Am 26. Juli 2000 hat die EG-Kommission eine Novelle der sogenannten Transparenzrichtlinie beschlossen. Auf den ersten Blick nimmt sich der Inhalt dieser Novelle wenig aufregend aus: Unternehmen, die staatliche Aufträge erledigen und gleichzeitig in andern Unternehmensbereichen tätig sind und jährlich einen Netto-Erlös von über 40 Millionen Euro erwirtschaften, müssen zu einer "getrennten Buchführung" übergehen. Tatsächlich hat der Erlass der Richtlinie für ziemlich viel Aufregung gesorgt. Die getrennte Buchführung soll nämlich transparent machen, wohin öffentliche Gelder in den subventionierten Unternehmen fliessen und ob staatliche Gelder tatsächlich ausschliesslich für staatliche Aufträge eingesetzt werden. Der Kommission geht es in der Sache darum, Quersubventionierungen frühzeitig zu erkennen und damit unerwünschte Wettbewerbsverzerrungen zu bekämpfen. Besonders gross war die Aufregung im audiovisuellen Mediensektor, wo befürchtet wird, dass durch die Richtlinie, respektive die getrennte Buchführung, die Hoheit der Mitgliedstaaten zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Veranstalter untergraben und schliesslich die Abschaffung der öffentlich-rechtlichen Sender vorbereitet wird. Das Projekt untersucht die Umsetzungsmassnahmen für die neue Transparenzrichtlinie in den Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich und Österreich. Insbesondere sind folgende Fragen forschungsleitend:
1. Worauf genau bezieht sich die Transparenzrichtlinie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Auf das Programm, auf einen Sender, oder auf alle Aktivitäten eines öffentlich-rechtlichen Anbieters? In diesem Zusammenhang - und im Zusammenhang mit der Frage nach der Umsetzungspraxis - ist weiter zu berücksichtigen, ob die Richtlinie aus Sicht der Kommission geeignet ist, das angestrebte Ziel (die Verhinderung von Quersubventionierung) zu erreichen.
2. Gibt es unter den Mitgliedstaaten einen Konsens, wie die Richtlinie umzusetzen ist? Oder versteht jeder Staat die Richtlinie hinsichtlich ihrer Umsetzung anders? Wie funktioniert die Umsetzung der Richtlinie in den ausgewählten Ländern?
3. Wie werden die Folgen der Umsetzung auf das Mediensystem in den ausgewählten EU-Mitgliedstaaten beurteilt? Die Erfahrungen mit der Transparenzrichtlinie in der EU sind auch für die medienpolitische Diskussion in der Schweiz von grossem Interesse. Es wird im Rahmen des Forschungsvorhabens geklärt werden müssen, inwiefern die laufenden Verhandlungen mit der EG über die Dienstleistungen die öffentlich-rechtlichen Medien einschliessen und ob die Novelle der Transparenzrichtlinie auch auf die SRG SSR idée Suisse Anwendung finden soll. Auch hinsichtlich der Diskussion um einen allfälligen Beitritt der Schweiz zur EU soll die Studie eine Grundlage zur Beurteilung möglicher Konsequenzen für die SRG SSR idée Suisse bieten.