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Die Politik des Wiederaufbaus nach dem Erdbeben in Pakistan und Kaschmir (2005)

Ref. 9794

Description générale

Période concernée

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Région géographique

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Informations géographiques additionnelles

Pakistan, Azad Kashmir

Résumé

Am Morgen des 8. Oktober 2005 wurden der Nordosten Pakistans und das angrenzende Azad Kaschmir von einem Erdbeben der Stärke 7,6 (Richter-Skala) erschüttert. Nach offiziellen Angaben starben durch das Erdbeben über 87'000 Menschen, ca. 3,3 Millionen Menschen wurden obdachlos. Die Infrastruktur rund um die am stärksten betroffenen Städte Balakot und Muzaffarabad wurde massiv geschädigt. Zahlreiche zerstörte Dörfer waren von der Aussenwelt abgeschnitten und konnten nur aus der Luft erreicht werden. Heute, zweieinhalb Jahre später, ist der Wiederaufbau keineswegs abgeschlossen. Das beantragte Projekt hat zum Ziel, die politischen und gesellschaftlichen Folgen dieses Erdbebens auf lokaler Ebene zu erforschen. Es geht im Einklang mit Ansätzen der political ecology und des Komplexitäts-Paradigmas der Katastrophenforschung davon aus, dass Erdbeben, ebenso wie andere "Natur"-Katastrophen, nicht lediglich natürliche, geo-physikalische Ereignisse sind, sondern komplexe Geschehnisse an der Schnittstelle wechselseitiger Interaktionen von Mensch, Umwelt und Gesellschaft, für deren Analyse die Ethnologie hervorragende Ansätze bietet. So hat ein Erdbeben nicht nur unmittelbare Folgen im Sinne der ausge-lösten Zerstörungen, sondern darüber hinaus zunächst kaum überschaubare mittelbare und längerfristige Konsequenzen. Sie ergeben sich einerseits aus einer neuen Einbindung des Ka-tastrophengebiets in den regionalen, nationalen und internationalen Kontext, etwa durch Massnahmen der Regierung, internationale Hilfsprogramme und die Aktivitäten nationaler NGOs, andererseits aber auch durch soziale Veränderungen, die in der lokalen Gesellschaft selbst stattfinden, ausgelöst etwa durch Todesfälle und die folgende Veränderung von Familien-strukturen, oder durch die Zerstörung lokaler Erwerbsmöglichkeiten. Diese Folgen werden keineswegs durch Massnahmen des Wiederaufbaus beseitigt, sondern der Wiederaufbau mit den beteiligten Akteuren und verteilten Ressourcen und Regularien ist selbst ein Prozess, der massiv und dauerhaft in lokale Verhältnisse eingreift. Diese mit dem Wiederaufbau verknüpf-ten Prozesse stehen im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Dabei soll es vor allem um poli-tischen Wandel gehen, wobei in der massiv von Männern dominierten Gesellschaft Nordpa-kistans Gender-Aspekte besonders berücksichtigt werden. Das Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem Institute of Pakistan Studies der Quaid-I-Azam University in Islamabad/Pakistan durchgeführt werden soll, verfolgt dabei einen doppelten vergleichenden Ansatz: Da zwei von ihrer politischen Verfasstheit sehr unterschiedliche, unmittelbar benachbarte Gebiete betroffen wurde, der Osten der pakistanischen North-West Frontier Province (NWFP) und das von Pakistan kontrollierte Azad Kaschmir (AK), soll die Untersuchung vergleichend in beiden Gebieten stattfinden. Innerhalb eines jeden Gebietes soll gleichzeitig ein Vergleich der Wiederaufbauprozesse in urbanen Gebieten und im peripheren ländlichen Raum durchgeführt werden. Um die Untersuchung des Gender-Aspekts zu ermöglichen, soll sowohl in AK als auch in der NWFP jeweils ein Team arbeiten, dass aus einer Ethnologin und einem Ethnologen (Doktoranden) besteht. Da AK für ausländische Forscher nur sehr schwer zugänglich ist, sollen hier pakistanische Doktoranden zum Einsatz kommen. Um die Forschungsergebnisse sowohl innerhalb des Teams als auch nach aussen zu kommunizieren, sind mehrere Workshops und eine Abschlusskonferenz geplant. Ziel der Forschung ist es, die im Anschluss an eine Naturkatastrophe durch den Wiederaufbau ausgelösten komplexen politischen und sozialen Prozesse besser zu verstehen. Dabei wird an-gestrebt, ausgehend vom untersuchten Fallbeispiel auch zu verallgemeinerbaren, theoretisch zu fassenden Erkenntnissen zu kommen, die sich auf andere Katastrophen übertragen lassen und dazu beitragen, bei der Planung und Implementierung von Wiederaufbaumassnahmen ge-sellschaftliche Komplexität angemessen zu berücksichtigen.

Résultats

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