Risiko und Verbreitung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Eine repräsentative Erhebung in der Deutschschweiz und der Romandie

Ref. 9521

Description générale

Période concernée

2006

Région géographique

Informations géographiques additionnelles

Deutsche Schweiz und Westschweiz (Romandie)

Résumé

Die von Silvia Strub (Büro BASS) und Marianne Schär Moser realisierte Studie präsentiert die Ergebnisse einer repräsentativen Telefonbefragung zur Verbreitung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz in der Deutschschweiz und der Romandie. Die Untersuchung wurde zwischen November 2006 und September 2007 im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG und des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO durchgeführt. Befragt wurde eine repräsentative Zufallsstichprobe von 2'020 Personen, davon 65% Frauen und 35% Männer, welche zum Zeitpunkt der Befragung mindestens sechs Stunden pro Woche in einem unselbständigen Arbeitsverhältnis erwerbstätig waren. Kern der Untersuchung bildete die Erhebung des Ausmasses von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Dabei haben die Autorinnen mit dem Instrument der Telefonbefragung eine Herangehensweise gewählt, die möglichst sämtliche potenziell betroffenen Erwerbstätigen berücksichtigt. Im Gegensatz zu den meisten bestehenden Studien wurden sowohl Frauen als auch Männer einbezogen. Um den komplexen Untersuchungsgegenstand auch thematisch breit anzugehen, wurde das Ausmass sexueller Belästigung aus drei unterschiedlichen Perspektiven erhoben: 1. Die erste Perspektive erfasst selber erlebtes potenziell belästigendes Verhalten, 2. die zweite fragt nach der subjektiven Betroffenheit und 3. die dritte danach, ob potenziell belästigendes Verhalten gegenüber Arbeitskolleginnen und -kollegen beobachtet wurde. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist verbreiteter als gemeinhin angenommen: In der Schweiz wird rund die Hälfte (51.3%) der erwerbstätigen Bevölkerung im Verlauf des Arbeitslebens mit Situationen konfrontiert, die das Risiko sexueller Belästigung bergen. Für die Betriebe kann es Kostenfolgen haben, wenn sie ihre gesetzlich verankerte Verantwortung nicht wahrnehmen. EBG und SECO bieten nun Unterstützung für ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen in Form von praxisnahen Broschüren und der Website www.sexuellebelaestigung.ch.

Résultats

Die drei erhobenen Perspektiven zur Erfassung des Ausmasses von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz führen erwartungsgemäss zu unterschiedlichen Zahlen - jede Perspektive trägt einen Teil zu einer umfassenden Beantwortung der Ausgangsfragestellung bei. Ausgehend von einer rechtlichen Definition des Begriffs ist es die subjektive Betroffenheit, welche das Mass für die Verbreitung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sein muss, unabhängig davon, ob eine Situation als sexuelle Belästigung benannt oder sonst als störend bzw. unangenehm empfunden wurde. Gemäss subjektivem Empfinden waren in den vergangenen 12 Monaten 6.5% der in einem Angestelltenverhältnis beschäftigten Personen in der Schweiz mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz konfrontiert, Frauen (10.3%) deutlich stärker als Männer (3.5%). Bezogen auf das gesamte Erwerbsleben sind insgesamt 18.1% mindestens einmal sexuell belästigt worden, 28.3% der Frauen und 10% der Männer. Wird das selber erlebte potenziell belästigende Verhalten als Mass genommen, ergeben sich weit-aus höhere Werte: Insgesamt hat knapp jede dritte Person in den vergangen 12 Monaten und gut jede zweite Person bezogen auf ihr gesamtes Erwerbsleben mindestens ein potenziell belästigendes Verhalten erlebt, Frauen bezogen auf das gesamte Erwerbsleben häufiger als Männer (54.8% vs. 48.6%). Dabei sind allgemeine verbale Verhaltensweisen wie Sprüche, Witze etc. und nonverbale wie Nachpfeifen, Blicke, Gesten, Bilder und Zeichen deutlich häufiger als gerichtete körperbezogene (Grabschen, Küssen), vergleichsweise selten sind Vorfälle von sexueller Erpressung, Übergriffe und Vergewaltigung. Die Beobachtung von potenziell belästigendem Verhalten bei Arbeitskolleg/innen bestätigt die relative Häufigkeit der potenziell belästigenden Verhaltensweisen und lässt vermuten, dass bei den aus einer Aussenperspektive als "gravierender" zu bezeichnenden Vorkommnisse wie sexuelle Erpressung und Übergriffe bzw. Vergewaltigung die Werte tendenziell höher liegen dürften als aufgrund der persönlichen Erlebnisse ersichtlich ist.