Evaluation von Methadonbehandlungen in der Deutsch- und Westschweiz: Fortsetzung der Methadonvergleichsstudie

Ref. 6446

General description

Period

1995-1999

Geographical Area

-

Additional Geographical Information​

Deutsch- und französischsprachige Schweiz

Abstract

Die vorliegende Studie versteht sich als Anschlussstudie zur Methadonvergleichsstudie (Dobler-Mikola, Pfeifer, Müller & Uchtenhagen 1998), in welcher die Eintritts- und Verlaufsdaten von Methadon- und Heroinpatienten aus der Romandie und aus der Deutschschweiz sowohl nach Behandlungsart als auch nach Landesteilen verglichen wurden. Die Ergebnisse der Erststudie weisen einerseits auf deutliche Unterschiede zwischen den Patientengruppen der Deutschschweiz und der Westschweiz hin, andererseits zeigen sie unterschiedliche Behandlungsverläufe der Methadon- und Heroinpatienten auf. Ein erster Vergleich der Behandlungsangebote lieferte Grund zur Annahme, dass die gefundenen Unterschiede zwischen den Patientengruppen in erster Linie auf die unterschiedliche Gewichtung der psychosozialen Begleitbetreuung und nicht auf Unterschiede zwischen den verschriebenen Substanzen zurückzuführen sind. Im Rahmen der vorliegenden Fortsetzungsstudie soll dieser Annahme nachgegangen werden. Ausserdem ist es mit dem aktuellen Forschungsprojekt möglich, über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg Langzeitverläufe von Opiatabhängigen in methadonunterstützter Behandlung zu analysieren. Bislang ungesicherte Erkenntnisse über die Rehabilitationsverläufe in und nach methadonunterstützter Behandlung können überprüft werden. Für die Überprüfung der Hypothese, dass die gefundenen Unterschiede in den Behandlungsverläufen nicht in erster Linie auf die verschriebenen Substanzen, sondern auf die Art und das Ausmass an psychosozialer Begleitbetreuung in den Behandlungsprogrammen zurückzuführen sind, soll geklärt werden, welche Rolle das Angebot, die Zugänglichkeit und die Inanspruchnahme von psychosozialer Begleitbetreuung für den Erfolg von Methadonbehandlungen spielen. Hierfür müssen sowohl auf Ebene der Behandlungsstellen als auch auf Ebene der Patienten Informationen gewonnen werden. Anhand der Untersuchung des Zusammenhangs von psychosozialer Begleitbetreuung (Umfang, Zugänglichkeit und Inanspruchnahme) mit divergierenden Behandlungsverläufen von Methadonpatienten sollen Erkenntnisse im Hinblick auf eine differenziertere Indikationsstellung sowie zur Behandlungsqualitätssicherung gewonnen werden.

Results

Die Ergebnisse zeigen, dass den Patienten in den West- und Deutschschweizer Behandlungsstellen ein reichhaltiges Angebot an psychosozialer Begleitbetreuung zur Verfügung steht. Trotz guter Zugänglichkeit der Angebote nimmt nur eine Minderheit der Klienten die zur Verfügung stehenden Hilfsangebote wie Einzelpsychotherapie, Gruppengespräche und Sachberatungen in Anspruch. Dagegen werden die medizinisch-somatischen Angebote von einer Mehrheit der Patienten genutzt. Unterschiede zwischen den Landesteilen scheinen vor allem hinsichtlich Strukturierungsgrad der Behandlungsprogramme und Umsetzung einzelner Behandlungsaspekte zu bestehen. Die untersuchten Westschweizer Behandlungsstellen weisen einen höheren Strukturierungsgrad und eine andere Dosierungspolitik als die untersuchten Deutschschweizer Behandlungsstellen auf. In Hinblick auf den Dreijahresverlauf der Patienten, der mittels der Indikatoren (1) soziale Integration, (2) Abnahme des illegalen Drogengebrauchs, (3) Reduktion der Kriminalität und (4) Verbesserung der Gesundheit gemessen wurde, können folgende Aussagen gemacht werden: 1.) Verbesserungen innerhalb der sozialen Integration fanden vor allem in Bereichen statt, die bereits zu Behandlungsbeginn wenig problematisch waren, so zum Beispiel im Bereich Wohnen. Defizitäre Bereiche wie die Beschäftigungssituation und die Schuldenbelastung blieben defizitär. Für die Deutschschweizer Patienten sind zudem Anzeichen sozialer Isolierung vorhanden. 2.) In Bezug auf die Abnahme des illegalen Drogengebrauchs können für beide Patientengruppen positive Entwicklungen festgehalten werden. Besonders eindrücklich ist die Konsumreduktion der Westschweizer Patienten: Drei Viertel der Westschweizer Langzeitpatienten geben ihren Heroin- und Kokainkonsum ganz auf. 3.) Eine Reduktion der Kriminalität, die anhand des Vorhandenseins von Szenenkontakten und illegalem und halblegalem Einkommen gemessen wurde, kann in beiden Gruppen festgestellt werden. Beiden Patientengruppen gelingt eine Distanzierung zur Drogenszene und ein Abbau des illegalen oder halblegalen Einkommens. 4.) Eine Verbesserung der Gesundheit, deren Operationalisierung auf Patienteneinschätzungen beruht, fand nicht statt.