Im Rahmen einer Längsschnittstudie zur weiteren Laufbahn von Kindern, die bei Schuleintritt bereits weitgehend lesen und rechnen konnten (s. Informationen 00:008 und 01:047), konnten 317 der ursprünglich 400 Frühlesenden und/oder Frührechnenden (FLR) auch in ihrem letzten Schuljahr wiederum befragt und getestet werden. Befragt wurden auch die Lehrerinnen und Lehrer der Prüflinge (N = ebenfalls 317). Hinzu kamen 151 Einzelinterviews und 10 Fallstudien. Das Projekt wird noch bis ins Jahr 2008 andauern, dem Jahr, in welchem die Mitglieder der FLR-Gruppe das 20. Altersjahr vollenden werden. Die Ergebnisse des Teilprojekts FLR 2003 lassen erkennen, dass sich die Kinder aus der Gruppe der Frühlesenden und Frührechnenden auch nach acht Jahren noch deutlich von den Kindern der Kontrollgruppe unterscheiden; dies gilt allerdings nur für den kognitiven Bereich. Was Eigenschaften wie Kreativität oder Sozialkompetenz anbelangt, lassen sich keine Unterschiede feststellen. Es gibt durchaus auch ehemalige Frühlesende und -rechnende, die schon in der 3. Primarklasse ihren Vorsprung auf ihre Klassenkameraden eingebüsst haben. Entscheidend scheinen in diesem Zusammenhang die Beweggründe zu sein, aus welchen sich ein Kind die Lese- oder Rechenfähigkeiten früher angeeignet hat als die anderen. Kinder, denen diese Fähigkeiten quasi von aussen aufgedrängt wurden, fallen ziemlcih schnell wieder aufs Normalmass zurück. Wer sich die Kenntnisse aber aus Eigeninitiative angeeignet hat, gehört in der Regel auch acht Jahre später noch zum oberen Leistungsdrittel. Davon ausgenommen sind allerdings die 13% der Frühlesenden und/oder Frührechnenden, die ab dem 3. Schuljahr teils dramatische Leistungsabfälle zu verzeichnen hatten und nun zu den sogenannten Minderleistern oder "Underachievers" gehören und häufig in anforderungsarmen Schultypen gelandet sind. Überdurchschnittlich viele dieser Minderleister haben im Verlauf ihrer Schulzeit eine Klasse übersprungen. Allgemein lässt sich sagen, dass mit zunehmenden Schulalter die Lernbiografie immer wichtiger wird. Die begabtesten Schülerinnen und Schüler sind nicht unbedingt die erfolgreichsten, und die Erfolgreichsten sind nicht unbedingt die Begabtesten. Die Motivation etwa scheint wichtiger zu sein als die Begabung. Dies zeigen unter anderem die Underachievers, die trotz überdurchschnittlicher kognitiver Fähigkeiten die Chance nicht wahrnehmen, ihre Fähigkeiten auszubauen, und sich deshalb von deutlich weniger intelligenten Jugendlichen überholen lassen müssen.