Verarbeitungsprozesse bei prospektivem Gedächtnis: Aktives Behalten und unwillkürliches Erinnern

Ref. 8297

General description

Period

2003/2004

Geographical Area

Additional Geographical Information​

Bern

Abstract

Prospektives Gedächtnis bezeichnet die Fähigkeit, sich selbst-initiiert zur richtigen Zeit an eine zuvor gefasste Absicht oder eine geplante Handlung zu erinnern. Im Alltag ist prospektives Gedächtnis wichtig, um beispielsweise ein Telefonat zur rechten Zeit zu erledigen. Prospektives Gedächtnis ist das natürliche Gegenstück zu retrospektivem Gedächtnis, welches den expliziten Abruf respektive die implizite Erfahrungsnachwirkung einer früheren Lernepisode bezeichnet. Im vorliegenden Projekt werden zwei grundlegend verschiedene Verarbeitungsprozesse, welche prospektives Gedächtnis ermöglichen, systematisch untersucht: Prospektives Erinnern kann die Folge aktiven Behaltens oder unwillkürlicher Erinnerung sein. Phänomenal ist das aktive Behalten dadurch charakterisiert, dass die auszuführende Absicht beim Auftauchen der zur Ausführung günstigen Gelegenheit bereits im Bewusstsein repräsentiert ist. Analog zum retrospektiven Gedächtnis kann diese Form prospektiven Gedächtnisses als Kurzzeitgedächtnis bezeichnet werden. Aktives Behalten oder strategisches Monitoring ist typischerweise begleitet von einer Suche nach dem Abrufhinweisreiz und lässt sich bezüglich des Erinnerungserlebens als „search“ bezeichnen. Im Gegensatz dazu ist die unwillkürliche Erinnerung dadurch charakterisiert, dass erst die Gelegenheit die Absicht wieder in Erinnerung bringt und diese insofern aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen wird. Das unwillkürliche, spontane Erinnern ist typischerweise begleitet vom Erleben, dass sich treffend mit dem Ausdruck „pop-up“ beschreiben lässt. Ziel dieses Projektes war es, eine Variable zu untersuchen, die strategisches Monitoring erhöhen kann. Strategisches Monitoring wurde im vorliegenden Experiment durch die Spezifizierung des Kontextes induziert. Es wurde erwartet, dass eine höhere prospektive Gedächtnisleistung auftritt, welche zudem von einem "search" Erinnerungserleben begleitet ist, wenn der Kontext zuvor spezifiziert worden ist. Des Weiteren wurde der Einfluss des Behaltensintervalls auf die prospektive Gedächtnisleistung untersucht. Die Frage, inwiefern die Länge des Behaltensintervalls die prospektive Gedächtnisleistung beeinflussen könnte, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Die Forschung zu diesem Themenbereich ist sowohl im Bereich der Grundlagen als auch für die Anwendung wichtig. Im Grundlagenbereich geht es um ein besseres Verständnis einer Gedächtnisform, welche zentral für das kompetente Funktionieren eines Individuums ist. Im Anwendungsbereich geht es darum, die Voraussetzungen für die Entwicklung effizienter Diagnose- und Interventionsprogramme, beispielsweise der Vermittlung angemessener Kompensationsstrategien, zu schaffen. Schlüsselbegriffe: Prospektives Gedächtnis, strategische und unwillkürliche Prozesse, Informationsverarbeitung

Results

In dieser Studie wurde der Einfluss des Behaltensintervalls und der Spezifität der Abrufsituation auf die prospektive Gedächtnisleistung und das damit verbundene Erinnerungserleben untersucht. Die Ergebnisse zeigten einen Einfluss des Behaltensintervalls und der Spezifität der Abrufsituation auf die prospektive Gedächtnisleistung. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Spezifizierung des Abrufkontextes den Vpn erlaubte, die prospektive Gedächtnisaufgabe zu antizipieren. Dies ging mit einer Erhöhung des Erinnerungserlebens, welches durch aktives Behalten, „search“ zu charakterisieren ist, einher. Spontane Erinnerungsprozesse, welche mit dem Erinnerungserleben eines „pop-up“ einhergehen, wurden durch die Spezifierung nicht beeinflusst. Der Ansatz zu Erfassung des Erinnerungserlebens erwies sich als wichtig, bezüglich der Erkenntnisse über phänomenale Aspekte prospektiven Erinnerns. Diese Ergebnisse dokumentieren, dass in Abhängigkeit von der experimentellen Situation das Erinnerungserleben systematisch variieren kann.