Integration-Segregation: interkulturelle Beziehungen in Basel, Bern und Zürich

Ref. 5787

Description générale

Période concernée

1997-2000

Région géographique

-

Informations géographiques additionnelles

Städte Basel, Bern und Zürich

Résumé

Die Integrationsfrage bildete seit jeher einen Schwerpunkt der sozial-wissenschaftlichen Migrationsforschung.Die kritische Integrationsforschung fokussiert heute die offiziellen Einwanderungs- und Integrationspolitiken,und nicht die Eigenschaften von Migrant/innen, die über deren Assimilationsbereitschaft und-fähigkeit Auskunft geben soll. Denn die offiziellen Diskurse und Praktiken bieten eine Opportunitätsstruktur an, auf diesich sowohl Migrant/innengruppen als auch Ortsansässige beziehen können. Um die Dynamik von Integration und Ausgrenzung nicht einseitig aus der "Top-Down-Perspektive" zu betrachten, muss sie als Resultat einer Wechselwirkung zwischen Strategien und Diskursen von Einwanderern, Ortsansässigen und Behörden verstanden werden. Ethnologische Studien urbaner Migrant/innengemeinschaftenwählen als Untersuchungseinheit oftmals urbane ethnischeGemeinschaften und stellen dadurch die Dauerhaftigkeit ethnischer Bindungen in den Vordergrund. Durch diese Festlegung des analytischen Horizontes wird vorweggenommen, was eigentlich zu erklären wäre: unter welchen Bedingungen eine ethnische Gruppenbildung tatsächlich zu erwartenist undüber diegenerationen hinweg stabil bleibt, undinwiefern ethnische Segregation langfristig die Partizipationschancen der Mitglieder der Migrant/innenbevölkerung erhöht oder vermindert. Gesellschaftliche Einbindung und Ausgrenzung lassen sich nicht in Phasenmodellen zunehmender Assimilation oder Integration erfassen und es kann nicht von einem Primat und der Persistenz ethnischer Bindungen ausgegangen werden, vielmehr muss auf deren dynamische Auflösung und Neubildung innerhalb sich verändernder sozial-räumlicher Kontexte ausgegangen werden. In dieser Forschung wurde, um die Existenz "ethnischer Gemeinschaften"nicht von vornherein festzuschreiben, von eienr räumlichen Untersuchungseinheit (Quartier) ausgegangen, wobei Raum, als soziales und physisch-materielles Interaktionsfeld verstanden wurde. Der Begriff des sozialen Feldes (Bourdieu) erlaubet es, solche Interaktionsstrukturen zu erfassen und verschiedene Felder der sozialen Praxiszu erfassen als institutionell ausgestattete Bereiche sozialen Handelns zu definieren, in denen jeweils um unterschiedliche Ressourcen konkurriert wird. Soziale Felder sind durch Ungleichheit in der Verteilung der Ressourcen, durch eine bestimmte Struktur sozialer Beziehungen und durch verschiedene, z.T. konkurrierende klassifikatorische Unterscheidungen charakterisiert. Diese feldeigenschaften bilden gleichzeitig die Rahmenbedingungen wie das Resultat der strategischen Handlungen von Akteuren und Akteurgruppen (Bourdieu). In diesem Projekt wurde, auf der Basis einer statistischen und historischen Beschreibung von Segregationstendenzen in den drei Städten, schwerpunktmässig die Feinmechanik der Alltagsbeziehungen in Einwanderungsquartieren untersucht und herausgearbeitet, unter welchen Bedingungen räumliche und soziale Integration und unter welchen Segregation zu erwarten ist. In den drei Städten wurden Quartierbewohner/innen nach ihrer Wahrnehmung des Quartierraumes und der Interaktionen im Quartier, sowie nach ihren sozialen Beziehungen (Netzwerkstudie) befragt. Das Projekt hat Grundlagen für die im Rahmen der Integrationsleitbilder der drei Städte Basel, Bern und Zürich durchzusetzende Integrationspolitik erarbeitet.

Résultats

In der Schweiz sind keine Ghettos von Ausländer/innen im eigentlichen Sinn entstanden, da die soziale Schicht und nicht der ethnische Hintergrund über den Wohnort entscheidet. Die festgestellte Zunahme von Segregation in einzelnen Stadtteilen kann v.a. als Sekundäreffekt des schweizerischen Einwanderungsregimes betrachtet werden (Aufenthaltsstati und die daran gekoppelte eingeschränkte Mobilität von Ausländer/innen), die so genannte 'kulturelle Nähe', bzw. Distanz spielt eine untergeordnete oder überhaupt keine Rolle. Die Segregationsdynamik in Städten bestimmt sich durch deren relative Zentralität: grössere Städte mit expandierendem Tertiärsektor ziehen nicht nur mehr Einwanderer, sondern auch jüngere Kohorten und Menschen aus einer grösseren Anzahl Länder an. Solche Städte sind sozial segregierter, was aufgrund derengen Koppelung von ethno-nationalem Hintergrund und Schichtzugehörigkeitauch höhere Segregation nach Nationalität nach sich zieht. Die sozial-räumliche Dynamik und die Dynamik alltäglicher Beziehungen der Stadt- bzw. Quartierbewohner/innen der Unterschicht und unterschiedlicher nationalerHerkunft stehen in keinem direkten Zusammenhang - auch wenn Meidungseffekte durch massive demographische Verschiebungen, so wie sie in Städten mit Zentrumscharakter eher auftreten, verstärkt zu werden scheinen. Quartiere sind für das Beziehungsmanagement der Akteure (v.a. für Unterschichtsangehörige) wichtig, Quartiere sind aber immer gross und heterogen genug, um unabhängig von der umfassenden sozio-demographischen Verschiebungen Mikro-Meidungs- und Bevorzugungsstrategien verfolgen zu können. Die beste Politik zur Vermeidung dauerhafter, generationenübergreifender Segregation ist jene, welche den sozialen Aufstieg der Kinder von Immigrant/innen und durch entsprechende Gesetzeänderungen die Mobilität der zugewanderten Bevölkerung ermöglicht. Stadtentwicklungspolitik (Stadtplanung, Quartieraufwertung, etc.) sind wichtiger Bestandteil einer Migrations- und Integrationspolitik. Die sozialräumliche Durchmischung hat allerdings keinen Einfluss auf die Dynamik des Beziehungsmanagements.