SWISSUbase will not be available due to maintenance on 24.06.25 between 12:00 and 13:00 CEST.

Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und Verwaltung: Persuasion, Information oder Dialog?

Ref. 6927

General description

Period

2000-2001

Geographical Area

-

Additional Geographical Information​

Schweiz: Bund, alle Kantone, ausgewählte Kantonshauptorte: Genf, Lausanne, Neuchâtel, Sion, Zürich, Luzern, Bern, Herisau, Chur

Abstract

In the face of the weakening of traditional social ties, the increasing influence of mass media, the growing need for the legitimation of government intervention, and the profound impact of the principles of New Public Management on administrative reform, governments and administrative agencies must pay closer attention to the role and effectiveness of public relations. In response to the perceived need to improve the effectiveness and legitimacy of government policies, in light of citizens' political alienation, there is an increasing demand for more extensive dialog focused and participatory modes of public relations. Despite the growing importance and demand for improved public relations, there is, particularly in Switzerland, a lack of systematic scholarly analysis of the use of public relations by governments and administrative agencies. Our project will meet these research needs by studying public relations by government and administrative agencies of cities, cantons, and at the federal level, with an emphasis on the everyday process of policy formulation and implementation. For this purpose, we employ an interdisciplinary approach such that our theoretical framework is drawn from the fields of policy analysis, communication and administrative studies. We also adopt a broad understanding of the concept of public relations which includes organizations' internal and external communications. Our analysis embraces various models and goals, however, we distinguish between three communication styles: persuasion (influencing), information (objective), and dialog (argumentative). Our analysis focuses on the three following research problems: First, we are interested in the descriptive task of determining what public relations instruments are used, in general, by governments and administrative agencies, in particular, what kind of dialog-focused and participatory instruments are used. Thus, in addition to classical PR instruments, i.e. direct mail and press conferences, we will also be considering dialog-focused instruments, such as citizen forums, focus groups, or customer surveys. Second, we want to explain how PR agents in administrative agencies and governments choose from the instruments at hand, by examining the underlying structural features and contexts, and how they justify their use. For this purpose, we combine the independent variables identified in PR research, e.g., professionalization, autonomous action, and proximity to/distance from the decisionmaking center, with policy and administrative studies concepts, e.g., administrative structure and culture, policy area and content, as well as the division of federal tasks. Third, our project evaluates the conditions for success in dialog-focused and participatory public relations: We are interested in whether government and administrative agents are successful in meeting the "people-oriented" administrative demands, formulated in new public management, and under what conditions the procedural goals can be successfully implemented. The methods of this project include a standardized survey (exhaustive sampling of PR agents in the federal government, cantons, and cities) as well as case-studies based on expert interviews (PR specialists and other administrative agents involved in PR, PR recipients) and the analysis of documents. The standardized survey will be used to collect data on public relations and its formative conditions at the federal, cantonal, and city levels, by concentrating on dialog-focused and participatory instruments. The choice of case studies will be determined by the results of the standardized survey. The case studies will examine, in depth, the conditions for success of the various instruments, as well as, the impact of current administrative reforms on the field of public relations.

Results

1. Profile: Hinsichtlich der Profile der ÖffentlichkeitsarbeiterInnen gilt es drei Merkmale hervorzuheben: die Unterscheidung in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Funktionszuschreibungen, die beschränkte Berufsquote und die begrenzte Professionalisierung. Erstens wird die Öffentlichkeitsarbeit im wesentlichen von zwei ganz unterschiedlichen Gruppen realisiert: - Zum einen sind dies Personen, deren primäre Funktionszuschreibung die Öffentlichkeitsarbeit ist und die in Organigrammen mit Bezeichnungen wie Pressesprecher, Kommunikations- oder Informations-beauftragte o.ä. aufgeführt sind. Wir nennen diese Informationsverantwortliche. Sie machen in unserem Sample rund einen Viertel aus (26%). -Die zweite Gruppe betreibt Öffentlichkeitsarbeit nebenher und nimmt primär andere Funktionen wahr (v.a. KanzlerInnen, DepartementsekretärInnen oder AmtschefInnen). Wir nennen diese leitende Verwaltungsangestellte. Sie stellen in unserem Sample mit 59% deutlich die Mehrheit. Allein diese Aufteilung zeigt, dass die Öffentlichkeitsarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden ein Tätigkeitsfeld darstellt, das kaum als eigentliches Berufsfeld umschrieben werden kann. Damit ist auch das zweite Merkmal genannt: Die Berufsquote (Anstellungsgrad * Anteil Öffentlichkeitsarbeit/100) ist bei den Personen, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind, beschränkt. Sie beträgt im Durchschnitt 24.9 und klettert erst bei den Informationsverantwortlichen auf den Wert von 55.9 und bei den Informationsverantwortlichen des Bundes auf 67.4. Damit verbunden ist drittens auch eine beschränkte Professionalisierung. Wenn wir nämlich die Kriterien der Berufssoziologie anwenden und fragen, inwieweit bei der staatlichen PR ein Wandel von einem Beruf hin zu einer Profession im Sinne einer berufsständisch organisierten Ausbildung und einem Berufsrollenhandeln mit der Nutzung der PR-Instrumente stattgefunden hat, kommen wir zum Schluss einer beschränkten Professionalisierung. Diese Befunde decken sich mit den Ergebnissen des Projekts Jarren, die zum Schluss kamen, dass Professionalisierungstendenzen in der Schweiz generell im PR Bereich nur bedingt erkennbar sind. 2. Organisation In Bezug auf die formellen Strukturen der Organisation ist Verzahnung wohl die beste Umschreibung; sie charakterisiert sich durch Einbindung einerseits, und Grenzen der Handlungsautonomie andererseits: - Einbindung: Zum einen verfügen die Informationsverantwortlichen über einen starken Einfluss indem eine deutliche Mehrheit (62%) zusammen mit den politisch Verantwortlichen über die strategische Planung (Eberslöh 1981; Beike 1980; Bruhn 1987) der Öffentlichkeitsarbeit entscheiden. Auch die Tatsache, dass 86% der Informationsverantwortlichen die Aussage zutreffend finden, in ihrer Verwaltungseinheit würde die "Öffentlichkeitsarbeit als unerlässlicher Teil jeglichen Regierungs- und Verwaltungshandeln angesehen" deutet auf eine gute Einbindung hin. Darüber hinaus haben wir auch den Zugang zur 'unsicheren Ressource' Hintergrund-Information (Röttger 2000: 244) beleuchtet. Die Antworten auf die Frage, wie der Informationsstand in bezug "auf Zugang zu Hintergrundwissen über politische Entscheidungsprozesse" eingeschätzt wird, deutet ebenfalls auf gute Einbindung hin (27% 'sehr gut'; 59% 'eher gut'). - Begrenzte Handlungsautonomie: Die starke Einbindung legt eine enge Zusammenarbeit mit den politischen Verantwortlichen offen. Die Handlungsautonomie der PR-Verantwortlichen ist damit beschränkt. Dies untermauern weitere Befunde: So geschieht die Koordination der Öffentlichkeitsarbeit im Wesentlichen innerhalb eines Departements und folgt dem Ressortprinzip. Zudem ist die Aussenkommunikation keineswegs konzentriert bei den Informationsverantwortlichen angesiedelt. Auskünfte an die BürgerInnen, zuhanden der Medien und von Interessenorganisationen werden in der jeweiligen Verwaltungseinheit auch von den leitenden Verwaltungsangestellten und zu einem hohen Masse ebenso von den sachlich Zuständigen in der Verwaltung erteilt. Die organisatorische Einbettung schlägt sich auch auf der Ebene der Handlungsorientierung nieder. Zwischen regierungsnahen und regierungsfernen Informationsverantwortlichen besteht eine strategische Aufgabenteilung (Pfetsch/Dahlke 1996: 151): In Regierungsnähe gewinnt die strategische Ausrichtung der Öffentlichkeitsarbeit auf das Entscheid- und Issuemanagement an Bedeutung (vgl. unten); parlamentarische und ausserparlamentarische Akteure, die an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind werden häufiger angesprochen; und Medienarbeit, welche so oder so im Zentrum der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit steht, gewinnt tendenziell noch etwas mehr an Bedeutung. In Bezug auf die Handlungsorientierung ist auf ein weiteres Charakteristika der Organisiertheit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit hinzuweisen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Informationsverantwortlichen ist zwar ein Mix aus Fremd- und Eigenbestimmtheit, tendenziell neigt sie dabei aber eher zur Fremdbestimmtheit, wenn man dabei auf die folgenden Kriterien abstützt: - die Kontrolle über das Timing, d.h. inwiefern die Öffentlichkeitsarbeit eher in Reaktion auf unvorhersehbar Ereignisse erfolgt oder sich das Meiste vorher- und absehbar entscheiden lässt; - die Kontrolle über die interne Kohärenz, d.h. inwiefern sie sich an schriftlich fixierten Leitbildern oder anderen Strategiepapieren orientieren kann, und - inwiefern die Initiative für die Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und Verwaltung ausgehen. Für die gesamte Gruppe der Informationsverantwortlichen zeigt sich (Þ Anhang Tabelle 2), dass Zeitsouveränität für die Mehrheit eher nicht oder gar nicht gegeben ist, Infoverantwortliche fühlen sich tendenziell in ihrem Zeitmanagement fremdbestimmt. Sie stützen sich auch mehrheitlich nicht auf schriftlich fixierte Leitbilder oder andere Strategiepapiere ab und handeln mehrheitlich auch nicht auf Initiative von Regierung und Verwaltung. Der Anstoss scheint somit eher von organisationsfremden Akteuren zu kommen. Ziehen wir zudem die Einschätzung des Einflusses von medialen und gesellschaftlichen Vorfällen mit ein, so zeigt sich, ein ganz ähnliches Bild. Etwas mehr als die Hälfte (56%) der Informationsverantwortlichen geben an, dass sie eher oder sehr stark von medialen oder gesellschaftlichen Vorfällen beeinflusst werden. Für 45% trifft dies jedoch eher nicht oder überhaupt nicht zu. Dieses Resultat bestätigt die bereits oben geäusserte Vermutung, dass staatliche Öffentlichkeitsarbeit eine Mischung aus reaktiver und pro-aktiver Elemente darstellt. 3: Zielgruppen und Funktionen: Wenn man Zielgruppen (vgl. Grunig/Hunt 1984: 11f; Bruhn 1987; Signitzer 1988: 101) der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit untersucht, dann müssen zwei Charakteristika hervorgehoben werden: Die markante Pluralität der Zielgruppen und die unmissverständliche Medialisierung. Nicht zuletzt in der publizistischen Öffentlichkeit wird zuweilen über staatliche PR so gesprochen, als hätte sie nur die Stimmberechtigten als Zielgruppen. Die Angaben der PR-Verantwortlichen verdeutlichen jedoch, dass die Kommunikationsflüsse sehr viel breiter sind als zuweilen vermutet: Die Kommunikation mit den Stimmberechtigten im Rahmen von direkt-demokratischen Auseinandersetzungen stellt lediglich eine spezifische Form der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit dar. Neben der Kommunikation mit wirtschaftlichen Unternehmen, sind in der Routinepolitik des Alltags andere ausserparlamentarische Akteure, aber auch andere Repräsentationsorgane nicht zu vernachlässigen. Die Verwaltungskommunikation ist eindeutig in das repräsentative System eingebunden; sie findet mit Gruppen und Institutionen statt, welche für die institutionelle Repräsentation zuständig sind. Bemerkenswert ist dabei neben der Verortung der Verbände und Interessenorganisationen auch die Kommunikation mit den anderen Verwaltungs- und Regierungsstellen. Im Rahmen einer föderalen Kompetenzaufteilung ist diese nämlich unerlässlich. Daneben gibt es ein Konglomerat von Zielgruppen, das sich am besten mit ausserparlamentarische Akteure umschreiben lässt. Darin sind jene Akteure und Organisationen vereint, welche über die Inputstrukturen das politisch administrative System unterstützen, es wählen, das politische Personal zur Verfügung stellen, aber auch für die Kontrolle der Repräsentationsorgane zuständig sind: Parteien, Bewegungen, Opinion Leader und Stimmberechtigte. Dabei mag auf den ersten Blick die Zuordnung der Parteien überraschen. Im schweizerischen Kontext ist dies indessen durchaus plausibel: Sie reflektiert einerseits die traditionell schwache Stellung der Schweizer Parteien und die geringe Bedeutung von Wahlen in unserem System. Andererseits wird damit die Bedeutung unterstrichen, welche Regierungs- und vor allem auch Oppositionsparteien im Rahmen der direkt-demokratischen Auseinandersetzungen haben. Schliesslich gibt es eine Zielgruppe, die sich am besten mit Öffentlichkeit umschreiben lässt; wobei diese Öffentlichkeit keineswegs unpolitisch ist. Die aufgrund der Faktoranalyse markante Trennung zwischen Stimmberechtigten und Wohnbevölkerung deutet aber an, dass hier die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen weniger an Zielgruppen der 'Politics' und direkt-demokratischer Entscheidprozesse denken, sondern an die Zielgruppen der 'Policies', welche vom Output des Systems betroffen sind. Schliesslich gehören auch die Medien hierhin, welche als Kommunikateure diese 'Policies' vermitteln. Auch wenn wir hier die Medien nur als eine Zielgruppe unter vielen beschrieben haben, die ausgeprägte Medienorientierung der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit ist dennoch unverkennbar: Die Medien stellen den zentralen Kommunikationskanal dar. Sie werden am meisten als 'regelmässig' gewählte Zielgruppe genannt. Lediglich 3% der Befragten haben im Kalenderjahr 2000 die Medien nie als Zielgruppe angesprochen. Dies ist ein unmissverständlicher Indikator für die Medialisierung der Politikvermittlung. Allerdings wird bei verfeinerten Analysen deutlich: dass die Medien nicht nur Zielgruppe per se sind, sondern häufig auch als Kanal zur Kommunikation mit spezifischen Publika verstanden werden. Die Medialisierung schlägt sich auch in den Profilen und den Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit nieder: Rund 28% der Befragten waren vor dem Antritt ihrer aktuellen Stelle journalistisch tätig, sei dies als freie Mitarbeiterin, als angestellter Journalist oder in einer Kombination von beidem. Bei den Informationsverantwortlichen ist der Anteil besonders hoch: Knapp 60% sind in ihrer Karriere vorher einmal journalistisch tätig gewesen; bei den leitenden Verwaltungsangestellten beträgt er nur noch 17%. Die Instrumente der Medienarbeit, insbesondere die Beantwortung journalistischer Anfragen, Mediencommuniqués und Medienorientierungen, zählen zu jenen Instrumenten, welche am meisten regelmässig zum Einsatz gelangen. Medienarbeit ist dementsprechend stark institutionalisiert. Damit geht einher, dass bei der Evaluation der Öffentlichkeitsarbeit am häufigsten Medienspiegel und Medieninhaltsanalysen zum Einsatz kommen. 4. Kommunikationshaltungen und Zielsetzungen: Die im Titel unseres Projektes angesprochene Trias von informativem, persuasivem oder dialogischem Kommunikationsstil wird in der PR-Literatur oft besprochen und vor allem normativ-theoretisch beleuchtet (Hunt und Grunig 1984; Zerfass 1996; Burkart 1996). Wir wollten diese Typen empirisch überprüfen und sind der Frage nachgegangen, ob diese Trias für die Beschreibung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit hilfreich ist. Dabei haben wir die Kommunikationshaltungen mittels zweier Fragen erfasst. Einerseits haben wir bei einer Frage über die faktischen Zielgruppen danach gefragt, welche Tätigkeiten die Zusammenarbeit mit diesen Zielgruppen am besten charakterisieren. Andererseits wurden die Befragten in einer weiteren Frage eingeladen, mögliche Zielsetzungen der Öffentlichkeitsarbeit zu rangieren. Auf der Basis der Antworten zu diesen beiden Fragen lassen sich die Kommunikationshaltungen anhand dreier Indices rekonstruieren: dem Informations-, Dialog- und Persuasionsindex. Graphik 2 kombiniert die drei Indices in einem Streudiagramm. Sie zeigt, dass die theoretisch hergeleitete Einteilung von Kommunikationsstilen in Information, Dialog und Persuasion kritisch zu hinterfragen ist: Entgegen der Annahme, es gebe drei sich gegenseitig ausschliessende Kommunikationshaltungen, weisen unsere Daten ebenso wie die qualitativen Analysen darauf hin, dass Information der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit zunächst fast immer zu eigen ist. Darauf weisen die hohen Werte beim Informationsindex hin (Mittelwert von 6,1 auf einer Skala von 1-10). Der Unterschied zwischen den Befragten liegt vielmehr darin, ob sie neben der informativen Haltung eher noch eine persuasive oder eher dialogische Haltung einnehmen. Es gibt aber noch weitere Gründe weshalb diese Trias nur bedingt von Nutzen ist. Einen möchten wir hier speziell hervorheben. Er fokussiert auf das Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit als Dialog: Mit der beschränkten Verankerung des Dialogs auf der Einstellungsebene unserer Befragten geht nämlich auch ein seltener Einsatz von dialogischen Instrumenten einher. Instrumente der direkten, interpersonalen Kommunikation kommen gemäss unserer quantitativen Befragung beschränkt zum Einsatz. Dort jedoch, wo dialogische Instrumente gewählt werden, stellt sich die Frage, ob noch von Öffentlichkeitsarbeit gesprochen werden kann. Bei Instrumenten wie dem runden Tisch haben wir festgestellt dass ein fliessender Übergang zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltungshandeln allgemein besteht. Wenn Problemlösungen konkreter Natur zur Diskussion stehen, wird die politische Kommunikation zur Chefsache. Einer unserer Interviewpartner hat das deutlich formuliert: "Es kann nicht Aufgabe des Öffentlichkeitsarbeiters sein, Lösungen zu erarbeiten [...] Klar muss auch er wissen, wo den Leuten der Schuh drückt, damit er das ansprechen kann, aber den Dialog müssen primär die Leute führen, die für die Erarbeitung der Lösungen verantwortlich sind – er erarbeitet keine Lösungen, er vermittelt sie nur." (Paraphrase, F. G., 339-347). Wenn sich diese Trias der Kommunikationsstile als bedingt nützlich erweist, so kann man sich der Frage nach der Ausrichtung von PR auch über die übergeordneten Zielsetzungen oder sogenannten 'Goals' (Faulstich 2000: 113 ff; Tak: 1999: 8) annähern. Wir haben die in der Literatur referierten Zielsetzungen gesammelt, in Fragen gegossen und von den Befragten hinsichtlich der Wichtigkeit bewerten lassen. Diese lassen sich aufgrund unserer theoretischen Vorüberlegungen sowie einer Faktorenanalyse in drei Gruppen einteilen (Þ Anhang Tabelle 3): - Informationsfunktionen mit den 'Goals': Informationsstand erhöhen und Dienstleistungen bekannt machen; - Supportfunktionen mit den 'Goals': Vertrauen fördern, Image fördern, Transparenz schaffen; - Issue- und Entscheidmanagement mit den 'Goals': Themen in die öffentliche Diskussion einbringen, den Puls der öffentlichen Meinung fühlen, politische Ziele unterstützen, zum Ausgleich gesellschaftlicher Interessen beitragen sowie politische Partizipation fördern. Besonders hervorzuheben ist hier die Supportfunktion. Die in einem demokratischen System tätigen PR-Verantwortlichen schreiben dieser aus der Systemtheorie bekannten Funktion in der Tat eine sehr hohe Bedeutung zu. Öffentlichkeitsarbeit, so einer unserer Interviewpartner, "ist ein kontinuierlicher Dialog mit dem Ziel der Schaffung und Erhaltung von Vertrauen". Diese Einschätzung teilen viele seiner KollegInnen ohne nennenswerte Unterschiede zwischen den leitenden Verwaltungsangestellten und den Informationsverantwortlichen. Alle weisen der Supportfunktion die grösste Wichtigkeit zu. Im Vergleich dazu werden die Ziele des Issue- und Entscheidmanagements von allen Befragten als am wenigsten wichtig eingestuft. Gemessen am Anteil Nennungen 'sehr wichtig' stehen sie mit Ausnahme des Goals 'erreichen politischer Ziele unterstützen' jeweils am Ende der Rangierung. Dafür werden deutliche Unterschiede ersichtlich: die Informationsverantwortlichen sind überdurchschnittlich ausgeprägte Verfechter des Issue- und Entscheidmanagements. Vor allem stark professionalisierte Informationsverantwortliche sind in der Gruppe der ausgeprägten IssuemanagerInnen vertreten und ihre subjektive Nähe zu den politisch Verantwortlichen prägt das Issue- und Entscheidmanagement stark; oder anders formuliert: ein politisch- instrumenteller Zugang zur Öffentlichkeitsarbeit hängt nicht nur mit Professionalisierung, sondern auch mit der Nähe zum politischen Machtzentrum zusammen 5. Fazit: Unser Projekt hat bewusst den Blick auf die Routinepolitik des PR-Alltags staatlicher Akteure gelenkt. Insgesamt haben wir dabei einige Hinweise dafür erhalten, dass die staatliche Öffentlichkeitsarbeit nicht nur Darstellungspolitik ist, sondern recht eng an die materielle Entscheidungspolitik gekoppelt ist (Sarcinelli 1997: 39). Die beschränkte Professionalisierung und die recht gute Einbindung der PR-Verantwortlichen deuten darauf hin. Aber auch die Analyse der Zielgruppen zeigt, dass nicht 'nur' die mediale Öffentlichkeit von Bedeutung ist, sondern auch die ausserparlamentarischen Akteure und andere Repräsentationsorgane. Schliesslich wird aus der Koordination der Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls ersichtlich, dass die strategische Herangehensweise am ehesten der Logik der funktionalen Einteilung nach Departementen folgt. Die Aussenkommunikation ist folglich keineswegs den PR-Experten oder Informationsverantwortlichen vorbehalten, sondern wird immer auch von den politisch verantwortlichen Personen geführt, und in vielen Fällen auch den Sachverständigen der Verwaltung übertragen. Dies mag den PR-Spezialisten, der für eine grosse Handlungsautonomie der ÖffentlichkeitsarbeiterInnen plädiert, vielleicht irritieren. Aus der Perspektive des modernen Verwaltungs- und Dienstleistungsstaates ist das aber durchaus erwünscht, wenn nicht sogar unerlässlich. Diese Resultate deuten insgesamt darauf hin, dass die Fokussierung der politischen Kommunikation auf Darstellungspolitik in der Schweiz vermutlich weniger ausgeprägt ist als in anderen Ländern. Dies mag mit verschiedenen Charakteristika des schweizerischen politischen Systems zusammenhängen: Die weniger ausgeprägte Parteienkonkurrenz, die beachtliche Autonomie der Ämterebene (Germann 1997), die Kollegialregierung und das Ressortprinzip, tragen zusammen mit dem föderalistischen Staatsaufbau zur Verankerung der Öffentlichkeitsarbeit in der Sachpolitik bei. In der PR-Literatur wird häufig von einer Dreiteilung der Kommunikationsstile gesprochen: Information, Dialog und Persuasion sind dann die plakativen Stichworte, wie sie auch unser Projekttitel aufgreift. Analytisch trägt diese Trias indessen nicht viel zum Verständnis und zur Erfassung von Öffentlichkeitsarbeit bei. Das lässt sich auch sprechakt-logisch untermauern. Wenn man nämlich PR-Produkte auf der Ebene der Texte analysiert, dann ergibt sich ein ähnliches Bild, wie es in Graphik 2 dargestellt ist. Information ist jedem Argument enthalten und dominiert entsprechend. Bei den drei Stilen Information, Dialog und Persuasion handelt es sich also nicht um drei auf der gleichen Ebene anzusiedelnde Aspekte, sondern eher um eine hierarchische Gliederung: Informieren und Fakten liefern tun alle, die Frage ist nur, ob sie es dabei sein lassen oder auch noch dialogische oder persuasive Elemente beimischen. Die qualitative Analyse von PR-Produkten zeigt ferner, dass auch Information strategisch gerahmt werden kann. Neben dem Liefern – oder Weglassen – der Fakten werden zwischen den Zeilen auch noch andere Botschaften vermittelt. Eine ist uns dabei besonders aufgefallen. Botschaften, welche die Tätigkeit der Behörden untermauern und ganz offensichtlich auch Vertrauen und Unterstützung generieren sollen. Dies unterstreicht die Befunde zu den drei übergeordneten Zielen der PR-Tätigkeiten die wir mit Information, Support sowie Issue- und Entscheidmanagement umschrieben haben. Staatliche Akteure müssen – wohl noch viel ausgeprägter als Akteure des Marktes – Vertrauen herstellen und sichern; die PR-Verantwortlichen helfen dabei tatkräftig mit. Über diese Kritik an der Trias von Kommunikationsstilen hinaus, ist auch dem Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit als Dialog mit der nötigen Skepsis zu begegnen. Einerseits deshalb, weil dieser Stil – sowohl auf der Ebene der Instrumente wie auch auf der Ebene der Kommunikationshaltungen – schlecht vertreten ist, andererseits, weil das Erarbeiten von Lösungen Chefsache ist. Damit wiederum sind auch wichtige Unterscheidungen in den Profilen der ÖffentlichkeitsarbeiterInnen angesprochen: Wir haben nämlich nicht nur eine Arbeitsteilung zwischen leitenden Verwaltungsangestellten und Informationsbeauftragten in Bezug auf dialogische Situationen festgestellt, sondern auch Differenzierungen unter den Informationsverantwortlichen in Bezug auf die Zielsetzungen. Ein engerer Kreis von regierungsnahen Informationsverantwortlichen nimmt verstärkt strategische Funktionen des Entscheid- und Issuemanagements wahr. Die systematische Analyse alltäglicher staatlicher Öffentlichkeitsarbeit erlaubt auch eine kritische Evaluation des Vorwurfs staatlicher Propaganda, wie er vor allem, aber nicht ausschliesslich im Zusammenhang mit Abstimmungen erhoben wird. Die Vielzahl von Adressaten, der vergleichsweise beschränkte Rückgriff auf Werbeinstrumente und der Umstand dass die staatliche Öffentlichkeit vor allem auch von Fremdmedien getragen und massenmedial vermittelt wird, weist auf die Grenzen staatlicher Einflussnahme durch Öffentlichkeitsarbeit hin. Der Propagandavorwurf weist jedoch auf den spezifischen Kontext staatlicher Öffentlichkeitsarbeit hin in einer Demokratie hin, wo politische Entscheide der Legitimation bedürfen. Legitimation wird dabei nicht nur über politisches Handeln, sondern auch durch Kommunikation erzeugt (Sarcinelli 2000: 26). Die Legitimation politischer Entscheide durch Prozesse muss vermittelt werden, d.h. über politische Kommunikation muss der Support für das politische System, in Form von Legitimation, Vertrauen und Zufriedenheit immer wieder neu gewonnen und hergestellt werden. Mit der wachsenden Staatstätigkeit ist dabei auch der Legitimationsbedarf für staatliches Handeln gestiegen und diese Legitimität ist im Zeitalter der Medien- und Informationsgesellschaft noch kommunikationsabhängiger geworden. Der Legitimationsbedarf staatlichen Handelns bezieht sich dabei auch auf den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Mit welchen Mitteln der Staat wo und wann Öffentlichkeitsarbeit tätigt ist selber legitimationsbedürftig und insbesondere im Zusammenhang mit Wahlen in parlamentarischen Systemen, bzw. im schweizerischen Kontext im Umfeld von Abstimmungen, Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Die angelaufene Diskussion zu "Qualitätskriterien" staatlicher Öffentlichkeitsarbeit ist daher nicht nur zu begrüssen, sondern verschiedene im Rahmen dieses Projektes gemachte Überlegungen und Befunde können auch zu dieser Debatte beitragen (vgl. Hardmeier im Erscheinen).