Ökologisierung des Steuersystems

Ref. 248

Description générale

Période concernée

91/93

Région géographique

-

Informations géographiques additionnelles

CH

Résumé

Die herkömmlichen polizeirechtlichen Instrumente der Umweltpolitik – Emissionsgrenzwerte, Produktionsauflagen, Zulassungsvorschriften usf. – stossen in der Praxis zunehmend an Grenzen. Es wird immer häufiger über den Einsatz marktorientierter Instrumente zum Schutze der Umwelt diskutiert, welche die Kosten der Umweltbelastung noch konsequenter dem Verursacher anlasten. Im Zentrum der Diskussion in der Schweiz stehen Lenkungsabgaben. Es soll ein Ordnungsrahmen geschaffen werden, in welchem die politisch vorgegebenen Umweltziele von den Marktkräften quasi automatisch erreicht werden – und dies auch noch gesamtwirtschaftlich kostengünstiger als durch Gebote und Verbote, wo jeder unabhängig von seinen individuellen Vermeidungskosten auf den Grenzwert hinuntersanieren muss. Mit jeder Abgabe verbunden sind Einnahmen des Staates. In einer Zeit knapper werdender Staatsfinanzen verwundert es nicht, dass auch die Finanzpolitiker an der Weiterentwicklung des Abgabeinstrumentes zunehmendes Interesse bekunden. Was läge näher, als mit Umweltabgaben die leeren Staatskassen füllen zu helfen. Könnten nicht "Ökosteuern" die Basis des generellen Steuersystems bilden? Das Ergebnis wäre eine intakte Umwelt und gefüllte Kassen – zwei Fliegen auf einen Schlag! Selbst eine noch recht bescheiden anmutende CO2 Abgabe – so haben erste Berechnungen deutlich gemacht – würde zu sprunghaft ansteigenden Staatseinnahmen führen. Da Lenkungsabgaben – wie mittlerweile allgemein akzeptiert – aber nicht zu zusätzlichen Staatseinnahmen führen sollten, müssten die Einnahmen zurückgegeben werden, d. h. das Steuersystem müsste umgebaut werden. Das Stichwort lautet: "Ökologisierung des Steuersystems". Bei diesem Begriff denkt jeder an seine Lieblingsidee – und immer wieder kommt es vor, dass er vermeintlich von derselben spricht wie sein Gegenpart, ohne die Unterschiede zu erkennen. Das Nebeneinander- und Aneinander-Vorbeireden erschwert die echte Sachdiskussion. Die vorliegende Schrift versucht, die Begriffe zu klären – Spiegelfechtereien gilt es zu erkennen. Als Beitrag zur Diskussion wird eine Haltung zur Ökologisierung des Steuersystems entwickelt, die den Autoren als logisch und in sich konsistent erscheint. Mit einem Beurteilungsraster g will diese Schrift helfen, sich in der eben angelaufenen politischen Diskussion zurechtzufinden.

Résultats

Marktorientierte Instrumente wie Lenkungsabgaben sind eine notwendige Ergänzung der bislang polizeirechtlich geprägten Umweltpolitik. Lenkungsabgaben auf Emissionen (wie z. B. VOC-Emissionen oder eine CO2 Abgabe) erhöhen die Effizienz des Marktes. Zu ihrer Einführung sagt die Wirtschaft ja – unter Bedingungen. Dazu gehört die Forderung, mit gleich langen Spiessen im internationalen Wettbewerb antreten zu können. Lenkungsabgaben auf Ressourcen (wie z. B. eine Energieabgabe) sind abzulehnen, weil sie ökologisch nicht begründbar sind: weder besteht ein strikter Zusammenhang zwischen Umweltbelastung und Ressourcenverbrauch, noch kann hinsichtlich des Ressourcenpreises von einem Marktversagen gesprochen werden. Da Lenkungsabgaben immer mit Einnahmen verbunden und der Abgabesatz nach umweltpolitischen Kriterien festzulegen ist – finanzpolitische Zwänge gilt es zu vermeiden –, müssen die Erträge an die Wirtschaftssubjekte zurückgegeben werden. Die Rückgabe hat drei Anforderungen zu genügen: l. Sie darf keine sekundären Umverteilungswirkungen entfalten. 2. Die Rückgabe muss an alle Wirtschaftssubjekte erfolgen. 3. Sie muss administrativ einfach handhabbar und transparent sein. Diesen Anforderungen genügt lediglich die Reformstrategie "ökologische Marktwirtschaft": Ergänzen des heutigen Steuersystems mit Emissionsabgaben verbunden mit Individualrückerstattung. Andere Rückgabemodelle sind abzulehnen, da sie das Postulat der Umverteilungsneutralität nicht erfüllen. Bei Emissions- und Ressourcensteuern, die systembedingt nicht zurückgegeben werden, sind die finanzwissenschaftlich begründeten Nachteile voll in Rechnung zu stellen. Das Schweizer Modell einer Ökologisierung des Steuersystems ist abzulehnen, weil es auf Ressourcenabgaben baut und die Rückgabe der Erträge – soweit nicht Pro-Kopf-Beträge vorgesehen sind – nicht verteilungsneutral erfolgt. Das Heidelberger Modell ist abzulehnen, weil ein Steuersystem, das bloss auf Produkte- und Ressourcensteuern aufbaut, die Finanzierung des Staates systembedingt nicht sicherstellen kann. Ökologisch motivierte Lenkungsabgaben dürfen grundsätzlich nicht finanzpolitisch missbraucht werden. Nur so werden sie nicht zum Spielball der Umverteilung und nur so lässt sich der notwendige umweltpolitische Strategiewechsel hin zu marktwirtschaftlichen Instrumenten realisieren.