Internationale Beziehungen und innenpolitische Handlungsfähigkeit: die Schweiz in der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)

Ref. 4826

General description

Period

1919-1999

Geographical Area

-

Additional Geographical Information​

OECD-Raum, Schweiz

Abstract

Welche Folgen hat die Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation für den innenpolitischen Handlungsspielraum der Schweiz? Die Studie versucht, diese Frage am Beispiel der Schweiz in der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu überprüfen: Inwieweit kann ein Prozess der Selbstbindung der Staaten und namentlich der Schweiz bei der Entstehung und Umsetzung von internationalen Arbeitsstandards festgestellt werden. Es sollen Bedingungen ausgemacht werden, unter welchen sich die Schweiz in ihrer Sozial- und Arbeitsmarktpolitikformulierung an internationalen Entwicklungen orientiert und umgekehrt über internationale Kanäle ihre Interessen gegen aussen wirksam vertreten kann. Theoretisch ist das Projekt an der Schnittstelle zwischen innenpolitischen Ansätzen und der Theorie internationaler Beziehungen angesiedelt.

Results

Die Studie geht der Frage nach, inwieweit das internationale Sozialstandard-Regime der ILO tatsächlich den Handlungsspielraum nationalstaatlicher Politik beeinflusst. Die Ergebnisse der statistisch vergleichenden Analyse für 18 Industrieländer zeigen, dass die Ratifikation von ILO-Übereinkommen im Bereich der sozialen Sicherheit signifikant auf das nationale Ausgabenniveau einwirkt. Die Effektivität der ILO lässt sich aber nur beschränkt mit der internationalen Konkurrenzsituation und einem "regulativen Wettbewerb" zwischen Nationalstaaten erklären. Erfolge der internationalen Kooperation sind eher als eine Funktion innenpolitischer Verteilungswirkungen zu verstehen. Dies ist ein zentrales Ergebnis der qualitativen Länderstudie Schweiz. Das internationale Regime eröffnet über die Vermittlung von Wissen neue Handlungsoptionen und kann so auf die nationalstaatliche Politikformulierung einwirken. Der Hinweis auf den übergeordneten, normativen Charakter des internationalen Rechts bietet ein zusätzliches Argument in der innenpolitischen Entscheidungsfindung. Im Falle der Ratifikation von ILO-Übereinkommen schränkt die internationale Selbstbindung den nationalen Handlungsspielraum umgekehrt wieder ein, indem Handlungsoptionen ausgeschlossen werden, die den internationalen Verpflichtungen entgegenlaufen. Die Effektivität des ILO-Regime lässt sich allerdings nicht in grossen Sprüngen nachzeichnen. Die Stärke des Regimes, das mit den Grundsätzen der Überzeugung und des moralischen Drucks operiert, liegt vielmehr in einer beharrlichen Politik der kleinen Schritte.