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Institutionalisierung Gendertag Basel-Land

Ref. 10328

General description

Period

Gegenwart (2010)

Geographical Area

-

Additional Geographical Information​

Basel-Landschaft

Abstract

In Weiterentwicklung des sogenannten nationalen Tochtertages (ab 2010: Zukunftstag) hat das Amt für Volksschulen (AVS) BL, gemeinsam mit der Fachstelle für Gleichstellung, ab dem Jahre 2007 ein eigenes Umsetzungskonzept "Gendertag" in den basellandschaftlichen Schulen der Sekundarstufe (6. - 9. Klasse) eingeführt. Aufsteigend von der 6. bis zur 9. Klasse werden alljährlich in den Schulen am 2. Donnerstag im November folgende thematischen Programme durchgeführt: Tochtertag/Zukunftstag nach nationalem Konzept (6. Klasse); Berufe haben (k)ein Geschlecht: Atypische Berufswahl (7. Klasse), Haushaltstag: Bezahlte und unbezahlte Arbeit (8. Klasse); Lebensperspektiven erweitern: Lebens- und Berufslaufbahnplanung (9. Klasse). Die Studie im Auftrag des Amtes für Volksschulen BL und der Fachstelle für Gleichstellung von Frau und Mann, BL untersucht in den basellandschaftlichen Schulen die Implementierung des Gendertages auf der Ebene des Unterrichts, der Schulen, der Betriebe und des Kantons. Die Studie verfolgt das Ziel, einerseits die Qualität der Arbeit und der Ergebnisse des Gendertages zu erfassen, andererseits wird sie Aussagen machen zur Frage, inwiefern der Gendertag und die damit bearbeitete Genderthematik (geschlechtstypische Berufswahl, geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und Segregation, Geschlechterdifferenzen in der Lebensplanung und ihre Folgen u.ä.) in BL heute als Bestandteil des Unterrichts in den Schulen fest institutionalisiert ist. Daraus abgeleitet wird die Untersuchung darüber Auskunft geben, welche Rahmenbedingungen und Unterstützungen es zukünftig noch braucht, damit der Gendertag und die Genderthematik mit guter Qualität und als fester Bestandteil der Schulen (Schulprogrammarbeit) integriert ist. Konzeptionell werden bezüglich der Dimension der Qualität folgende Ebenen unterschieden und in der Evaluation beobachtet und beurteilt (Landwehr 2003): - Situierung des Kontextes - Inputqualität - Prozessqualitäten Schule - Prozessqualitäten Unterricht - Ergebnisqualität - Qualitätsmanagement Bezüglich der Dimension der Institutionalisierung werden mit Rekurs auf neo-institutionalistische Ansätze drei Dimensionen gesellschaftlicher Institutionen unterschieden (Scott 2001). Kulturell-kognitive Dimension: Werte, Haltungen, Einstellungen, Motivationen, Kenntnisse Normative Dimension: Erwartungen, Pflichten Regulative Dimension: Regelungen, Obligatorium, Gesetze

Results

Seit dem Jahre 2001 findet in der Schweiz jährlich am 2. Donnerstag im November ein Nationaler Motivationstag für geschlechterunabhängige Berufs- und Lebensperspektiven von Mädchen und Knaben statt ("Nationaler Tochtertag", ab 2010 "Nationaler Zukunftstag - Seitenwechsel für Mädchen und Jungs"), der von der Schweizerischen Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten, mit finanzieller Unterstützung des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie (BBT), lanciert wird. Die Umsetzung auf kantonaler Ebene in den Sekundarschulen und Betrieben des Kantons Basel-Landschaft erfolgt seit 2002 durch eine dafür eingesetzte Arbeitsgruppe „AG Tochtertag“, später "AG Gendertag" unter Federführung der Fachstelle für Gleichstellung (FfG), seit 2007 des Amts für Volksschulen (AVS). Der AG gehören je eine Vertretung des Amts für Volksschulen (AVS), der Fachstelle für Gleichstellung (FfG), des Amtes für Berufsbildung und Berufsberatung (AfBB), der Wirtschaftskammer (WK) sowie der Schulleitungen (SL seit 2005) an. Sie koordiniert und unterstützt die Umsetzung des Gendertages BL seit dem Schuljahr 2006/07 auf der Grundlage eines eigens erarbeiteten Umsetzungskonzeptes "Gendertag BL". Ziel des kantonalen Gendertages ist es, eine nachhaltige Verankerung der Reflexion zu Berufswahl, Geschlechterrollen und Lebensplanungsprozess bei den Schülerinnen und Schülern zu erreichen, die Lehrpersonen in einer systematischen Genderarbeit zu unterstützen und Eltern und Unternehmen für geschlechtsunabhängige Berufs- und Ausbildungswahl zu sensibilisieren. Die wichtigsten Bestandteile des Konzeptes Gendertag sind die Empfehlung, den Gendertag im Schulprogramm und in der Jahresplanung der Schule fest zu institutionalisieren und sich am thematischen Aufbau des Konzeptes über die vier Schuljahre hinweg zu orientieren: 1. Lebensperspektiven erweitern: Tochtertag nach nationalem Konzept; 2. Berufe haben (k)ein Geschlecht: Typische Frauenberufe, typische Männerberufe, atypische Berufswahl; 3. Haushaltstag: Erwerbsarbeit und Hausarbeit - bezahlte und unbezahlte Arbeit; 4. Lebensentwürfe und Familienmodelle: Berufstätig sein als Frau und Mutter. Berufstätig sein als Mann und Vater. Die Schulleitungen wurden bisher mittels eines jährlich stattfindenden Vorbereitungs- und eines Auswertungshalbtages (Praxisforum Gendertag und Erfahrungsaustausch (ERFA-Veranstaltung)) sowie Materialien (Projektvorschlägen, Vorlagen für Elternbriefe) bei der Implementation unterstützt. Zwischen September 2010 und März 2011 wurde die Umsetzung des Konzeptes Gendertag BL von der Professur für Bildungssoziologie der PH FHNW evaluiert. Der Fokus der Evaluation richtete sich auf Fragen der Qualität des Projektes Gendertag BL sowie auf den Grad der Institutionalisierung des Gendertages BL. Dazu wurden in einem ersten Schritt vertiefende Einzelinterviews mit vier Mitgliedern der AG Gendertag geführt. Die Vertretung der Wirtschaftskammer (WK) konnte an den Interviews nicht teilnehmen. In einem nächsten Schritt wurden alle Klassenlehrpersonen und Schulleitungen unmittelbar nach dem Gendertag 2010 im Rahmen einer Onlinebefragung (Fragebogenerhebung) zu ihren Aktivitäten, Erfahrungen und Einstellungen im Zusammenhang mit dem Gendertag befragt. Von den 534 zur Onlineerhebung eingeladenen Klassenlehrpersonen (KLP: 37% Lehrerinnen, 63% Lehrer) und den 22 Schulleiter/innen (SL: 41% Schulleiterinnen, 59% Schulleiter) füllten 332 (62.2%) KLP und 19 (86.4%) SL den Fragebogen aus. Für die Auswertungen konnten 305 KLP und 18 SL berücksichtigt werden. Bezüglich des Geschlechtes waren das in der ersten Gruppe 108 Frauen und 197 Männer (35.4% bzw. 64.6%) und in der zweiten 5 Frauen und 9 Männer (35.7% bzw. 64.3%). Der Rücklauf ist bei den KLP bezüglich des Geschlechterverhältnisses demnach repräsentativ. Auch bei den SL sind keine Verzerrungen nach Geschlecht erkennbar (die Angaben zu den Prozentwerten sind mit der geringen Fallzahl nicht verlässlich). Die Ergebnisse der Fragebogenerhebung wurden am jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch im Dezember 2010 den Schulleitungen vorgestellt und in Gruppen angeleitet diskutiert. Diese drei Gruppeninterviews wurden ebenfalls ausgewertet. In einem letzten Schritt wurden im Januar/Februar 2011 mit 4-6 Lehrpersonen in vier ausgewählten Schulen, welche ein möglichst breites Meinungsspektrum zum Gendertag vertraten, ebenfalls Gruppeninterviews durchgeführt. Aus zeitlichen und Ressourcengründen konnten die Schüler/innen, Eltern sowie Betriebe nicht direkt befragt werden. In den Fragebogenerhebungen formulierten die Lehrpersonen jedoch Einschätzungen zum Interesse der Schüler/innen und machten Aussagen darüber, ob von Elternseite her Rückmeldungen erfolgten. Geschichte und Strategie Das Konzept Gendertag BL orientiert sich am "nationalen Tochtertag", seit 2010 "Zukunftstag - Seitenwechsel für Mädchen und Jungs", indem der Gendertag BL ebenfalls am 2. Donnerstag im November stattfindet und die am Gendertag behandelten vier Stufenthemen sich an den Zielsetzungen einer Erweiterung der Lebensperspektiven und Berufswahlen von Mädchen und orientiert. Das Vorgehen der Einführung des Gendertages BL in den Schulen sowie das inhaltliche Konzept können als sehr professionell beurteilt werden und entsprechen den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Unterstützung von Schul- und Unterrichtsentwicklung und der Erreichung kulturellen Wandels in Institutionen. Dazu gehören insbesondere: - die Orientierung am gesellschaftlichen Postulat der Geschlechtergleichheit und am konkreten Auftrag zur tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann - die Bezugnahme auf das Bildungsgesetz, das eine geschlechtergerechte Pädagogik verlangt, und den Stufenlehrplan der Sekundarschulen. - die Einbindung verschiedener institutioneller Akteure und Interessensvertretungen in der AG Gendertag. - das inhaltliche Konzept mit den vier Stufenthemen, das in den nationalen Rahmen des "Tochtertages" eingebettet ist. - die schrittweise Einführung in den Schulen und die damit verbundene Zeitspanne, welche Raum für Überzeugungsarbeit, Verhandlungen und konzeptionelle Anpassungen ermöglichte. - die verschiedenen Begleitungs- und Unterstützungsmassnahmen für die SL und LP. - die Austarierung zwischen Verpflichtung (top down Prozess) und Gestaltungsspielräumen (bottom up Prozess). Die Durchführung des diesjährigen Gendertages BL 2010 Nach der vierjährigen Einführungsphase haben im Jahre 2010 nahezu alle Schulen und Klassen am Gendertag BL teilgenommen. Bei rund der Hälfte der Klassenlehrpersonen (KLP) kann von einem positiven Engagement in der Umsetzung ausgegangen werden. Die Vorbereitungsarbeiten und Informationsprozesse innerhalb der Schule und gegenüber den Eltern sind weitgehend konsolidiert, eine zeitliche Belastung für die Vor- und Nachbereitungen ist noch vorhanden, hat sich jedoch klar reduziert. Im Laufe der letzten Jahre haben sich die Schulen - auch mit Unterstützung der AG Gendertag - einen Korpus an Ideen und Materialien zugelegt. Die Schulen haben einen Spielraum für Konzeptanpassungen, den sie auch nutzen. Rund 70-80% der behandelten Themen und durchgeführten Aktivitäten entsprechen dem Konzept des Gendertages und können als konzeptnahe beurteilt werden. In geschlechtergetrennten Gruppen wurden mit den Knaben - im Vergleich zu den Mädchen - erheblich mehr konzeptferne Themen und Aktivitäten durchgeführt. Die "Compliance" und die Qualität der Umsetzung des Konzeptes ist stark von der Führungsrolle und der Überzeugungsarbeit der Schulleitungen (SL) bestimmt. Ihre Professionalität in der Personal- und Schulführung ist mitentscheidend für das Erreichen von Akzeptanz im Kollegium und die Bereitschaft, die Genderthematik am Gendertag und im laufenden Schuljahr zu bearbeiten und zu verankern. Von Seiten der Eltern ist gemäss Wahrnehmung der Klassenlehrpersonen und Schulleitungen keine systematische Kritik am Gendertag oder spezifischen Inhalten zu nennen. Die fachlichen Voraussetzungen für einen geschlechtersensiblen Unterricht und die Bearbeitung der Themen am Gendertag selbst sind nicht überall gegeben. Dies ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass in der Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen die Genderthematik zu wenig systematisch behandelt wird. In der Konsequenz ist gerade bei Fachlehrpersonen die Zuständigkeit für eine geschlechtersensible Behandlung der curricularen Themen nicht im professionellen Selbstverständnis verankert. Das Interesse bei den KLP, sich in der Thematik weiterzubilden, ist eher gering. Einstellungen zur Genderthematik und zum Gendertag BL Im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen im Bildungsbereich (wie z.B. die Frage, welche Fremdsprachen wann gelernt werden sollen), berührt das Querschnittthema rund um den Komplex von Geschlechterdifferenzen und -verhältnissen grundlegende Gesellschafts- und Menschenbilder und damit verbundene Vorstellungen von "Gleichheit" und "Gerechtigkeit" sowie sehr unmittelbar die privaten Konstellationen, Verhältnisse und Arbeitsteilungen in Familie und Beruf der in der Untersuchung involvierten und befragten Lehrpersonen und Schulleitungen. Eine Folge davon ist, dass - so wird mehrfach betont - LP eine bestimmte positive und offene Grundhaltung bezüglich der Genderthematik, eine gewisse Selbstreflexivität bezüglich der eigenen gesellschaftlichen Betroffenheit durch die Kategorie Geschlecht mitbringen müssen, um bei den Schülerinnen und Schülern auch fruchtbare Diskussionen und Reflexionen zu ermöglichen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sowohl die spezifischen Themen der vier Jahrgangsklassen wie auch die Verfolgung der Zielsetzungen des Gendertages im Laufe des Schuljahres in verschiedenen Fächern von vielen KLP und SL als wichtig erachtet werden (zwischen 60-80%). Von einem nicht zu vernachlässigenden Teil der Lehrerschaft wird jedoch der Sinn und die Relevanz der Bearbeitung der Themen am Gendertag in Frage gestellt. Dies wirkt sich in der Folge auch auf die Beurteilungen einzelner Aspekte des Gendertages aus. Gegenüber dem Gendertag positiv eingestellte Lehrpersonen unterstützen die Durchführung eines gemeinsamen Blocktages und sehen darin vor allem Chancen. Eher negativ eingestellte Lehrpersonen nennen dagegen eine Reihe von Schwierigkeiten und Kritikpunkten wie "ungünstiger Zeitpunkt", "Stundenausfall des kursorischen Unterrichts" und "organisatorischer Aufwand". Diese Kritikpunkte sind zu respektieren, sprechen aber nicht zentral gegen die Durchführung des Gendertages. Ein für alle günstiger Termin würde nicht gefunden werden, der Stundenausfall des kursorischen Unterrichts ist durch die vorgesehenen Blocktage per se programmiert und der organisatorische Aufwand kann durch Erfahrungswerte und Routinen auf ein vertretbares Mass reduziert werden, wie die Erfahrungen der Schulen zeigen. Die Ergebnisse verweisen darauf, dass der Gendertag von gewissen Lehrpersonen als Aktionstag wahrgenommen wird, der sich vor allem auf Bedürfnisse und die gesellschaftliche Situation von Mädchen ausrichtet und die Knaben vernachlässigt. Diese Missverständnisse zum Gendertag als "Mädchenförderungstag" sind u.a. darauf zurückzuführen, dass das nationale Konzept als "Tochtertag" eingeführt wurde, bei dem die Knaben sozusagen "mitgedacht" werden mussten. Obwohl schon im Rahmen des nationalen Tochtertages Konzeptanpassungen getätigt wurden, um die Knaben besser einzubeziehen, hält sich die Vorstellung einer "Bevorteilung der Mädchen" weiterhin in den Köpfen. Beurteilung des Konzeptes Gendertag BL In den Interviews wird von den SL und KLP dargelegt, dass der initiierte top down Prozess, d.h. die kantonal empfohlene Fokussierung auf einen gemeinsamen Tag zur Thematik, hilft, die Beschäftigung aller (Lehrpersonen und Schüler/innen) mit dem Thema zu sichern, die Integration der Themen in den Unterricht im laufenden Schuljahr zu unterstützen sowie einen Kulturwandel in der Schule einzuleiten. Damit kann längerfristig eine gewisse Nachhaltigkeit erreicht werden. Das Konzept skizziert mit den vier Jahrgangsthemen einen verbindlichen Rahmen und wird wegen seines Aufbaucharakters, der darin eingelagerten Kontinuität sowie der Abdeckung relevanter Themen von Vielen als positiv beurteilt. Die Öffentlichkeitsarbeit, die Medienwirksamkeit und die Organisation der Besuche von Arbeitsplätzen sind mit der Anbindung an die nationale Kampagne viel grösser bzw. einfacher zu bewerkstelligen. In diesem Zusammenhang kann festgehalten werden, dass der Gendertag BL wie der nationale Tochtertag in der Aufbauarbeit und Weiterentwicklung gegenseitig voneinander profitieren konnten. Voraussetzung dafür, dass diese sich positiv ergänzenden Wirkungen einer Steuerung der Institutionalisierung durch die AG Gendertag auch eintreffen und Nachhaltigkeit im Sinne einer Verankerung der Thematik in der Schule erreicht werden kann, ist das professionelle Engagement der LP und der SL und die Bereitschaft, im Sinne von Schulentwicklung ein dem eigenen Unterricht übergeordnetes Konzept mitzutragen. Ein Teil der LP moniert die top down Vorgaben mit dem fixen Tag und den vier Jahrgangsthemen und fühlt sich bevormundet und eingeschränkt. Die Freiheitsgrade im Sinne der Teilautonomie sind für die Schulen jedoch vorhanden, so dass genügend Spielräume für inhaltlich kohärente Anpassungen und Schwerpunktsetzungen in der eigenen Schule möglich sind. Die von einigen LP eingebrachte Kritik der Unangemessenheit der Themen für diese Altersgruppe ist schwierig zu interpretieren oder zu verstehen, da diese Themen mit altersangemessenen Materialien und Aktivitäten behandelt werden können. Im Weiteren ist die Argumentation problematisch, da viele weitere Themen des Lehrplanes bei Jugendlichen auf Desinteresse stossen und dennoch von den Lehrpersonen fraglos eingefordert werden. Institutionalisierung Gendertag BL In diesen vier Jahren und unter Federführung des AVS ist es gelungen, das Konzept Gendertag in fast allen Schulen BL zu institutionalisieren und einen grossen Teil der Schulleitungen wie der Lehrerschaft für eine aktive Beteiligung am Gendertag zu gewinnen. Der Gendertag ist zu einer Selbstverständlichkeit und zum festen Bestandteil des jährlichen Schulprogrammes geworden. Die Verpflichtung für die Teilnahme ist fast überall vorhanden. Die Schulen befinden sich heute in einer Konsolidierungsphase. Anfängliche Widerstände sind grossmehrheitlich verschwunden, kritisch eingestellte Lehrpersonen haben sich mit der jährlichen Durchführung arrangiert und die SL und Kollegien leben damit, dass es immer einige LP geben wird, welche die Zielsetzungen und das Programm nicht akzeptieren. Für die Durchführung des GT sind standardisierte Routinen und inhaltliche Vorbereitungen vorhanden, was die zeitliche Belastung im Vergleich zur Anfangszeit stark reduziert hat. In der Routinisierung liegt aber auch die Gefahr, dass der Tag abgesessen, das Thema mit dem Tag abgehakt wird. Diese Gefahr ist vor allem dann gross, wenn zwar nicht mehr äussere, aber innere Widerstände vorhanden sind und "an der Sache gezweifelt" wird. Mit Blick auf die Namensgebung verweist das Ergebnis in Richtung eines Namenswechsels hin zum "Nationalen Zukunftstag, Seitenwechsel für Mädchen und Jungs" (50%). Aber immerhin 30% votieren für die Beibehaltung des Namens "Gendertag". In den Begründungen für einen Namenswechsel wird nochmals klar, dass der Begriff "Gendertag" aus verschiedenen Gründen zu wenig klar mit einer Berücksichtigung der Lebenssituation von sowohl Mädchen wie Knaben verbunden ist und negative Reaktionen auslöst ("Reizthema"). Jene LP, welche am Begriff festhalten möchten, befürchten eher eine "Verwässerung" und möchten eine Namensgebung, welche das Thema "beim Namen nennt". Interesse der Schülerinnen und Schüler Das Interesse der Schülerinnen und Schüler konnte aus Ressourcengründen nicht direkt erhoben werden, sondern nur über eine Einschätzung der KLP. Gemäss dieser Einschätzung stossen der Gendertag und seine Themen bei den Schülerinnen und Schülern grundsätzlich auf ein positives Echo und regen Diskussionen zu den Themen Berufswahl, Beruf, Familie und Lebensplanung in der Klasse an. Die einzelnen Themen des GT sind dabei von unterschiedlichem Interesse für die Schülerinnen und Schüler. Einen Tag mit einer Bezugsperson in einem Betrieb zu verbringen, scheint zu den Favoriten zu gehören, vor allem bei den Knaben. An zweiter Stelle steht das Thema der "Berufsvorstellungen erweitern". Bei diesem und allen weiteren Items sind die Mädchen in den Augen der KLP interessierter als die Knaben. Die Einschätzungen zu den Interessen der Schülerinnen und Schüler sind jedoch von den Überzeugungen der KLP abhängig. Die Ergebnisse verweisen darauf, dass Themen, welche expliziter die Geschlechterfrage aufnehmen, bei negativ eingestellten KLP dazu führen, dass sie das Interesse der Schülerinnen und Schüler an diesen Themen tiefer einstufen. Die Interessenseinschätzung wird zum Spiegel ihrer eigenen Interessen. Zudem neigen negativ eingestellte KLP dazu, die Interessen der Schüler als geringer einzustufen als jene der Schülerinnen. Auch hier wird die Interessenseinschätzung der Schüler zum Spiegel eigener Interessen und weist darauf hin, dass für diese KLP der "Gendertag" ein "Mädchentag" ist.