Die Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Kanton Bern wird zum Anlass genommen, um die berufliche Karriere von Absolventinnen und Absolventen der in Auflösung begriffenen Seminare für Primarschulkräfte zu untersuchen. Die Ausbildungsinstitutionen verfügen über (damalige) Adressen der ehemaligen Seminaristinnen und Seminaristen sowie die Adressen der Eltern. Über Klassenlisten und Ehemaligen-Vereinigungen konnte in einem Vorprojekt eine Vielzahl der Adressen aktualisiert werden. Dies macht es möglich, Absolventinnen und Absolventen der Seminare ausfindig zu machen und über deren Berufskarriere, Lebenslauf und Biographie zu befragen. Damit kann ein Forschungsdesign realisiert werden, das vergleichen lässt zwischen Lehrkräften, die im Berufsfeld Schule verblieben sind, und solchen, die das Feld zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Berufskarriere verlassen haben, gar nie ins Berufsfeld eingestiegen sind oder das Feld verlassen haben, aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingetreten sind. Das Design erlaubt eine Erweiterung der bisherigen, zumeist auf "Überlebendendaten" beruhenden Analysen und Modellen zur Karriere bzw. Berufsbiographie von Lehrkräften und kann deren Validität überprüfen. Im Rahmen eines Belastungs-Bewältigungs-Ansatzes wird nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Karriereverlauf und dessen biographischer Verarbeitung bei den genannten Personengruppen gefragt, wobei sich durch die Differenzierung berufsrelevanter Statuskriterien weitere Vergleichsmöglichkeiten ergeben (wie z.B. Ausbildungsort, Patentierungsjahrgang, Geschlecht). Das Untersuchungsdesign wird zweistufig angelegt: Im Rahmen von vier Zeitschnitten (1963-65; 1973-75; 1983-85 und 1993-95) wird bei vier Kohorten von Absolventinnen und Absolventen der seminaristischen Lehrerinnen- und Lehrerbildung eine Vollerhebung angestrebt. Die Erhebung wird mittels standardisierter und postalischer Befragung durchgeführt, wobei Informationen anfallen, die einerseits Hypothesen über Herkunft, Karriereverlauf und aktuellen Berufsstatus der Probandinnen und Probanden prüfen lassen und andererseits eine Gruppierung der Befragten im Hinblick auf die Stichprobenbildung für die zweite, biographisch orientierte Projektphase erlauben (Screening). In der zweiten Projektphase werden die verschiedenen Verlaufstypen von Lehrerkarrieren, wie sie sich als Ergebnis der ersten Phase ergeben haben, im Rahmen von intensiven persönlichen Interviews in ihrem biographischen Gehalt erfasst. Dabei stehen Fragen der Belastung und Bewältigung, personale und soziale Ressourcen der Verarbeitung von Beanspruchung, Berufszufriedenheit sowie Formen der Relationierung von beruflicher und privater Karriere im Vordergrund. Das Projekt ist von grosser Bedeutung für die wissenschaftliche Analyse von Berufskarriere und -biographie von Lehrkräften, da es einen systematischen Vergleich von "Überlebenden" im Berufsfeld mit Berufsaussteigern bzw. -wechslern ermöglicht und damit einschlägige Biographiemodelle überprüfen lässt. Das Projekt ist auch von grossem praktischen Nutzen, insofern es systematische Erkenntnisse über den Berufsverlauf und dessen gelingender bzw. misslingender Bewältigung zulässt, was Verbesserungen in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung initiieren lässt.