In drei von zehn Klassen des 5. Schuljahrs des Langgymnasiums an der Kantonsschule Zürcher Oberland (KZO) wurden im Wintersemester 2003/04 erste Erfahrungen mit einem sogenannten Selbstlernsemester gesammelt. Dies bedeutet, dass die Schülerinnen und Schüler über das ganze Semester hin reichende Lernaufträge erhielten, die sie einzeln oder in Gruppen zu bearbeiten hatten. Diese Arbeitsweise betraf sowohl die Grundlagenfächer Deutsch, Mathematik, Französisch und Englisch wie auch die Schwerpunktfächer (Griechisch, Latein und Physik) sowie den Sport. Die Begleitung und Betreuung durch die Lehrpersonen erfolgte im Rahmen von wöchentlich stattfindenden Sprechstunden oder im direkten persönlichen Kontakt (zum Teil per E-Mail) zwischen Lehrperson und Schüler/-in. Die Überprüfung und Beurteilung der Lernzielerreichung erfolgte über Quartals- und Semesterprüfungen sowie - in einzelnen Fächern - über periodische Lernkontrollen. Die externe Evaluation ist zu ausgesprochen positiven Schlussfolgerungen gelangt. So konnten die vorgegebenen Lernziele in allen acht betroffenen Fächern im gleichen Ausmass wie im Normalunterricht erreicht werden. Einzig in den beiden Klassen mit Sprachprofil bekundeten die Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik etwas erhöhte Schwierigkeiten, die Lehrziele zu erreichen. Knapp 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler geben an, mit der Lernform Selbstlernsemester über alle Fächer hinweg besser gelernt zu haben als mit dem gewohnten Unterricht, und nur gerade 5 Prozent bezeichnen diese Aussage als für sie nicht zutreffend. Nach Einschätzung aller Beteiligten haben sich die Schülerinnen und Schüler im Selbstlernsemester zudem in erheblichem Umfang überfachliche Kompetenzen angeeignet (Selbstverantwortung, Lernstrategien, Problemlösefähigkeit, Umgang mit der Zeit). Ebenfalls scheint man sich darin einig zu sein, dass das Selbstlernsemester an der Kantonsschule Zürcher Oberland einen Entwicklungsprozess in Richtung selbstständiges Lernen in der gymnasialen Ausbildung in Gang gesetzt hat, der unumkehrbar ist. Bis die Neuerung zum selbstverständlichen Bestandteil der gymnasialen Ausbildung geworden sein wird, gibt es aber noch einiges zu tun, und dies vor allem auf der Ebene der Lehrpersonen, die auf ihre neue Rolle besser vorzubereiten sind. Auch werden wohl noch neue Verfahren der Begleitung und der Kontrolle der Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln sein.