Hier - Dort - Dazwischen. Lebenswelten multilokal Wohnender im Spannungsfeld von Bewegung und Verankerung

Ref. 10816

Allgemeine Beschreibung

Periode

2006 bis 2011

Geographischer Raum

-

Zusätzliche geographische Informationen

Schweiz

Kurzbeschreibung

Immer mehr Menschen wohnen multilokal. Diese Beobachtung bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Studie. Multilokales Wohnen bezeichnet die Lebensführung über zwei oder mehr Wohnstandorte hinweg. Dabei handelt es sich um eine gesellschaftliche Erscheinung, welche per se nicht neu ist, sich aber im Kontext des beschleunigten sozialen Wandels in der Spätmoderne im Umbruch befindet. Als solche steht sie in Wechselwirkung mit zahlreichen gesellschaftlichen Handlungsfeldern: Wohn- und Mobilitätsinfrastrukturen, Siedlungsentwicklung, bürgerschaftliches Engagement, soziale Beziehungen (Partnerschaft, Familie, Nachbarschaft), Investitionsverhalten, Finanzausgleich u. a. m. Multilokales Wohnen erweist sich als ambivalentes und vielschichtiges Phänomen, das sich als solches einer bipolaren Weltsicht versperrt. Vielmehr bewegt es sich in einem Gefüge unterschiedlicher Spannungsfelder: zwischen Hier und Dort, zwischen Bewegung und Verankerung, zwischen Zwang und Freiwilligkeit, zwischen strukturellen Bedingungen und individuellem Handeln. Vor diesem Hintergrund eröffnet sich eine imposante phänomenologische Breite: Multilokales Wohnen liegt quer zu Schichten, Lebensstilen und Lebensphasen; die Veranlassungen zur Eröffnung multilokaler Wohnarrangements übersteigen die Pole Freizeit- versus Berufsbedingtheit bei weitem; eine Vielfalt an Ausprägungsformen ist gekoppelt mit einer Vielfalt an genutzten Unterkunftsformen. Vorrangiges Ziel war es, ebendiese phänomenologische Breite des multilokalen Wohnens erstmals explorativ zu erschliessen. Das an der phänomenologischen Soziologie orientierte qualitative Forschungsdesign stellt die alltägliche Lebenspraxis multilokaler Akteurinnen und Akteure in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Fragestellungen richten sich auf die mit einer multilokalen Wohnpraxis einhergehenden Handlungsmuster und Bedeutungsstrukturen, wobei sowohl die jeweiligen Wohnorte als auch der Raum zwischen Hier und Dort in den Blick genommen werden. Methodisches Herzstück bilden 31 qualitative Interviews mit insgesamt 36 von multilokalem Wohnen Betroffenen in der Schweiz, darunter fünf Partnerinnen und Partner multilokal Wohnender. Darüber hinaus wurde zur Illustration des weiten Verweisungszusammenhangs multilokaler Lebensführungen eine Reihe zusätzlicher Quellen zusammengetragen. Die Analyse des Datenmaterials zeitigte bald eine zentrale Erkenntnis: Das Verhältnis der jeweiligen Wohnsituationen zueinander ist konstitutiv für das gelebte und erlebte multilokale Arrangement. Hieraus speist sich wiederum das hauptsächliche Ergebnis der vorliegenden Studie: eine Realtypologie von Lebenswelten multilokal Wohnender. Mittels einer Realtypologie - d. h. entworfen aus der Beschäftigung mit dem empirischen Material - kann das heterogene und komplexe Phänomen geordnet, systematisiert und verstehbar gemacht werden. Infolge der vorliegenden Analyse multilokalen Wohnens tritt ein Phänomen zutage, welches keinem bisher bestehenden wissenschaftlichen Forschungszweig gänzlich zuordenbar, sondern als eigenständige sozial-räumliche Strategie zu qualifizieren ist. Daher regt die Studie auch dazu an, viele der aufgeworfenen Themen, Thesen und Fragen im Rahmen eines zu etablierenden Forschungsparadigmas Multilocality Studies weiter zu vertiefen.

Resultate

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