Der Sprachunterricht an den obligatorischen Schulen wird oft wegen seiner mangelnden Effizienz kritisiert: 3 Sprachen auf einmal (Ortsprache, 2. Landessprache, Englisch) überfordere einzelne Schüler kognitiv, vor allem die Anderssprachigen. Gleichzeitig sind jedoch ganz unterschiedliche Resultate beobachtbar, je nach Sprache und Klasse bzw. Schüler. Wir gehen davon aus, dass dies nicht nur durch kognitive sondern weitgehend auch durch emotionale Faktoren im Spracherwerbsprozess bedingt ist.
Um dieses Phänomen besser zu verstehen, wollen wir die Rolle der Emotionen im Zusammenhang mit dem Erwerb von L2-Kompetenzen, besonders im Hinblick auf Prozesse der Ko-Konstruktion von Aktivitäten, Diskursen und sprachlicher Formen in der Interaktion im der Frontalunterricht und in Gruppenarbeiten, untersuchen.
Eine oftmals sehr statisch und eng gefasste Vorstellung von L2-Kompetenzen wird dabei erweitert und dynamisiert. Ausgehend von einer integrierten Konzeption von Emotion und Kognition wird sich Untersuchung auf Aufbau sprachlicher Ressourcen in der Interaktion im Französisch- und Englischunterricht an der Weiterbildungsschule (WBS) Basel-Stadt konzentrieren und zwar entlang von zwei Untersuchungsachsen:
Achse 1: Die Rolle der Emotionen im schulischen L2-Erwerb;
Achse 2: Ko-Konstruktion in der Interaktion: Welches Potential bieten Ko-konstruktionsprozesse für das Lernen? Und welchen Rolle spielen dabei emotionale Sequenzen (in Bezug auf den Erwerb von L2-Kompetenzen)?
Die Untersuchung soll es zudem ermöglichen, das europäischen Sprachenportfolio (ESP), welches zurzeit in das Schweizer Schulsystem eingeführt wird, mit zu berücksichtige. In der Tat soll das Portfolio gerade auf die Motivation der Schüler und auf ihre Sensibilisierung einen Einfluss ausüben, auch bzgl. der multikulturellen Dimension und des mehrsprachigen Potentials der Klassen. Die soziokulturell Untersuchungsperspektive und die empirisch-qualitative Methodologie sind optimal mit einer dynamischen, variationistischen und kontextuellen Auffassung von Kompetenz im Bereich Sprachen kompatibel, wie sie schon im Schweizer Concept général pour l'enseignement des langues von 1998, im Europäischen Referenzrahmen des Europarates von 2001 und im Gesamtsprachenkonzept Basel-Stadt 2003 postuliert wurde.