Paarberatung und Scheidungsberatung/Mediation gleichen sich je im ganzen Kanton in Bezug auf alle untersuchten Elemente, d.h. Bezeichnung, Rechtsform, Trägerschaft, Angebot, Finanzierung, Mitarbeitende, Klientel. Die öffentlichen Beratungsstellen beziehen ihre Legiti-mation - verkürzt gesagt - aus der Sorge der Kirchen um die Ehe und jener der Jugendsekretariate um die in Paarkonflikte involvierten Kinder. Da auf dieser Legitimation auch ihre Finanzierung beruht, wird überall etwa das Gleiche angeboten.
Es gibt aber doch Unterschiede: Zum einen in Bezug auf Details in praktisch jedem der genannten Elemente, was aus der Entstehungsgeschichte und der pragmatischen Suche nach Lösungen erklärbar ist. Diese regionalen Einzelgänge zeugen zwar von der guten Veranke-rung der Stellen in den Bezirken, aber ebenso von ihrem beträchtlichen Aufwand, wenn sie je für die gleichen Fragen eigene Wege finden wollen - zumal wenn die Fragen nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören (z.B. Statistik, Internetauftritt, Kundenbefragung etc.).
Zum andern weisen die Bandbreiten in den Kenngrössen darauf hin, dass - mit allen Vorbehalten in bezug auf die Korrektheit der Daten - beträchtliche Ungleichheiten im Kanton bestehen: Die Abdeckung des Kantonsgebiets mit Beratungsleistungen variiert ebenso von Bezirk zu Bezirk, wie der Aufwand pro Beratung oder pro Kopf der Bevölkerung, der Kostendeckungsgrad und die Anteile der Kirchen bzw. des Kantons an der Finanzierung.
Es ist mehrmals vor voreiligen Schlüssen gewarnt worden, aber es ist doch anzunehmen, dass diese Ungleichheiten auf regionale Entwicklungsdynamiken zurückzuführen sind, welche stark von den jeweiligen Akteuren geprägt werden. Möglicherweise entsprechen sie damit den regionalen Bedürfnissen - aber auch da sind mindestens Zweifel angebracht, angesichts der quantitativen Auseinanderentwicklung des relativ stagnierenden Beratungsangebot bei steigender Zahl Trennungen bzw. Scheidungen.
In den Interviews kam kein Zweifel auf, dass alle Beratungsstellen ihren Auftrag sehr ernst nehmen und ihn fachkompetent und mit grossen Einsatz ausführen. Das einzelne Paar, die Partner, die Kinder und ihre Probleme stehen - richtigerweise - im Zentrum der Beratung. Die Stellen sind mit Beratungsaufträgen im Allgemeinen gut ausgelastet, und trotzdem können sie die Nachfrage mit akzeptabeln Wartezeiten befriedigen. Für Veränderungen besteht daher aus ihrer Sicht wenig Anlass.
Es fehlt jedoch ein Organ, welches die Gesamtperspektive in den Blick nimmt, und das für ein Entwicklungskonzept sorgt. Die Landeskirchen haben letztmals 2003 einen Versuch gemacht, die Steuerung auf überregionaler Ebene zu verbessern und sind damit auf wenig Sympathie bei den Beratungsstellen und ihren Trägerschaften gestossen. Der Kanton seinerseits beschränkt sich auf die Ausrichtung des Staatsbeitrags.
Beidseits wächst dennoch das Bewusstsein, dass Reformen nötig sind. Als Perspektive für die Zukunft ist daraus abzuleiten, dass eine Form des Vorgehens gefunden werden muss, welche einerseits die regionale Verankerung erhält, andererseits aber auf die Fragen gemeinsame Antworten findet, welche sich in mehreren oder allen Regionen stellen. Die ersten Schritte in diese Richtung müssen von den für die kantonale Ebene verantwortlichen Organen des Kantons und der Landeskirchen gemacht werden - am besten gemeinsam.