Hervorzuheben sind im einzelnen die folgenden Befunde:
- Das mögliche Thematisierungsspektrum des Traktandums EWR wird rigoros auf wirtschaftliche Aspekte reduziert oder aber es werden in den Artikeln derart viele thematische Dimensionen angetippt, dass sich kein Hauptthema mehr ermitteln lässt, was von Beliebigkeit der kognitiven Verarbeitung der Vorlage durch die Journalisten zeugt. Sehr häufig, in ca. 1/3 der Beiträge, werden überdies nicht Aspekte des Vertragswerkes thematisiert, sondern die Abstimmung als solche.
- Argumentieren meint in den untersuchten 47 Artikeln des Tages-Anzeigers und den 30 Beiträgen von Blick vor allem, Feststellungen zu treffen, die nicht näher begründet werden. Damit werden zwar gegensätzliche Positionen aufgezeigt, die Argumentation bleibt indes meist rudimentär, klärt Zusammenhänge wenig und ermangelt so der Schlüssigkeit. Zitate, oft aus dem Kontext gerissen, auch wenn ihre Urheber benannt werden, bleiben vielfach deutungsoffen.
- Diese Einseitigkeit in der Reduktion der thematischen Komplexität der EWR-Vorlage bzw. die geringe thematische Profilierung derselben durch die Presse, dies zusammen mit einer medialen Argumentationskultur, die den Stimmbürgern kaum Konsequenzen ihres möglichen politischen Entscheides schlüssig dartat, führten zu einer Medienkonstruktion des in Frage stehenden Prozesses von Politikherstellung, die offenbar weitgehend abgehoben von den relevanten Dimensionen der Meinungsbildung der Elektoratsmehrheit angesiedelt war. Denn wo in den Medien profiliert thematisiert und argumentiert wurde, dann doch in erster Linie unter ökonomischem Blickwinkel und nicht unter dem viel elementarer perzipierten des Identitätsverlusts.
- Das Ereignismanagement von Parteien und andern Organisationen findet seinen klaren Niederschlag in den redaktionellen Beiträgen, wobei sich hier vor allem Nachrichtenagenturen für solche Strategien empfänglich zeigen.
- Journalisten verschleiern ihre politischen Intentionen und praktizieren die Strategie der Instrumentellen Aktualisierung: Die politische Meinung wird nicht direkt, sondern über das Zitat fremder Meinungen wiedergegeben, wobei vor allem Personen und Kollektive zu Wort kommen, die die eigene redaktionelle Linie stützen.
- Bei der Inseratekampagne schliesslich wird eine unterschiedlich grosse strategische Kompetenz bei Gegnern und Befürwortern deutlich. Dies zeigt sich u. a. darin, dass die Befürworter die Kampagne regelrecht verschliefen und auch nicht zu einer eigenen positiven Argumentationslinie fanden, sondern überwiegend defensiv auf diejenige der Gegner lediglich reagierten. Sie verdoppelten somit defensiv-reaktiv noch den Negativismus der Kontra-Kampagne.