1. Liechtenstein war im Krieg neutral. Es wurde nicht in Kriegshandlungen einbezogen.
2. Das Grenzländchen war ab 1938 vom Anschluss an Grossdeutschland bedroht, und zwar von aussen wie auch von innen.
3. Die liechtensteinische Regierung, der Landtag und der Fürst sowie die grosse Mehrheit der Bevölkerung lehnten den Nationalsozialismus ab.
4. Eine kleine, aber aktive und gewaltbereite Minderheit war nationalsozialistisch orientiert. Sie organisierte sich von 1938 bis 1945 in der "Volksdeutschen Bewegung in Liechtenstein"und trat offen auf. Sie erwartete den Sieg Hitlers und das "neue Europa". Sie erstrebte die Einführung der nationalsozialistischen Ordnung in Liechtenstein und den Anschluss des Landes an Hitlerdeutschland, in einem ersten Schritt als Wirtschaftsanschluss, in einem zweiten Schritt als Totalanschluss. Die NS-Anhänger brachten die ganze Kriegszeit hindurch erhebliche Unruhe in Staat und Gesellschaft.
5. Die NS-Bewegung blieb erfolglos, weil die Behörden ihre Bewegungsmöglichkeiten einschränkte, weil die NS-Gegner und die Volksmehrheit ihnen Widerstand leisteten, weil Hitler und Ribbentrop Liechtenstein mit der Schweiz zusammen behandelten und keinen Sonderanschluss des Ländchens wünschten und weil schliesslich der Krieg sich wendete.
6. Aus den Reihen der "Volksdeutschen Bewegung" rekrutierten sich Kriegsfreiwillige für die Waffen-SS und Spione.
7. Die Landesversorgung mit Lebensmitteln, Rohstoffen und Energie konnte in enger Zusammenarbeit mit der Schweiz, mit der Liechtenstein durch Zollanschlussvertrag seit 1923 verbunden war, gesichert werden. Rationierung, Kontingentierung sowie Mehranbau wurden zusammen mit der Schweiz, gestützt auf deren kriegswirtschaftliche Organisation, durchgeführt.
8. Die Schweiz nahm für Liechtenstein Aussenhandel, Währungspolitik, diplomatische Vertretung und Kontrolle der liechtensteinisch-vorarlbergischen Grenze wahr.
9. Im Krieg entstanden metallverarbeitende Betriebe, welche für den deutschen Kriegsbedarf produzierten (Presta und Hilti Maschinenbau).
10. Liechtensteinische Arbeitskräfte, bis 1940 von Arbeitslosigkeit betroffen, fanden im Krieg zeitweilig zu Hunderten Arbeit im nahen Vorarlberg, daneben vermehrt auch wieder in der Schweiz.
11. Durch Liechtenstein hindurch wurde Spionage zugunsten Deutschlands und gegen die Schweiz getrieben.
12. Liechtenstein bot den Krieg hindurch über 120 jüdischen Verfolgten Zuflucht.
13. Andererseits wurden an der grossdeutsch-liechtensteinischen Grenze auch Verfolgte abgewiesen. Die Flüchtlingspolitik richtete sich nach den schweizerischen Richtlinien.
14. In den letzten Kriegstagen überquerte eine Wehrmachteinheit, die "1. Russische National-Armee" unter Führung von Generalmajor Arthur Holmston-Smyslovsky, mit knapp 450 russischen Soldaten die liechtensteinische Grenze. Die Truppe wurde hier interniert, danach 1945 zu zwei Dritteln freiwillig repatriiert, während ein Drittel bis 1948 in westliche Länder emigrierte.
15. Nach dem Kriegsende wurde die "Volksdeutsche Bewegung"verboten, ihr "Landesleiter" sowie einige Anführer des Anschlussputschversuchs von 1939 wurden 1946 zu Kerkerstrafen verurteilt, ebenso wurden einige Lehrer suspendiert.
16. Wie in der Schweiz wurden nach dem Kriegsende "Amtswalter" der auslanddeutschen NSDAP und der Deutschen Kolonie ausgewiesen.
17. Liechtenstein unterstand den schweizerisch-alliierten Currie-Abmachungen von 1945, ebenso war es ins Washingtoner Abkommen von 1946 und in dessen Nachfolgevereinbarungen eingeschlossen.
18. Die NS-Zeit blieb jahrzehntelang in Liechtenstein ein Tabuthema, wegen der Kleinheit der Gesellschaft, aber auch weil jene Periode nicht gründlich erforscht war. Seit Ende der 1980er Jahre ist das Tabu gebrochen, weil zur NS-Zeit geforscht und berichtet wird, insbesondere im Rahmen des hier vorgestellten Projekts.