Fachdidaktisches Wissen und Können von Sportlehrpersonen (PCK-Sport). Eine Erhebung des pedagogical content knowledge von angehenden Sportlehrpersonen und Praxislehrpersonen auf der Sekundarstufe I und II

Ref. 11371

General description

Period

2013 - 2017

Geographical Area

Additional Geographical Information​

Deutschschweiz

Abstract

Die länderübergreifenden Querschnittsstudien TIMS und PISA haben gezeigt, dass die schulischen Leistungen von Schülern enorm divergieren und häufig eher schwach ausfallen. Da diese Daten nicht für den Sportunterricht erhoben worden sind, lässt sich nur vermuten, dass die Bildungssysteme auch für den Sport zu wenig nachweisbare Effekte zeigen (Lampert, 2007; Lamprecht, Fischer & Stamm, 2008; Klein, 2009). Die Ausbildungsinstitutionen sind die wichtigste und vielleicht auch einzige Interventionsmöglichkeit, die Wirksamkeit des Sportunterrichts über die Professionalität der Sportlehrpersonen zu steuern. Eine der wichtigsten Steuerungsgrössen bildet dabei das Professionswissen allgemein und das fachdidaktische Wissen im Speziellen. Das vorliegende Projekt hat zum Ziel, fachdidaktisches Wissen von angehenden Sportlehrpersonen zu erfassen und über die Ausbildungszeit und die Berufseinführung zu vergleichen. Wir interessieren uns für die Dimensionen fachdidaktischen Wissens, die für die Novizen bedeutsam und für ihre Berufspraxis relevant sind. Zusätzlich möchten wir die Veränderungen des PCK über die Ausbildung hinweg analysieren. Insgesamt lassen sich dadurch Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Sportlehrerausbildung machen. In einem ersten Schritt will die geplante Studie ein valides Modell für die drei Dimensionen des fachdidaktischen Wissens von Sportlehrpersonen (Scherler, 2004) entwickeln und evaluieren. Dazu sollen Vignetten zur modellkonformen Erfassung des fachdidaktischen Wissens entwickelt und evaluiert werden. Die Vignetten werden im Sinne von critical incidence aus studentischen Fällen des Fallarchivs Sportdidaktik entwickelt (Phase 1). Das Modell und die entwickelten Testinstrumente werden dann in einem zweiten Schritt im Rahmen einer Vergleichsstudie genutzt, um Entwicklungen der verschiedenen Dimensionen des fachdidaktischen Wissens während der Ausbildung zu untersuchen sowie Aussagen über die Unterschiede des fachdidaktischen Wissens in verschiedenen Phasen der Ausbildung, bei verschiedenen Zielstufen und Ausbildungsgängen (Sek I und Sek II) zu machen. Das Novizenwissen aller Studierenden wird mit dem ebenfalls erhobenen fachdidaktischen Wissen von Experten (Praxislehrpersonen) verglichen (Phase 2). In einer dritten Projektphase werden dieselben Kohorten zum zweiten Mal getestet. Aus diesen längsschnittlichen Daten erhoffen wir uns weitere Aussagen über die Entwicklung des PCK während der Ausbildung und der ersten Jahre als Lehrperson. Als Ertrag werden – neben der Validierung des Modells sowie reliablen und validen Testinstrumenten zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens für das Fach Sport – Erkenntnisse über die Struktur des fachdidaktischen Wissens von Sportlehrpersonen sowie über den Zusammenhang zwischen fachdidaktischem Wissen und der Ausbildung erwartet. Als Beitrag zur Unterrichtsqualitätsforschung sollen die Ergebnisse Lehrenden an Schulen und Hochschulen weitergegeben werden, um sie in allen Phasen der Lehrerausbildung (vom Studium bis zur Fort- und Weiterbildung) nutzbar zu machen.

Results

Effekte der Ausbildung: Mittlere Ränge und Signifikanzen (Kruskal Wallis Test): Faktor 3 und Dimension 3 auf .05-Niveau, Faktoren 8, 9 und Dimension 2 auf .1-Niveau. (Alle anderen Faktoren und Dimensionen unterscheiden sich nicht signifikant.) Die Tabelle enthält grössere Rangwerte (da N >100), als die Einzelvergleiche (Datenauswertung zum Zeitpunkt T1). Unterrichtserfahrung der Studierenden: Während es bei Sek 1 einen signifikanten Unterschied im Sinne einer Verbesserung zwischen Beginner (N=17, Mean=12.72) und Abschliesser (N=25, Mean=16.85) gibt (Mann-Whitney-U-Test: z=-3.15, p=.002 (asymptotische Signifikanz)), ist diese „Verbesserung“ bei Sek II zwischen Anfängern (N=24, Mean=16.87) und Abschliesser (N=24, Mean=17.06) nicht zu beobachten (z=-0.31, p=.76). Faktor 2 - Trainings- und Übungsprozesse auslösen und leiten: Dieser Faktor weist in seinen signifikanten Unterschieden (p < .05) auf ein erwartetes Resultat hin. Erfahrene Lehrpersonen haben mehr Kompetenzen im Bereich der Anleitung von Übung- und Trainingsprozessen als Studienbeginner mit der Zielstufe Sek I.  Faktor 3 - Zeit und Personen organisieren: Der tiefe Rangwert im Faktor 3 weist zudem auf die Unterschiede von integrierten und konsekutiven Studiengängen hin. Während in den Vergleichen der Studiengängen Zielstufe Sek II kaum Unterschiede auftreten (mittlerer Rang: 59.52 bzw. 62.77), weisen die gleich nach der Matura mit ihrem Lehramtsstudium beginnenden Studierenden einen sehr tiefen Rangwert aus (33.56). Vergleicht man zusätzlich die mittleren Rangwerte der beiden Studierendengruppen am Ende des Studiums (Sek I und Sek II), dann zeigen sich sowohl auf Faktorenebene, als auch bei den drei Dimensionen keine signifikanten Unterschiede. Betrachtet man einzelne Rangwerte, dann äussern sich bei den Dimensionen 1 (Inhalte präsentieren) und 3 (mit SchülerInnen interagieren) für die Sek II-Studierenden und bei der Dimension 2 (Bedingungen organisieren) für Studierenden mit der Zielstufe Sek I, höhere Werte. Auch diese – nicht signifikanten – Unterschiede weisen darauf hin, dass die Ausbildungsdauer und -phrasierung nur wenig Einfluss auf das Gesamt-PCK hat. Faktor 8 - Körperlichkeiten beachten: In diesem Faktor zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen der Kohorte Beginner Sek I und Abschliessende Sek I, sowie Sek II Beginnern (p < .05). Die Sensibilität für körperliche Differenzen bei den SchülerInnen (Dimension: Mit SchülerInnen interagieren) ist bei den Beginnern mit der Zielstufe Sek I nicht sehr ausgeprägt. Faktor 9 - Auf Unterschiede achten (Quasi-Längsschnitt): Beim Faktor 9 zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Studienbeginnern mit der Zielstufe S I (z=2.158; N = 42; p = .031; Wilcoxon -Test) und den Abschliessenden Sek I und zu den Abschliessenden Sek II (z=-2.117; N = 40; p = .034; Wilcoxon-Test). Im Längsschnitt bestätigen sich diese Ergebnisse für den Faktor 9. Bei den zusammengefassten Kohorten Sek I und Sek II zeigt sich insgesamt ein signifikanter Unterschied zwischen den mittleren PCK-Werten bei Studienbeginn (T1: 0.69, SD=0.7) und Studienabschluss (T2: 1.12, SD=0.9). Dimension 3 - Mit SchülerInnen interagieren (Quasi-Längsschnitt): Die Resultate der Dimension 3 weisen mit einem moderaten bis starken Effekt auf eine Differenz zwischen dem integrierten und konsekutiven Studiengang hin. Aufgrund der festgestellten Unterschiede zwischen den Beginnern Sek I und Sek II ist die Differenz zwischen den Sek I Beginnern und den Sek II Abschliessenden zu erwarten. Auch hier deuten die Daten auf eine Ursache in der unterschiedlichen Ausbildungsstruktur hin. Der hier nur moderate Effekt lässt sich mit der Datengrundlage erklären. Die Datengrundlage der Sek I Beginner (tiefer Wert), erklärt auch die Differenz zu den anderen Studierendengruppen und zu den Praxislehrpersonen. Studierende mit der Zielstufe Sek I erwerben in ihrer Ausbildungszeit Kompetenzen in der Eine allgemeine Wirkung der Ausbildung lässt sich in der «echten» Längsschnittuntersuchung nicht bestätigen. Die Unterschiede zwischen T1 und T2 sind nicht signifikant (sowohl in Bezug auf die Ausbildungskohorte, wie auch auf die gesamte Untersuchungsgruppe). Als Spezifizierung der Dimension 3 werden im Folgenden die Resultate von Faktor 9 (auf Unterschiede achten) differenziert dargestellt.