Literalität des Erwachsenen (IALS Schweiz)

Ref. 1225

Ceci est la version 1.0 de ce projet.

Description générale

Période concernée

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Région géographique

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Informations géographiques additionnelles

deutsch- und französischsprachige Schweiz; Gesamtprojekt IALS: 7 - 10 Länder

Résumé

Der schweizerische Beitrag zum internationalen Projekt IALS (International Adult Literacy Survey) (dessen Pilotphase sich im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 33 abwickelt ("Wirksamkeit unserer Bildungssysteme")) soll zu einer soliden Beschreibung der Lesefertigkeiten (Literalität) der Erwachsenen zwischen 15 und 64 Jahren in der Schweiz führen. Das Projekt achtet insbesondere auf eine gute Differenzierung im Bereich der Lesefertigkeiten der schwächeren Leserinnen und Leser. Das Projekt IALS ist massgeblich entwickelt worden vom Special Surveys Group at Statistics Canada. Am IALS werden sich voraussichtlich insgesamt sieben bis zehn Länder beteiligen; neben der Schweiz steht im gegenwärtigen Zeitpunkt die Beteiligung Deutschlands, Frankreichs, Irlands, Kanadas, der Niederlande und Polens fest. Das Schweizer Projekt will: Lesefertigkeiten, wie sie im Berufs- und im Zivilleben erforderlich sind, erfassen und beschreiben. Die Suisse romande und die Deutschschweiz getrennt berücksichtigen. Besonders die Gruppe der jungen Erwachsenen (16-24) und jene der 51- bis 64jährigen berücksichtigen. Die Ergebnisse sollen auch in Bezug gesetzt werden zu jenen, die sich aus der im Rahmen des internationalen IEA-Projekts "Reading Literacy Study" ergeben haben (vgl. Referenznr. 2491 und 1160). Das Forschungsgesuch an den Nationalfonds deckt nur einen Teil des Projekts ab (vor allem die Erprobung des Instrumentariums in schweizerischen Verhältnissen mittels Interviews). Zur Realisierung des Hauptprojekts sind weitere Finanzierungsquellen in Abklärung. Jedes Interview im Pilotprojekt umfasst eine Reihe konkreter Leseaufgaben (45 Minuten) und eine viertelstündige Befragung zur früheren Ausbildung und zu den gegenwärtigen Tätigkeiten.

Résultats

Lange Zeit war die Schweiz stolz auf ihr Bildungswesen und ging davon aus, es sei eines der besten der Welt. Von dieser Vorstellung gilt es sich zu verabschieden, wenn man den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung - dem schweizerischen Beitrag zu einer internationalen Vergleichsstudie, die unter der Ägide der OECD in elf Mitgliedsländern durchgeführt worden ist - Glauben schenken will. Haben die Schweizer Schülerinnen und Schüler in der Third Mathematics and Science Study" (ebenfalls im Rahmen des NFP 33 durchgeführt; vgl. Beitrag " Schule, Leistung und Persönlichkeit") noch einigermassen befriedigend abgeschnitten, so vermögen die Fähigkeiten, welche die hiesigen Erwachsenen im Umgang mit Geschriebenem an den Tag legen, zu Besorgnis Anlass zu geben. Noch vor kurzem pflegte man die Menschheit in zwei Kategorien einzuteilen: es gab die Analphabeten, die ein Problem der Dritten Welt darstellten, und es gab die anderen. Mittlerweile weiss man, dass diese Dichotomisierung unhaltbar ist: die Individuen sind vielmehr in einem Kontinuum einzuordnen, das durch die Pole "Literalität" und "Analphabetismus" aufgespannt wird. Auch ist unterdessen klar, dass nicht schon lesen kann, wer die Buchstaben des Alphabets auseinanderzuhalten vermag; das Verständnis eines Texts oder einer graphischen Darstellung setzt eine ganze Reihe weiterer kognitiver Fertigkeiten voraus. Im Rahmen des International Adult Literacy Survey (IALS) wurde 2800 Testpersonen eines von vier Kompetenzniveaus zugewiesen: schlecht, mässig, gut, sehr gut. Die Tests betrafen drei Arten der visuellen Darstellung von Information: Prosatexte (Zeitungsartikel, Gebrauchsanleitungen, Beipackzettel von Medikamenten usw.); "Dokumente" (Eisenbahnfahrplan, Telefonbuch, grafische Darstellung von Sachverhalten usw.); Schriftstücke, anhand deren einfachere Berechnungen nachzuvollziehen waren (Kassenzettel, Bestellformulare usw.). Vor allem in der ersten Kategorie haben die Schweizerinnen und Schweizer schlecht abgeschnitten und figurieren im internationalen Vergleich an zweitletzter Stelle: Mehr als die Hälfte wurden den Kategorien "schlecht" (19%) oder "mässig "35%) zugeordnet. Ganze 9 Prozent klassierten sich als "sehr gut"; selbst zahlreichen Personen mit Maturitätszeugnis gelang dies nicht. Was die anderen beiden Textarten betrifft, bewegen sich die Schweizer Ergebnisse im internationalen Mittelfeld. Unterschiede zwischen Deutsch- und Westschweiz liessen sich nicht feststellen (die italienischsprachige Schweiz machte erst in einer zweiten Phase mit; vgl. das Projekt 97:019, dessen Ergebnisse noch ausstehen). Hingegen bestehen Unterschiede nach Geschlecht. Diese entsprechen aber nicht einfach der landläufigen Meinung, Frauen läsen mehr und besser. Die internationalen Ergebnisse weisen lediglich für ein paar englischsprachige Länder bei Frauen höhere Leseleistungen nach, wobei dies auch nur für Prosatexte gilt. Dagegen zeigt die Studie, dass Frauen anders und anderes lesen. Männer lesen vor allem, wenn es sich bezahlt macht. Mit Texten der obenerwähnten Kategorien 2 und 3 haben die Männer nahezu überall - die USA ausgenommen - gar was weniger Schwierigkeiten. Die IALS-Daten widerlegen den Glauben, die Jugendlichen läsen weniger gut als ihre Eltern. Ferner zeigen sie auf, wie sehr viele Leute ihre Lesefähigkeiten überschätzen: Stufen etwa die Experten die Fähigkeiten von 19 Prozent der Testpersonen als schlecht ein, so bezeichnet sich nur jede neunte von ihnen als schlechten Leser; der Anteil der Leser mit schwachen und mässigen Fähigkeiten macht bei Eigenbeurteilung nur ein Fünftel dessen aus, was sich im Urteil von Experten ergibt.