Sicherheit 2012. Aussen-, sicherheits- und verteidigungspolitische Meinungsbildung im Trend

Ref. 11062

Description générale

Période concernée

2012

Région géographique

Informations géographiques additionnelles

Schweiz

Résumé

Die vorliegende Erhebung ist Teil der Studienreihe "Sicherheit". Diese Studienreihe geht zurück auf eine bevölkerungsrepräsentative Befragung zur sicherheitspolitischen Meinungsbildung in der Schweiz aus dem Jahre 1983. Diese Befragung wurde am Institut für Soziologie Unitobler Universität Bern durch K. Haltiner geleitet und vom Schweizerischen Nationalfonds (NFP Nr. 11 "Sicherheitspolitik", Projekt 4.419.0.81.11)unterstützt. Seit 1991 wird die sicherheitspolitische Meinungsbildung jährlich im Januar/Februar erhoben und unter dem Titel "Sicherheit" publiziert. Gleichzeitig wurde die Erhebung um Fragen zur Aussenpolitik und zum allgemeinen Sicherheitsempfinden erweitert. Das Projekt wird nun durch die Dozentur für Militärsoziologie der Militärakademie an der ETH Zürich und das Center for Security Studies der ETH Zürich geleitet. Ziel dieser Erhebungen ist die Ermittlung von Trends und Tendenzen in Bezug auf: das allgemeine Sicherheits- und Bedrohungsempfinden, das Vertrauen in Institutionen und Behörden, den Grad an aussen- und sicherheitspolitischer Kooperationsbereitschaft, die Neutralität allgemein und verschiedene Auffassungen von Neutralität, die Einstellung zur militärischen Landesverteidigung, das sicherheitspolitische Interesse. Neben einem Kern von stets oder in unregelmässigen Abständen gestellten Fragen werden jährlich auch solche zu aktuellen sicherheitspolitischen Themen gestellt. 2012 waren dies: Massnahmen zur Wahrung der Inneren Sicherheit, Strategische Kultur der Schweiz, Vereinbarkeit von Militärdienst und Arbeitsleben sowie Wehrdienst eingebürgerter Schweizer. Zusätzlich zur Trendanalyse fokussiert die Studienreihe auch auf die Frage, inwiefern die Einstellungen zu den drei Themenkomplexen (allgemeine Sicherheit, Aussenpolitik & Verteidigungspolitik) mit den Lebensbedingungen und der politischen Orientierung zusammenhängen.

Résultats

Allgemeines Sicherheitsempfinden und Vertrauen Im Januar 2011 konnte beobachtet werden, dass in der Stimmbevölkerung die Wahrnehmung einer sicheren Schweiz in einer unsicheren Welt überwiegt. Daran hat sich auch im Januar 2012 nichts geändert: Im langjährigen Vergleich fühlen sich im Januar 2012 ausgesprochen viele Befragte sicher (90%), die Entwicklung der weltpolitischen Lage wird von überdurchschnittlich vielen als düster eingeschätzt (53%) und auch die Wahrnehmung einer optimistischen Zukunftsentwicklung der Schweiz verbleibt trotz eines signifikanten Rückgangs auf einem hohen Niveau (78%, -6%). Das Vertrauen in die Schweizer Institutionen und Behörden ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Markante Vertrauensgewinne konnten der Bundesrat, das Parlament und die Polizei verbuchen. Damit liegt im Januar 2012 das Vertrauen in die Polizei (7.6, auf einer Skala von 1 bis 10), in die Gerichte (7.0), in den Bundesrat (6.8), in die Schweizer Wirtschaft (6.6), in das Schweizer Parlament (6.2) und in die Medien (5.1) deutlich über ihrem langjährigen Mittel (1995-2012). Das Vertrauen in die Armee (6.3) und in die politische Parteien (5.1) liegt trotz Vertrauensanstieg aktuell im langjährigen Mittel. Einstellung zur Aussenpolitik Die Zustimmung zu einer Annäherung (37%) oder gar einem Beitritt zum europäischen Staatenverbund (17%) verharrt auf dem letztjährigen Tiefstwert. Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der EU wird weiterhin auf höchstem Niveau unterstützt (81%). Eine Veränderung wurde in der Bereitschaft gemessen, sich international zu engagieren ohne sich institutionell einzubinden: Die Zustimmung für ein aktives Engagement der Schweiz für Anliegen der Uno (68%, +11%) und für die Erhöhung der Ausgaben für die Entwicklungshilfe (62%, +5%) sind deutlich gestiegen. Die bereits sehr hohe Befürwortung der Neutralität ist nochmals leicht gestiegen (95%, +1%). Zugenommen hat die Unterstützung der Solidaritätsfunktion (93%, +4%) und der sicherheitspolitischen Funktion (66%, +5%), jene der Identitätsfunktion (83%) ist konstant geblieben. Auch wenn das Neutralitätsprinzip in der Schweizer Bevölkerung fest verankert ist, überwiegen dissonante (33%) und pragmatische (27%) Neutralitätssichtweisen gegenüber traditionalistischen (23%). Eine kritische Einstellung zur Neutralität wird von 18% geteilt. Einstellung zur Verteidigungspolitik Die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zur Armee bleibt insgesamt stabil, aber ambivalent. Drei Viertel der Bevölkerung erachten die Armee als notwendig (75%). In der Frage der gesellschaftlichen Rolle (notwendiges Übel 45%, zentrale Institution der Schweiz 39%), der Höhe des Verteidigungsbudgets (gerade richtig 46%, zu viel 44%) und der Wehrform (Milizarmee 52%, Berufsarmee 43%) bleibt die Bevölkerung auch im 2012 gespalten. Bei einigen Indikatoren nimmt die Stärke der Einstellung ab: Immer mehr Befragte halten die Armee nur noch für "eher notwendig" und sind mit der Wehrpflicht nur noch "eher einverstanden". Dies deutet auf eine gewisse Indifferenz gegenüber militärpolitischen Fragestellungen. Fazit: Wie bereits 2011 zeigen sich bei den Befragten grosse Differenzen in der Wahrnehmung der nationalen und internationalen Entwicklung: Die Schweizer StimmbürgerInnen fühlen sich im langjährigen Vergleich ausgesprochen sicher und zeigen sich betreffend der näheren Zukunft der Schweiz sehr zuversichtlich, beurteilen aber gleichzeitig die internationale Entwicklung skeptisch. Die in diesem Jahr gemessenen Vertrauensgewinne beinahe aller hier erhobenen Schweizer Institutionen stehen wahrscheinlich in Zusammenhang mit dieser Wahrnehmung einer sicheren Schweiz in einer unsicheren Welt. Auch die Einstellung zur Aussenpolitik dürfte in Beziehung zur nationalen Zuversicht bei gleichzeitiger Skepsis gegenüber der internationalen Entwicklung stehen. Der Wunsch nach wirtschaftlicher, politischer und militärischer Unabhängigkeit und die EU-Skepsis bleiben auf dem Rekordhoch des letzten Jahres. Dieses Bestreben nach nationaler Unabhängigkeit wird durch die weitverbreitete Überzeugung genährt, dass die Zukunft unseres Landes hauptsächlich in unseren Händen liege und kaum durch internationale Entwicklungsprozesse tangiert werde. Diese Zustimmung zur Unabhängigkeit der Schweiz darf jedoch nicht als Wunsch nach absoluter Autonomie oder einer internationalen politischen Enthaltung missverstanden werden. Insbesondere im wirtschaftlichen Bereich werden Kooperationen mit der EU befürwortet. Ebenso wird ein Engagement im Rahmen der Uno, bei der internationalen Konfliktvermittlung und in der Entwicklungshilfe wieder stärker gefordert. Einzig in der Frage zur sicherheitspolitischen Kooperationsbereitschaft (militärischer Multi- versus Unilateralismus) bleibt die Bevölkerung gespalten. Die weiterhin praktisch einstimmige Befürwortung des Neutralitätsprinzips und der Akzeptanzgewinn der drei Neutralitätsfunktionen reihen sich ebenfalls in diesen Trend einer zunehmend auf die eigene Nation gerichteten Orientierung ein. Es ist insbesondere die Überzeugung, die Neutralität trage zu unserer Sicherheit und zu unserem Schutz bei, die wieder häufiger geteilt wird. Nichtsdestotrotz scheint die Unterstützung der Neutralität vorwiegend affektiv bedingt zu sein. Die Neutralität hat sich in den Augen der Schweizer Bevölkerung zu einem bewahrenden Wert an sich entwickelt. Die Schweizer Stimmbevölkerung steht prinzipiell hinter der Schweizer Armee. Die Akzeptanz und das Vertrauen in sie liegen im langjährigen Mittel. Seit gut einem Jahrzehnt zeigt sich die Schweizer Stimmbevölkerung bezüglich der Wehrpflicht, der gesellschaftlichen Rolle der Armee und der Höhe des Verteidigungsbudgets gespalten. Daran hat sich auch 2012 kaum etwas verändert.