Teilprojekt des SPP-Verbundes "Freiheit und Zwang zur Individualisierung".
Ausgangspunkt des Projektes bildet die These von der zunehmenden Individualisierung und der damit verbundenen Pluralisierung der modernen Gesellschaft. Zum einen fragt es, wie stark und in welche Richtung der wirtschaftliche und soziale Wandel die sozioökonomische Lage der Menschen veränderte und welche Auswirkungen dies für sie hatte. Zum anderen untersucht es, wie die Menschen, Frauen und Männer, Jugendliche, damit umgingen, wie sie ihre kulturelle Praxis unter dem Einfluss der neuen Entscheidungs- und Handlungsvoraussetzungen geändert haben. Mit sowohl quantitativ wie qualitativ angelegten Makro-Mikro-Analysen des Wandels der Lebensführung und des Lebensstils seit den 1950er Jahren bis heute sollen diese Thesen empirisch geklärt und die Ergebnisse mit Sicht auch auf die Zukunft der Schweiz diskutiert werden. Methodisch stützt sich das Projekt auf die neueren Ansätze der Lebensstilanalyse. Denn wie kaum ein anderer Teil der kulturellen Praxis sind die Lebensführung und der Lebensstil mit den Produktions- und Reproduktionsstrukturen ebenso eng verknüpft wie mit den Mentalitäten, den Werten und Normen, den Einstellungen und Präferenzen der Menschen. Lebensstilanalysen stellen die kulturelle Praxis ins Zentrum, was aber nicht heisst, an die Stelle von Klasse den Status, an die Stelle von Lebenschancen etwa Lebensstile, an die Stelle von Ressourcen etwa Kultur- und Konsummuster treten zu lassen. Zudem erleichtern sie aber auch die historische Respezifizierung einer allgemeinen Ungleichheitstheorie und zwar deshalb, weil sie distributive und relationale Ungleichheitsverhältnisse mit der Grammatik einer historischen Lebensform und dem kulturellen Sinn und der Bedeutung von individueller Lebensführung zu verknüpfen erlauben. Indem sie Homologien zwischen dem Raum der Klassen und dem Raum der Lebensstile nachgehen, verknüpfen sie Arbeit mit Freizeit, Erwerb und Einkommen mit Konsum und vermögen so, die kulturelle Praxis der Menschen und deren sozioökonomische Bedingtheiten differenzierter in den Blick zu bekommen. Sie verbinden dadurch Makro- und Mikroebene, strukturelle und prozessuale Aspekte und vermeiden jeglichen Strukturalismus oder Ökonomismus, der von der sozialstrukturellen Position oder der sozioökonomischen Lage direkt auf spezifisches Verhalten schliesst.