andere?
- Kann aufgrund von Maturitätsnoten auf die Wahl des akademischen Faches geschlossen werden?
- Besteht ein Zusammenhang zwischen Maturitätstypus und Fächerwahl?
- Besteht ein Zusammenhang zwischen beabsichtigter (nicht tatsächlicher!) Studiendauer von Studierenden und a) der (höchsten erreichten) Berufsposition der Eltern (des Vaters bzw. der Mutter), b) der akademischen bzw. nicht-akademischen Bildung beider Elternteile (des Vaters bzw. der Mutter) sowie c) der Maturitätsnoten?