Frei verfügbare Einkommen in der Schweiz

Ref. 10700

Description générale

Période concernée

2006

Région géographique

-

Informations géographiques additionnelles

Schweiz

Résumé

Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS hat 2002 eine Untersuchung zum Thema "Existenzsicherung im Föderalismus der Schweiz" (Wyss, Kurt und Caroline Knupfer (2003). Existenzsicherung im Föderalismus der Schweiz. Bern.) durchgeführt. Dabei wurde anhand von Fallstudien typischer armutsgefährdeter Haushalte untersucht, wie deren Existenzsicherung in den 26 Kantonshauptstädten der Schweiz aussieht. Von zentralem Interesse war, was einem Haushalt knapp über der Armutsgrenze an frei verfügbarem Einkommen verbleibt, wenn verschiedene Zwangsausgaben wie etwa Miete, Krankenkassenprämien, Steuern, familienergänzende Betreuung sowie kantonale und kommunale Sozialtransfers mitberücksichtiget werden. Da seither in verschienenen Kantonen zahlreiche Veränderungen bei der Ausgestaltung der Steuersysteme und der Sozialtransfers vorgenommen wurden, hat sich die SKOS dazu entschieden, eine Aktualisierung und Erweiterung der Studie für die Verhältnisse am 1.1.2006 zu realisieren. Folgende Fragestellungen standen dabei im Zentrum: - Wie hat sich die Belastung durch die einzelnen Budgetposten bzw. Entlastung durch die einzelnen Sozialtransfers zwischen 2002 und 2006 verändert? - Wie hat sich das frei verfügbare EInkommen zwischen 2002 und 2006 entwickelt? - Wie veränderte sich das frei verfügbare Einkommen, wenn die Einkünfte des Haushalts durch ein zweites Einkommen der Ehefrau erhöht werden? - Wie verändert sich das frei verfügbare Einkommen, bei einer Zu- bzw. Abnahme des Einkommens? - Gibt es Unterschiede und wie begründen sich diese bei den frei verfügbaren Einkommen von Sozialhilfebeziehenden zwischen den 26 Kantonshauptorten? - Wie wirkt sich ein Erwerbseinkommen innerhalb der Sozialhilfe auf das frei verfügbare Einkommen aus? - Wie gestalten sich die Übergänge zwischen Sozialhilfe- und vorgelagertem Transfersystem unter Berücksichtigung des Steuersystems? - Wie unterscheiden sich die frei verfügbaren Einkommen von Haushalten mit Erwerbseinkommen knapp ausserhalb der Sozialhilfeanspruchsgrenze (Working Poor) von jenen, die bei Bezug von vollständiger oder ergänzender Sozilahilfeunterstützung resultieren? Um diese Fragen beantworten zu können hat die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe SKOS zusammen mit dem Institut für Politikstudien Interface ein Simulationsmodell entwickelt zur Abbildung der Auswirkungen von Sozialtransfers und Zwangsausgaben in allen Kantonen auf die frei verfügbaren Einkommen. Gearbeitet wird mit Falltypen (Einelternfamilie mit einem Kind, Zweielternfamilie mit zwei Kindern, Alleinstehender Mann mit Alimentenverpflichtung). Erstmals kann dadurch der Verlauf der frei verfügbaren Einkommen für Bruttolöhne von 0-120'000 Franken aufgezeigt werden. Dadurch können einerseits die frei verfügbaren Einkommen in verschiedenen Kantonen verglichen werden. Andererseits können systembedingte Ungerechtigkeiten (negative Erwerbsanreize oder Schwelleneffekte) aufgezeigt werden, welche durch die Ausgestaltung einzelner oder das Zusammenspiel mehrerer Bedarfsleistungen oder Zwangsausgaben verursacht werden.

Résultats

- Der Range bei den frei verfügbaren Einkommen, also die Differenz zwischen dem günstigsten und dem ungünstigsten Kantonshauptort ist bei allen untersuchten Falltypen trotz einer leichten Konvergenz seit der ersten Studie von 2002 nach wie vor sehr gross. - Bei den meisten untersuchten Falltypen und Kantonshauptorten sind bei steigendem Bruttolohn systembedingte Ungerechtigkeiten im Verlauf des frei verfügbaren Einkommens jenseits des Bereichs der Sozialhilfe zu beobachten. Die Wirtschaftswissenschaft spricht in solchen Fällen von negativen Erwerbsanreizen. - Die konkrete Einkommenssituation von Sozialhilfebeziehenden hängt in erheblichem Mass von der Wohngemeinde ab. Unterschiede ergeben sich aufgrund unterschiedlicher Anwendung der SKOS-Richtlinien. - Es hängt ebenfalls vom Wohnort ab, wie gross der Anteil des verdienten Lohnes ist, der einem Haushalt bei ergänzender Sozialhilfeunterstützung zur freien Verfügung steht. In einigen Kantonshauptorten lohnt es sich finanziell für einen Haushalt, der Sozialhilfe bezieht, viel eher eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszubauen als in anderen Kantonshauptorten. - Ein- und Austrittsbestimmungen der Sozialhilfe, insbesondere in Zusammenhang mit dem Einbezug der Anreizelemente, führen in vielen Kantonen zu Schwelleneffekten oder systembedingten Ungerechtigkeiten im Übergangsbereicht zwischen Sozialhilfe und vorgelagertem Transfersystem. - Der Anspruch auf Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe entsteht nicht in allen Kantonen beim selben Bruttolohn. Erwerbstätige Haushalte mit niedrigem Einkommen (Working Poor)haben demnach in einigen Kantone früher Anspruch auf Sozialhilfe und werden später abgelöst als in anderen Kantonen. - Je nach Ausgestaltung der Anspruchsgrenze der Sozialhilfe und je nach Art der Besteuerung von erwerbstätigen Haushalten im Niedriglohnbereich, sind von der Sozialhilfe unterstützte Haushalte besser gestellt als Working-Poor-Haushalte ohne Anspruch auf Sozialhilfe.