Die Ergebnisse dieses Projektes zur prospektiven und sequentiellen Validierung der Vorhersage individueller Therapieverläufe in Abhängigkeit vom Behandlungssetting sowie einer störungsspezifischen oder allgemeinen Psychotherapie werden eine empirische Unterstützung der differentiellen Indikationsstellung in der Psychotherapie sowie eine Unterstützung der Supervision ermöglichen und prospektiv zumindest eine grobe Abschätzung der potentiellen Dauer einer Psychotherapie geben. Auf der Basis des hier beschriebenen grundlagenwissenschaftlichen Validierungsansatzes lassen sich somit konkrete Anwendungen für die klinische Praxis sowie gesundheitspolitische Entscheidungen (z.B. bezüglich der indizierten Dauer und Art der Therapie) weiterentwickeln bzw. ergänzend erarbeiten. Die Möglichkeit, individuelle Verlaufsvorhersagen für unterschiedliche Behandlungssettings bzw. unterschiedliche klinische Behandlungsmodalitäten im Rahmen einer patientenorientierten Psychotherapieforschung zu erstellen, lassen neue Möglichkeiten der Wissenschafts-Praxis-Integration denkbar erscheinen. Auf diese Weise erstellte Vorhersagen könnten die differentielle Entscheidung bezüglich der optimal auszuwählenden Behandlung sowie der konkreten Behandlung empirisch direkt unterstützen. Die Klinikerin bzw. der Kliniker könnte so die Möglichkeit erhalten Forschungsinformationen direkt im therapeutischen Alltag und bei der Behandlung des konkreten Patienten zu benutzen und anzuwenden. Die Studie kann Ausgangspunkt für weitere wichtige Forschungsfragestellungen sein. Insbesondere sind weitere Studien sinnvoll, welche spezifische Prädiktorenkombinationen für weitere Behandlungsmodalitäten (z.B. stationär versus ambulant, die Kombination von Psychotherapie und Psychopharmakotherapie und Psychotherapie) vor dem Hintergrund von Theorien zur optimalen Patienten- Behandlungsinteraktion auf ihren möglichen prädiktiven Beitrag hin untersuchen (z.B. Lutz & Grawe, 2000 a,b; Grawe 1998; Beutler, 2000). Auch sind Handlungs- bzw. Entscheidungsregeln zur Unterstützung der laufenden Therapie für die einzelnen Behandlungssettings und Modalitäten elaborierbar (Lutz et al., 1999; Lueger, Lutz, & Howard, 2000; Leon, Kopta, Howard, & Lutz, 1999). Eine empirisch zu untersuchende Frage, welche sich aus der beantragten Untersuchung ergibt, falls eine Validierung der Vorhersagemodelle gelingt, ist zum Beispiel die nach dem Wechsel einer Behandlungsmodalität im Verlauf einer Therapie oder auch was zu tun ist, wenn aufgezeigt werden kann, dass die Wahrscheinlichkeit für ein positives Ergebnis bei einem bestimmten Patienten negativ ausfällt. Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Patient vom vorhergesagten Verlauf abweicht und welche Erfolgswahrscheinlichkeiten hat ein Befolgen versus Nicht-Befolgen der Vorhersagen bzw. welche Erfolgswahrscheinlichkeiten sind mit welchem Settings- oder Modalitätenwechsel verbunden. Hier könnten ergänzende Studien zu den Möglichkeiten von Supervision unter Integration entsprechender Rückmeldesysteme (vgl. dazu etwa Lambert, Vermeersch, Smart, Nielsen, Whipple & Hawkins, 2000; Martinovich, 1998; Martinovich & Berg, 2000) sinnvoll werden. Ein weiterer wichtiger Schritt kann in der Weiterentwicklung entsprechender Modelle hin zu adaptiven Modellen bestehen. Das bedeutet, durch die Hinzunahme von Informationen zum Therapieprozess (z.B. in Form von Stundenbögen) könnte eine Optimierung entsprechender Modelle über den therapeutischen Prozess hinweg erreicht werden, was die Möglichkeiten zur Unterstützung der adaptiven Indikation erweitern würde (dazu Lutz, Rafaeli-Mor, Howard, Martinovich, 2000; Lutz & Grawe, 2000 a,b). Es sei auch darauf hingewiesen, dass eine weitere störungsspezifische Präzisierung entsprechender Modelle vorgenommen werden könnte (Schulte, 1998). Zum Beispiel wäre es wünschenswert, entsprechende Modelle für Patienten mit depressiven Zustandsbildern oder Angststörungen zu entwickeln, um auch hier eine gezielte individuumsspezifische Behandlung unterstützen zu können.