Für die Ätiologie von emotionalen Störungen wie auch von Verhaltensauffälligkeiten von Kindern sind familiäre Sozialisationsfaktoren von zentraler Bedeutung (Cummings, Davies & Campbell, 2000). Dabei kommt der Familienkompetenz der Eltern eine Schlüsselrolle zu. Gelingt es den Eltern, alltägliche Interaktionen angemessen zu gestalten und spezifische Entwicklungsaufgaben kompetent zu bewältigen (vgl. Beavers & Hampson, 1993), werden positive Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung und eine geringere Auftretenswahrscheinlichkeit kindlicher Störungen erwartet.
In einer Längsschnittstudie mit einer randomisierten Interventionsgruppe wird der Einfluss der mütterlichen Sensitivität gegenüber dem Kind auf dessen sozio-emotionalen Entwicklung sowie auf das Erziehungsverhalten der Eltern untersucht. Die Sensitivität der Mutter stellt ein wichtiger Einflussfaktor auf die kindliche Entwicklung im ersten Lebensjahr dar und wird durch eine Intervention systematisch variiert. Die Hälfte der teilnehmenden Mütter erhält ein Sensitivitätstraining (Freiburger Feinfühligkeitstraining für Eltern, FFTE), welches eigens für diese Studie aus bewährten Interventionsprogrammen entwickelt und erprobt wurde. Als Moderatorvariablen werden individuelle, familiäre und umweltbedingte Einflüsse berücksichtigt (z.B. Persönlichkeitsmerkmale, Paarzufriedenheit oder Kinderbetreuung). Die Datenerhebungen finden während der Schwangerschaft (Teilstichprobe), bei 5, 9 und 15 Monaten des Kindes statt. Im 6. und 10. Monat des Kindes werden Videoaufnahmen während Hausbesuchen gemacht.
Obwohl die Effektivität von Sensitivitätstrainings wie auch die positive Wirkung elterlicher Feinfühligkeit auf die kindliche Entwicklung nachgewiesen werden konnten, ist bislang noch ungenügend über die direkte Wirkung von Sensitivitätstrainings auf die Entwicklung des Kindes (mit Ausnahme der Bindungssicherheit) sowie die Paarbeziehung der Eltern geforscht worden. Deshalb besteht ein zentrales Ziel dieser Studie darin, den Sozialisationsfaktor „Sensitivität gegenüber kindlichen Bedürfnissen“ und dessen Auswirkung auf die frühkindliche Entwicklung, die Paardynamik und das Erziehungsverhalten der Eltern vertieft zu erforschen. Dabei werden andere relevante Faktoren der Eltern, des Kindes und der Umwelt miteinbezogen und die Wirksamkeit des FFTE der Prüfung an einer Schweizer Stichprobe unterzogen.