Arme sterben früher. Soziale Schicht, Mortalität und Rentenalterspolitik in der Schweiz

Ref. 7378

Description générale

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Région géographique

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Schweiz

Résumé

Die Schweiz entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten zu einer "Gesellschaft des langen Lebens". Immer mehr Menschen dürfen mit einem hohen Alter bei relativ guter Gesundheit rechnen. Dies bietet Chancen für die Lebensgestaltung älterer Menschen wie auch für die Gesellschaft, der dadurch mehr Ressourcen und Erfahrungen zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite wird vor einer Ueberlastung der Systeme der sozialen Sicherung und der Generationensolidarität gewarnt; als Gegenmassnahme zu drohenden Finanzierungsproblemen ist in der laufenden 11. AHV-Revision denn auch die Angleichung des ordentlichen Rentenalters der Frauen an das der Männer geplant. Das Rentenalter ist eine Grösse, die historisch gewachsen und je nach gesellschaftlichen Prämissen auch verändert worden ist. Ursprünglich stand sie in engem Zusammenhang mit der mittleren Lebenserwartung der Männer. Nun zeigt ein Blick auf Statistiken, dass das Geschlecht einen starken Einfluss auf die Lebenserwartung der Menschen hat. Stehen nun aber abgesehen vom Geschlecht die Chancen für ein langes Leben für alle gleich gut, oder wird die Lebenserwartung auch durch die soziale Stellung beeinflusst? Internationale Untersuchungen (Black-Report, Whitehall-Studien) wie auch eine Studie des Genfer "Office cantonal de l'inspection et des relations du travail" zeigen in diese Richtung. Die Genfer Studie ergab einen Unterschied in der mittleren Lebenserwartung von 4.4 Jahren zwischen Männern aus freien und akademischen Berufen und an- und ungelernten Arbeitern sowie eine erhöhte Frühsterblichkeit unterer Schichten. Es scheint also, dass Angehörige unterer Schichten dem Risiko von Frühsterblichkeit (gemessen an der mittleren Lebenserwartung einer Kohorte) erheblich stärker ausgesetzt sind. Lässt sich dies gesamtschweizerisch belegen? Im Moment konzentriert sich die Auseinandersetzung um das Rentenalter zwar vor allem auf die langfristige Finanzierung in einer Zeit der demographischen Alterung. Wenn sich aber die Annahme bestätigt, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht die Lebenserwartung erheblich beeinflusst, betrifft dies zentral ein sozial verantwortetes Sozialversicherungswesen. Es stellt sich die Frage, ob ein flexibles Rentenaltersmodell - wie es in der laufenden 11. AHV-Revision geplant wird - mit der Möglichkeit des Vorbezugs für alle nicht nur aus finanztechnischen (Entlastung der IV?) und arbeitsmarktpolitischen, sondern auch aus gesellschaftspolitischen Gründen überdacht werden müsste. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob ein einheitliches Rentenalter für alle überhaupt noch zeitgemäss ist. Damit verbunden ist die Suche nach möglichen Formen des flexiblen Rentenalters, aber auch nach den Bedürfnissen der Einzelnen, Familien und der Gesellschaft gerecht werdenden Arbeitszeitmodellen. In einem ersten Teil des Diskussionspapiers sollen der momentane Forschungsstand aufgearbeitet sowie soziale Ungleichheitstheorien reflektiert und für Schweizer Verhältnisse nutzbar gemacht werden. Ein zweiter Teil betrachtet die historische Entwicklung des Rentenalters seit der Einführung der AHV. Die Darstellung und Auswertung statistischer Daten zu Lebenserwartung und sozialer Schicht erfolgt im dritten Teil. Anschliessend werden im vierten Abschnitt auf der Basis der Ergebnisse Vorschläge für eine sozial verantwortete Rentenalterspolitik gemacht.

Résultats

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