Die qualitative Untersuchung erforscht die Kultur der Sertanejo-Bauern aus dem Landesinnern des nordöstlichen Brasiliens unter veränderten ökonomischen Bedingungen und versucht aufzuzeigen, dass der Sertanejo aufgrund seiner historischen Elends- und Migrationserfahrungen seit der Kolonialzeit schon immer sozialen und ökonomischen Veränderungen, Diskriminierungen und Ausgrenzungen ausgesetzt war. Die Landarbeiter bilden die untersten Schichten in der Hierarchie der brasilianischen Gesellschaft: sie nehmen nur am Rande am sozialen, ökonomischen und politischen Geschehen der Gesellschaft teil und verinnerlichen das Stigma der sozialen Marginalisierung. Ihre landwirtschaftlichen Aktivitäten und die erarbeiteten Produkte werden als ökonomisch nicht wichtig gewertet. Sie sind Arme, die Nahrungsmittel für die untersten Schichten - lavoura de pobre - produziert. Somit ist ihr Stellenwert sehr niedrig, sie sind Aussenseiter, die selbst ihrer Bedeutung für die Gesellschaft entfremdet sind.
In der Region kann man das Zusammenleben unterschiedlicher Dynamiken der ökonomischen und sozialen Dimensionen beobachten. Es gibt eine Überlagerung der materiellen Bedingungen, die sich modernisieren und der sozialen, die sich stark negativ entwickeln. Die Industrien sind meist nur Fassade einer neuen Produktionsform. Arbeitsverträge zwischen Industrie und Arbeiterschaft existieren nicht. Meistens bilden sich Produktionsgenossenschaften, die die Industrie von allen Arbeitskosten und die Arbeiter von ihren Rechten befreien. Die Genossenschaften produzieren und arbeiten innerhalb der Industrien. Sie sind Pseudogenossenschaften die oft von den eigenen Industrien gebildet und geleitet werden.
Die Industrienunternehmen sind von ökonomischen Prinzipien und supraregionalen Interessen geprägt. Anhand der empirischen Daten wird die genossenschaftliche Arbeit besprochen: die Rekrutierung und die Formen der Arbeitsverträge; Produktionskontrolle und Disziplin innerhalb der Genossenschaft; Struktur der Genossenschaft und ihre Organisation; Formen der Arbeitslöhne; Grad des Bewusstseins der genossenschaftlichen Mitglieder; Arbeitsrecht und -bedingungen innerhalb der Genossenschaft.
Ceara erhielt in den letzten 2 Jahren 183 neue Unternehmen die sich in 37 Landkreisen installiert haben. Laut offizieller Daten der Sekretariats für die ökonomischen Entwicklung des Bundesstaats Ceara (2000) wurden 39.361 direkte und 157.444 indirekte Arbeitsplätze geschaffen (Programa de Promoçao Industrial e Atraçao de Investimento, Secretaria de Desenvolvimento Economico do Estado, 2000).
Nachdem ich einige Gastgemeinden dieser Industrien besucht habe, beschloss ich die Industriegenossenschaft in Itapajé zur Erfassung der relevanten Daten des Alltags, der Lebensweise und Weltsichten der Bevölkerung, auszuwählen. Itapajé ist eine kleine Gemeinde mit Agrartradition und liegt nicht sehr weit, d.h. 125 km, von der Hauptstadt Fortaleza entfernt. Somit waren kurzfristige Besuche zur Erfassung der Daten möglich. Derzeit kann ich noch nicht über die Kultur der Sertanejo sprechen da ich noch Daten sammle und darüber lese. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Diskussion über das Hybridsein der Camponeses und deren Familien weiterzuleiten und zu vertiefen.