Die Scheidung der Eltern ist in einer Familie mit jüngeren Kindern ein belastendes Ereignis, das die Gesundheit und die zukünftige Lebensgestaltung aller Familienmitglieder nachhaltig beeinflusst. Die Situation geschiedener Väter fand bisher deutlich weniger öffentliches und wissenschaftliches Interesse als diejenige alleinerziehender Mütter, obschon es zahlreiche Hinweise darauf gibt, dass sie eine Scheidung anders und langfristig schlechter verarbeiten als Frauen. Hu und Goldmann (1990) stellten in einer Studie über zivilstandsspezifische Sterblichkeitsraten in 16 hochentwickelten Ländern fest, dass geschiedene Personen, insbesondere geschiedene Männer, häufiger vorzeitig sterben als ledige, verwitwete und verheiratete Personen. Die standardisierte Mortalitätsrate der geschiedenen Männer ist 1,6 bis 3mal (im Schnitt 2,0mal) so hoch wie diejenige der verheirateten Männer. Es stellt sich die Frage, welche Faktoren auf welche Art und mit welchem Gewicht zur erhöhten Mortalität und zu den in anderen Untersuchungen festgestellten erhöhten Morbiditätsraten geschiedener Männer führen und wie gesundheitsgefährdende Verläufe nach einer Scheidung vermieden werden können. Das geplante Projekt will diese, von der bisherigen Forschung kaum bearbeiteten Fragen untersuchen und dazu beitragen, dass die menschlich, gesundheitlich und volkswirtschaftlich gravierenden Scheidungsfolgen vermindert werden können.
Im Projekt "Geschiedene Väter" soll untersucht werden, wie verschiedene Gruppen von Männern die Scheidung mit welcher Unterstützung und Vernetzung und mit welchen Folgen für die Gesundheit verarbeiten. Eine repräsentative Stichprobe von 360 geschiedenen Vätern mit jüngeren Kindern (jüngstes Kind maximal 12jährig) und ohne Sorgerecht, deren Scheidung 12 bis 48 Monate zurückliegt, soll in einem persönlichen, strukturierten, einstündigen Interview befragt werden. Das ausführliche, persönliche Interview wird von einem qualitativen Zusatzprotokoll ergänzt. Ausserdem soll eine Vergleichsgruppe von 180 verheirateten Vätern jüngerer Kinder mit einem weitgehend identischen Fragebogen interviewt werden. Im vorangegangenen Forschungsprojekt "SUGES" der Abteilung für Psychosoziale Medizin wurden 323 alleinerziehende Mütter mit jüngeren Kindern mit einem ähnlichen Fragebogen interviewt. In der statistischen Auswertung können die geschiedenen Väter mit den verheirateten Vätern und mit den alleinerziehenden Müttern verglichen werden.