Institutionen der technischen Aus- und Weiterbildung als Kristallisationskerne innovativer Technikergemeinschaften

Ref. 671

General description

Period

Bestandesaufnahme 1995/09-voraussichtlich 1996/03.

Geographical Area

Additional Geographical Information​

Schweiz, Österreich, Süddeutschland/Baden-Württemberg.

Abstract

Das Forschungsprojekt geht von der These aus, dass Institutionen der technischen Bildung, also z. B. höhere technische Lehranstalten, Fachhochschulen, Technikerschulen, für die Entstehung und die Festigung von Ingenieursnetzwerken entscheidende Funktionen übernehmen können. Diese These soll im internationalen Vergleich überprüft werden. Dazu werden Funktionen analysiert, welche Bildungseinrichtungen für Technikernetzwerke in zwei Wirtschaftsgruppen in der Schweiz und in Deutschland übernehmen können. Auf diese Weise soll nicht nur vertieftes innovationstheoretisches Wissen erarbeitet, sondern auch ein Beitrag zu aktuellen Themen der bildungs- und technologiepolitischen Diskussion in der Schweiz (Fachhochschuldebatte, Weiterführung der CIM-Bildungszentren und der Microswiss-Zentren zur Förderung der Anwendung von Mikroelektronik u.ä.) geleistet werden. Das Projekt gliedert sich in vier Teile: Beginnend mit der vertieften Einarbeitung in die Thematik und Auswahl der Technikernetzwerke werden diese Netzwerke am Beispiel des Werkzeugmaschinenbaus und der Kunststoffverarbeitung genauer untersucht. Im zweiten Schritt werden die technischen Bildungssysteme der zwei ausgewählten Branchen analysiert. Dabei wird von einer breiten Bildungsperspektive ausgegangen und nicht nur die Einrichtungen der technologischen Aus- und Weiterbildung eingeschlossen, sondern auch jene der Forschung und Entwicklung. Zuerst wird eine Bestandesaufnahme aller relevanten Institutionen erarbeitet. Diese werden daraufhin untersucht, ob und in welcher Form sie Weiterbildungsangebote, Kongresse, projektorientierte Zusammenarbeit und Dozententätigkeit von in der Industrie Tätigen oder Praxisaufenthalte von Lehrern/Dozenten unterstützen bzw. fördern. Anschliessend werden die Technikernetzwerke näher beleuchtet. Zentral ist dabei die Frage, wie sich Technikernetzwerke bilden und weiterentwickeln. Ergeben sich dabei je nach Land und Technologie unterschiedliche Rollen für die Institutionen der technischen Bildung? Welche Funktionen haben Verbände und Normierungsgremien, branchenübergreifende Institutionen für Forschung und Entwicklung, Tagungen, Messen und Weiterbildungsveranstaltungen? In der abschliessenden Synthese werden die Ergebnisse des zweiten und des dritten Untersuchungsteils in der Absicht verknüpft, dass sich so die Funktionen der regionalen bzw. nationalen technischen Bildungseinrichtungen herauskristallisieren, von welchen innovative Technikernetzwerke besonders profitieren. Unter anderem sollen Antworten auf folgende Fragen gegeben werden: Was sind die Stärken und Schwächen des schweizerischen technischen Bildungswesens, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von fachspezifischen Kommunikationsstrukturen im regionalen Kontext? Wie ist die Wirksamkeit des technischen Bildungswesens in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland angesichts der technologischen Entwicklung zu beurteilen? Welche Beiträge zur Optimierung von regionalen technologischen Netzwerken sind von den Institutionen der technischen Aus- und Weiterbildung, wie Eidgenössische Technische Hochschulen (ETH), HTL, Technika, CIM- und Microswiss-Zentren zu erwarten? Welche Vorkehrungen sind zur Verbesserung der Kommunikationsstrukturen zwischen technischem Bildungswesen und industrieller Praxis, insbesondere im Rahmen der Rechtssetzung zum schweizerischen Fachhochschulgesetz von Bund und Kantonen zu treffen und zu implementieren? Genügen die Qualifikationen des heutigen Lehrkörpers den Anforderungen, welche regionale Innovationsnetzwerke stellen?

Results

Das wissenschaftliche und technologische Niveau ist in Industrieländern wie der Schweiz, Deutschland, Österreich zwar hoch; wo es aber oft Schwierigkeiten gibt, ist auf dem Feld des Transfers von vorhandenem Wissen in den Bereich der Wirtschaft; das produzierte Wissen wird noch zu wenig praktisch ausgebeutet. Die Verbesserung des Wissenstransfers, der Kommunikation zwischen Forschung und Wirtschaft, ist eines der prioritären Anliegen der gegenwärtigen Wissenschaftspolitik. Neuere Arbeiten auf diesem Gebiet haben gezeigt, dass man die Frage des Wissenstransfers mit Gewinn unter dem Blickwinkel der Kommunikation und der Vernetzung der Akteure im Innovationsprozess angehen würde, denn innovationsfähig ist in erster Linie, wer aufgrund seiner Ausbildung und seines beruflichen Bekanntenkreises sich die notwendigen Informationen beschaffen, auswählen und für die Zwecke seines Unternehmens nutzen kann. Derartige Netzwerke von Entwicklern standen im Mittelpunkt dieses im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 33 über die Wirksamkeit des Bildungswesen durchgeführten Projekts. Insgesamt zeigt die im Rahmen des NFP 33 durchgeführte Studie ein recht einheitliches Bild von der Zusammensetzung der Informationsnetzwerke von Entwicklern. In allen drei untersuchten Regionen (Deutschschweiz, Baden-Württemberg und Österreich) und auch in den beiden einbezogenen Branchen (Maschinenbau und Kunststoffe) haben die Entwickler in der Regel zahlreiche persönliche Aussenkontakte, die sie zur Bewältigung technischer Probleme nutzen. Mehr als 90 Prozent der Entwickler verfügen über mindestens eine Ansprechperson ausserhalb des Betriebs. Dieses Ergebnis zeigt die Wichtigkeit firmenexterner Kontakte für die lokale technische Problemlösung deutlicher auf, als dies bisher je getan wurde. Im Durchschnitt arbeiten drei der fünf wichtigsten Ansprechpersonen bei technischen Fragen ausserhalb des eigenen Betriebes. Die Analyse hat unter anderem gezeigt, dass Institutionen sich auf ein bestimmtes Zielpublikum spezialisieren müssen, wenn sie im Technologietransfer erfolgreich sein wollen. Jede der vier Kategorien, die in der Studie unterschieden werden ("Wissenschaft", "Anwendungsforschung", "Problemlösung", "Expertise"), hat ihre bestimmte Kundschaft. An Institutionen des Typs "Wissenschaft" wenden sich vor allem akademisch ausgebildete Entwickler aus grösseren Betrieben, während es beim Typ "Problemlösung" eher Entwickler ohne Hochschulabschluss sind. Institutionen des Typs "Anwendungsforschung" sind die Ansprechpartner der grossen und mittleren Firmen im Fall von grundsätzlichen, aber praxisnahen Fragen. Der Typ "Expertise" wird vorwiegend von Kleinbetrieben konsultiert, die schnell ein drängendes Problem gelöst haben möchten. Es ist darauf hinzuweisen, dass Institutionen nur kompetent funktionieren, wenn sie ihrerseits untereinander vernetzt sind. Und ein anderer wichtiger Punkt: Um Aufgaben im Bereich des Technologietransfers wahrnehmen zu können, muss das Personal in den Institutionen auch über die entsprechende Zeit verfügen; wer beispielsweise 20 Stunden pro Woche Unterricht erteilen muss, wird daneben kaum viel Zeit für potentielle Kunden haben. Da die für die Wirtschaft zentrale Innovationstätigkeit das Ergebnis komplexer Interaktionen ist, müsste es der öffentlichen Hand ein Anliegen sein, die Netzwerke der Entwickler zu fördern. Die Projektverantwortlichen skizzieren verschiedene Möglichkeiten, wie dies getan werden könnte, und zwar sowohl auf der politischen Ebene wie auf der Ebene der Betriebe.