Die Zusammenschau auf die Orientierungs- und die Prozessqualität ergibt ein überwiegend kohärentes Bild: Den Fachpersonen ist eine alltagsintegrierte Umsetzung der Sprachförderung wichtig. Darunter verstehen sie die Nutzung alltäglicher Verrichtungen wie Pflege oder Zwischenmahlzeiten und weniger die gezielte Förderung des Kindes in dessen Spiel. Tatsächlich zeigt die Analyse der Videoaufnahmen, dass vor allem alltägliche Routinen wie beispielsweise der Toilettengang, An- und Ausziehen etc. für die Sprachförderung genutzt werden. Weniger genutzt wird hingegen das Freispiel: Dieses wird vielmehr als Gefäss für die Sprachförderung der Kinder untereinander ohne Eingriff der Fachperson verstanden. Von vielen Fachpersonen wird diese Form der Sprachförderung als besonders wirksam beschrieben. Jene Unterstützung auf der sprachlichen Ebene, die die Fachperson im Vergleich zu den Gleichaltrigen differenzierter geben kann, wird von den Förderpersonen also nicht nur vergleichsweise gering geschätzt, sondern auch tatsächlich nur in geringem Masse gegeben.
Als weiterer Leitgedanke wird von den Fachpersonen die spielerische Vermittlung der deutschen Sprache unter Einbezug aller Kinder und auf freiwilliger Basis genannt. Der Bezug auf Sprache ist in den genannten Zielen der Sprachförderung überwiegend allgemein gehalten, der kommunikative Aspekt steht im Vordergrund. Sprachspezifische oder sprachformale Aspekte werden kaum genannt. Möglicherweise haben die Förderpersonen die Vorstellung, die Förderung sprachspezifischer und -formaler Aspekten sei gleichbedeutend mit einer schulischen Vermittlung von Sprache. In ihrem sprachlich-kommunikativen Handeln lassen die Förderpersonen das Modellieren kindlicher Äusserungen (z. B. Erweiterungen, Umformungen etc.) denn auch häufig vermissen.
Bei der Durchführung der Sprachförderung orientieren sich die Förderpersonen eher an konkreten Umsetzungsideen wie Materialien, Aktivitäten sowie Abläufen und weniger an theoretischen Konzepten oder Eigenschaften der Kinder wie Entwicklungsstand, Interessen oder Bedürfnisse. Damit korrespondiert die gefundene Dominanz instruktiven Handelns gegenüber responsivem Handeln in den Interaktionen mit dem Zielkind. In den Äusserungen zum eigenen (Sprach-)verhalten in den Interaktionen zeigt sich ein hohes Bewusstsein für die Rolle der Fachpersonen als Sprachvorbild und Modell für die deutsche Sprache. Allerdings wird diese Rolle einseitig ausgelegt: es wird darauf geachtet, eine einfache, nicht zu komplexe Sprache zu verwenden und weniger, den Kindern eine vielfältige und reichhaltige Sprache anzubieten. Ein Bewusstsein sowie Techniken für das Aufgreifen, Nutzen, Erweitern von kindlichen Äusserungen sowie für das Aufrechterhalten und Weiterführen des Gesprächs sind den Aussagen der Fachpersonen hingegen weniger zu entnehmen. Die Orientierung an der Unmittelbarkeit sprachlehrenden Inputs im alltäglichen Gespräch spiegelt sich in der faktischen Kürze und Zweckhaftigkeit der Gespräche. Die Fachpersonen scheinen sich vorrangig an den pragmatischen Belangen unmittelbarer kommunikativer Verständigung zu orientieren. Der nah am Handlungsgeschehen ausgerichtete kommunikative Erfolg scheint präsenter und leitender zu sein, als auf Sprachanregung zielende Absichten.
Die Resultate zeigen, dass die Umsetzung der alltagsintegrierten Sprachförderung gelingt und eine Reihe von sprachförderlichen Verhaltensweisen realisiert wird. Allerdings weisen die Fachpersonen im untersuchten Feld eine einseitige Auffassung und Umsetzung von alltagsintegrierter Sprachförderung auf: Die Sprachförderung soll Spass machen, spielerisch und freiwillig sein, die Förderung kommunikativer Aspekte steht stark im Vordergrund. Genutzt werden vorwiegend alltägliche Routinen wie Zwischenmahlzeiten, An- und Ausziehen etc. Bei der Umsetzung orientieren sich die Fachpersonen vor allem an konkreten Materialien, Abläufen und Aktivitäten. Der Fokus liegt auf der eigenen Rolle als Modell für eine einfache und korrekte Sprache.