Die Integrationsfrage bildete seit jeher einen Schwerpunkt der sozial-wissenschaftlichen Migrationsforschung.Die kritische Integrationsforschung fokussiert heute die offiziellen Einwanderungs- und Integrationspolitiken,und nicht die Eigenschaften von Migrant/innen, die über deren Assimilationsbereitschaft und-fähigkeit Auskunft geben soll. Denn die offiziellen Diskurse und Praktiken bieten eine Opportunitätsstruktur an, auf diesich sowohl Migrant/innengruppen als auch Ortsansässige beziehen können. Um die Dynamik von Integration und Ausgrenzung nicht einseitig aus der "Top-Down-Perspektive" zu betrachten, muss sie als Resultat einer Wechselwirkung zwischen Strategien und Diskursen von Einwanderern, Ortsansässigen und Behörden verstanden werden.
Ethnologische Studien urbaner Migrant/innengemeinschaftenwählen als Untersuchungseinheit oftmals urbane ethnischeGemeinschaften und stellen dadurch die Dauerhaftigkeit ethnischer Bindungen in den Vordergrund. Durch diese Festlegung des analytischen Horizontes wird vorweggenommen, was eigentlich zu erklären wäre: unter welchen Bedingungen eine ethnische Gruppenbildung tatsächlich zu erwartenist undüber diegenerationen hinweg stabil bleibt, undinwiefern ethnische Segregation langfristig die Partizipationschancen der Mitglieder der Migrant/innenbevölkerung erhöht oder vermindert. Gesellschaftliche Einbindung und Ausgrenzung lassen sich nicht in Phasenmodellen zunehmender Assimilation oder Integration erfassen und es kann nicht von einem Primat und der Persistenz ethnischer Bindungen ausgegangen werden, vielmehr muss auf deren dynamische Auflösung und Neubildung innerhalb sich verändernder sozial-räumlicher Kontexte ausgegangen werden.
In dieser Forschung wurde, um die Existenz "ethnischer Gemeinschaften"nicht von vornherein festzuschreiben, von eienr räumlichen Untersuchungseinheit (Quartier) ausgegangen, wobei Raum, als soziales und physisch-materielles Interaktionsfeld verstanden wurde. Der Begriff des sozialen Feldes (Bourdieu) erlaubet es, solche Interaktionsstrukturen zu erfassen und verschiedene Felder der sozialen Praxiszu erfassen als institutionell ausgestattete Bereiche sozialen Handelns zu definieren, in denen jeweils um unterschiedliche Ressourcen konkurriert wird. Soziale Felder sind durch Ungleichheit in der Verteilung der Ressourcen, durch eine bestimmte Struktur sozialer Beziehungen und durch verschiedene, z.T. konkurrierende klassifikatorische Unterscheidungen charakterisiert. Diese feldeigenschaften bilden gleichzeitig die Rahmenbedingungen wie das Resultat der strategischen Handlungen von Akteuren und Akteurgruppen (Bourdieu).
In diesem Projekt wurde, auf der Basis einer statistischen und historischen Beschreibung von Segregationstendenzen in den drei Städten, schwerpunktmässig die Feinmechanik der Alltagsbeziehungen in Einwanderungsquartieren untersucht und herausgearbeitet, unter welchen Bedingungen räumliche und soziale Integration und unter welchen Segregation zu erwarten ist. In den drei Städten wurden Quartierbewohner/innen nach ihrer Wahrnehmung des Quartierraumes und der Interaktionen im Quartier, sowie nach ihren sozialen Beziehungen (Netzwerkstudie) befragt. Das Projekt hat Grundlagen für die im Rahmen der Integrationsleitbilder der drei Städte Basel, Bern und Zürich durchzusetzende Integrationspolitik erarbeitet.