Die Forschung an menschlichen Stammzellen verfolgt das Ziel, grundlegende Erkenntnisse über Entwicklungs- und Differenzierungsvorgänge beim Menschen zu gewinnen, die in vielfältiger Weise praktisch nutzbar wären, so z. B. in der Reproduktionsmedizin, für die Entwicklung von Pharmawirkstoffen, in der Toxikologie, als Alternative zu Tierversuchen. Sie birgt auch das Potenzial, erstmalige oder verbesserte Therapien für schwere Erkrankungen zu entwickeln, die heutzutage nicht oder nur unzureichend behandelt werden können. Gerade weil die Zielsetzungen der Forschung an menschlichen Stammzellen ethisch vertretbar und wünschenswert sind, wird in der Schweiz und auch international sehr kontrovers diskutiert, welche Teilbereiche der Forschung an menschlichen Stammzellen als notwendiges, verhältnismässiges und angemessenes Mittel zur Erreichung dieser Zielsetzungen einzuschätzen sind. Zur Erreichung dieser Zielsetzungen stützt sich die Stammzellenforschung nämlich auf menschliche adulte Stammzellen sowie - seit 1998 - auch auf menschliche embryonale Stammzellen. Diese beiden Gruppen von Stammzelltypen mit ihren jeweiligen Untergruppen sind sehr differenziert zu betrachten. Sie unterscheiden sich in ihrer Herkunft, der Art ihrer Gewinnung, ihrer Fähigkeit zur Vermehrung, in der Fähigkeit, zu wie vielen verschiedenen Zell- und Gewebetypen sie sich auszudifferenzieren vermögen sowie in ihren Anwendungspotenzialen. Zudem sind sie in rechtlicher und ethischer Hinsicht sehr unterschiedlich zu beurteilen. Insbesondere die Gewinnung von embryonalen Stammzellen stösst in ethische und rechtliche Grenzbereiche vor, da sie mit der Zerstörung menschlicher Embryonen einhergeht.
Während die öffentliche Debatte in der Schweiz - unter anderem bedingt durch die aktuelle Rechtslage - auf die Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen aus so genannten "überzähligen" Embryonen aus in-vitro-Fertilisation zugespitzt ist, stellt dieses Projekt diesen Aspekt bewusst in den Gesamtzusammenhang der Stammzellforschung. Damit leistet das Projekt nicht nur einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte über den Umgang mit menschlichen Embryonen in vitro, über den in der Schweiz im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum Embryonenforschungsgesetz bzw. Stammzellenforschungsgesetz entschieden werden muss. Es ist auch für Teilbereiche des geplanten Bundesgesetzes zur Forschung am Menschen relevant. Im Zusammenhang mit der Forschung an menschlichen Stammzellen sind folgende Fragen zu klären: Wie sollen innerhalb der Stammzellforschung Forschungsarbeiten an menschlichen adulten und an embryonalen Stammzellen zueinander gewichtet werden? Sofern eine Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen zum jetzigen Zeitpunkt in der Schweiz als wünschenswert erachtet wird: auf welche Typen menschlicher embryonaler Stammzellen soll sie sich in der Schweiz erstrecken? Soll auch die Gewinnung dieser menschlichen embryonalen Stammzelltypen in der Schweiz zulässig sein? An welche Bedingungen sollen diese Forschung an bzw. Gewinnung von menschlichen adulten und embryonalen Stammzellen geknüpft werden? Im Abschlussbericht werden Informationen und Argumente vorgelegt, die eine sachlich fundierte, breit abgestützte Meinungsbildung zu diesen Fragen unterstützen sollen.