Die Identität wird ausgehend von Rosenberg (1979) als Schemastruktur definiert, die die zentralen Aspekte des Selbstbildes umfasst, die Kontinuität in Zeit und über Situationen und die Übereinstimmung mit Bezugspersonen, Sachen und abstrakten Überzeugungen ermöglicht. Die Identität wird prozesshaft mit den drei Dimensionen Kontrollmeinung, Bewertung und biographische Dimension differenziert.
Entwicklung wird ausgehend vom Konzept der bedeutsamen Lebensereignisse als lebenslange Spirale gedacht, die die Richtung der strukturellen Differenzierung und Integration verfolgt. Jede Spirale durchläuft vier Phasen: Ausgangspunkt; Stress aufgrund neuer, nicht sofort bewältigbarer bedeutsamer Lebensereignisse; Bewältigung; Wohlbefinden.
Angewandt auf das Identitätskonzept werden die vier Phasen in strukturalistischer Manier undifferenzierte integrierte Identität, desorganisierte Identität, partiell neukonstruierte Identität und differenzierte und integrierte Identität genannt. Aufgrund der Regulation der drei Identitäts- Dimensionen Kontrollmeinung, Bewertung und bedeutsame Lebensereignisse werden die vier Zustände der Identitätsentwicklung präzisiert. In einem prozessorientierten Zugang wird die These abgeleitet, Identität als Ergebnis der Krisenbewältigung und als persönliche Ressource zu verstehen. Identität interagiert also mit dem Bewältigungsverhalten.
Dieses Modell der Identitätsentwicklung wird anhand zweier, für Jugendliche zentraler Identitätsinhalte exemplifiziert: Die persönliche Identität und die elternbezogene Identität, kurz: Elternbeziehung.
Operational werden die vier Zustände der persönlichen Identität mit den Dimensionen Kontrollmeinung im individuellen Bereich, Selbstwert und bedeutsame Lebensereignisse im individuellen Bereich definiert. Die vier Phasen der Elternablösung werden mit der Kontrollmeinung bei Konflikten mit den Eltern, der Wichtigkeit der Kontrolle bei Konflikten mit den Eltern und bedeutsamen Lebensereignissen im zwischenmenschlichen Bereich gefasst. Der Verlauf der Identitätsentwicklung gilt dann als bestätigt, wenn sich (a) Jugendliche kontinuierlich von der undifferenzierten und integrierten zur differenzierten integrierten Identität bewegen und (b) sich jüngere Jugendliche eher im Zustand der undifferenzierten integrierten, ältere Jugendliche hingegen eher im Zustand der differenzierten integrierten Identität befinden.
Mit Hilfe eines Längsschnittdatensatzes mit insgesamt 4201 Jugendlichen im Alter von 14-20 Jahren zu Kontrollattributionen, Wohlbefinden und bedeutsamen Lebensereignissen wurden die vier Stufen überprüft. Im Längsschnittpanel befinden sich 392 Jugendliche.