Das Projekt Professional Minds: Entwicklung und Validierung von Kompetenzprofilen untersucht folgende Fragestellungen:
1) Welche Kompetenzprofile benötigen Lehrpersonen an Beruffachschulen, um das alltägliche Unterrichtsgeschehen optimal zu bewältigen?
2) Wie lassen sich Kompetenzen von Lehrpersonen messen?
3) Wie kann die Qualität von Kompetenzprofilen definiert werden?
4) Wie unterscheiden sich Nicht-Lehrpersonen, Lehrpersonen und Experten hinsichtlich der Kompetenzstruktur?
5) Lassen sich Unterschiede in der Kompetenzstruktur innerhalb der Lehrpersonengruppe finden.
Zur Beantwortung der Fragen wurde in einem ersten Schritt (2003-2006) eine qualitativ ausgerichtete Quasi-Delphi-Studie durchgeführt. In dieser wurden während 4 Runden gemeinsam mit Experten und mit Lehrpersonen unterschiedlichen Erfahrungsgrades Kompetenzprofile entwickelt. Es handelt sich dabei um einen bottum-up Ansatz, der die Situativität des Berufsschulunterrichts erfassen kann. In der vierten Runde wurden die entwickelten Kompetenzprofile mit einem quantitativen Fragebogens an einer Stichprobe von 789 Personen (vorwiegend Berufsschullehrpersonen aber auch Schulleiter und Politiker) evaluiert. Die Daten wurden mit Hilfe des statistischen Auswertungsprogramms SPSS ausgewertet. Die Kompetenzmessung beruht auf dem advokatorischen Zugang, der eine Kombination der Selbstevaluation und der Fremdevaluation darstellt. Somit wurde ein neuer und innovativer Zugang der Kompetenzmessung geschaffen, der es ermöglicht die Nachteile der Selbstevaluation (u.a. geringe prognostische Validität) und der Fremdevaluation (u.a. hohe personelle und finanzielle Ressourcen und nicht zu unterschätzende Beobachterverzerrungen) zu überwinden. Der Kern der Kompetenzmessung macht eine Filmvignette aus, die authentisches Lehrerhandeln in einer spezifischen Unterrichtssituation zeigt. Die Filmvignette ist integriert in ein Diagnoseinstrument, das zusätzliche Fragen zur Person aber auch zum Beobachteten erfragt. An der Untersuchung teilnehmende Berufsschulehrpersonen können die Filmvignette mit Hilfe eines computergesteuerten Tools ansehen. Vorher müssen Sie einige Fragen zur Person beantworten, danach beobachten sie das gezeigte Lehrerhandeln und schätzen das Gesehene auf verschiedenen Qualitätsdimensionen, die für das jeweilige Kompetenzprofil wichtig ist ein. Dahinter steckt die Annahme, dass die Kompetenzstruktur einer Lehrperson über das Einschätzen und Bewerten von einer stellvertretenden, handelnden Lehrperson sichtbar gemacht werden kann (=advokatorisch). Die Auswertung erfolgt wiederum mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS und mit AMOS als Ergänzung. Zur Frage nach der Qualität der Kompetenzprofile und auch des Lehrerhandeln werden Expertenratings durchgeführt, da die Kompetenzmessung allein nichts über die Qualität aussagt. Die Expertenratings stellen einen qualitativ orientierten Konsensfindungsprozess dar, bei dem insbesondere die qualitativen, reflexiven Statements der Experten mit deren Begründungsstruktur von Bedeutung sind.
Bei den Datenerhebungen handelt es sich um Querschnittuntersuchungen, wobei die Teilnahme an der Untersuchung auf freiwilliger Basis geschieht. Zur Generierung der Kompetenzprofile nahm je nach Runde eine unterschiedliche Anzahl an Personen teil. Ziel der ersten Quasi-Delphi-Runde war das Sammeln möglichst vieler herausfordernder Situationen aus dem Berufsalltag von Experten/innen und mögliche Handlungsmustern mit denen auf solche Situationen reagiert wird, in Erfahrung zu bringen. Die Stichprobe setzte sich aus 21 Experten und Expertinnen zusammen, die als Berufsfachschullehrpersonen mit mehrjähriger Erfahrung aus verschiedenen Tätigkeitsfeldern kamen. Von den 21 Experten der ersten Delphi-Runde nahmen in der zweiten Runde noch 14 teil. In einem ersten Schritt wurden die bereits zusammengetragenen herausfordernden Alltagssituationen auf einer fünf-stufigen Skala in ihrer Bedeutsamkeit eingeschätzt, um den Konsens zwischen den beteiligten Experten zu prüfen. Zusätzlich wurden 92 Studierende, die sich in Ausbildung zur Lehrperson befanden, befragt. Die Studierenden setzten andere Schwerpunkte und formulierten handlungsrelevante Situationen aus einem anderen Blickwinkel als die Experten. Dadurch konnte der Pool an alltäglich handlungsrelevanten Situationen mit entsprechenden Handlungsmustern um 173 erweitert werden.
Tabelle 1: Zusammensetzung der Stichprobe der Quasi-Delphi-Studie Runden Gesamtstichprobe (n) Berufsfelder Delphi - 1 21 Experten (51% aus der Deutschschweiz, 49% aus der französischsprachigen Schweiz) Berufsfachschullehrpersonen mit langjähriger Erfahrung aus:
a) industriellen, technischen und handwerklichen Berufe,
b) Organisations-, Verwaltungs- Büro und Handelsberufen,
c) gastgewerblichen und hauswirtschaftlichen Berufe,
d) sozialen und Pflegeberufen
e) der Allgemeinbildung
Delphi - 2
14 Experten 92 Studierende (aus der Delphi-Runde 1) angehende Lehrpersonen noch in Ausbildung sowohl aus der Deu