Im Auftrag des Amtes für Berufsbildung des Volkswirtschaftsdepartementes des Kantons Zürich soll die Quote der "echten Lehrabbrecher" im Gegensatz zu "Lehrumsteigern" möglichst zuverlässig geschätzt werden. Zu diesem Zweck wurden Jugendliche mit Lehrbeginn zwischen 1993 und 1995 und einer Lehrvertragsauflösung in derselben Zeitspanne ausgewählt. Dabei zeigte sich, dass von den Jugendlichen mit Lehrbeginn 1993 20.1% den ersten Lehrvertrag auflöst. Als Risikoberufe mit Auflösungsquoten über 30% gelten die Berufsarten Stein-, Erden und Glasverarbeitung, Malerei, Schmuck- und Uhrenherstellung und Körperpflege. Hingegen gibt es keine statistisch bedeutsamen Geschlechtsunterschiede.
Es wurden 1500 Jugendliche, deren berufliche Zukunft unklar war, für eine genauere Untersuchung ausgewählt. Von 1007 Jugendlichen liegen vollständige Datensätze vor. Mit diesen Jugendlichen wurden kurze telephonische Interviews zu ihrer beruflichen Vorbildung und zur Berufslehre durchgeführt. Für ihre erste und allfällig zweite und dritte Lehre wurden Berufsart, Auflösungsgrund und Perspektive über den weiteren beruflichen Werdegang erfragt und computererfasst.
Aufgrund der Ergebnisse lässt sich eine Quote von "echten" Lehrabbrechern von etwa 12.3% errechnen. Allerdings unterschätzt dieser Wert die Quote, weil die Jugendlichen, die nach Mitte drittes Lehrjahr die Ausbildung abgebrochen haben, in dieser Zahl noch unberücksichtigt geblieben sind. Das durchschnittliche Alter bei der Lehrvertragsauflösung beträgt 16 bis 20 Jahre. Ausländer-Jugendliche lösen überdurchschnittlich oft einen Lehrvertrag auf und von diesen Jugendlichen sind sie übererwarten oft Lehrabbrecher. Lehrabbrecher stammen eher aus Kleinbetrieben, während die Lehrumsteiger aus Betrieben mit eher vielen Mitarbeitern stammen. Die häufigsten Auflösungsgründe sind Differenzen zwischen den Vertragsparteien, falsche Berufswahl und ungenügende Leistungen in der Schule. Relativ mehr Lehrabbrecher haben eine tiefe Schulbildung genossen wie die Umsteiger. Die Umsteiger verfügen vor der Lehrvertragsauflösung signifikant häufiger eine berufliche Perspektive wie die Lehrabbrecher.
Aufgrund der vorliegenden Untersuchung kann die Problematik nicht abschliessend beantworten werden. Das Phänom Lehrvertragsauflösung und Lehrabbruch dürfte aber häufiger sein, als dass es landläufig erwartet wird. In der praktischen Arbeit scheint uns die Variable bedeutsam, ob die Jugendlichen vor der Lehrvertragsauflösung über eine berufliche Perspektive verfügen. Falls diese fehlt, ist u.E. zum Beispiel drei Monate nach der Auflösung eine Kontaktaufnahme durch einen Berufsinspektor oder eine andere Amtsperson angezeigt, damit der berufliche Werdegang des Jugendlichen nicht gefährdet ist. Ein vertieftes Nachdenken über Lehrabbrüche scheint uns ausserdem in Lehrmeisterkursen angezeigt. In Berufsschulen sollten Jugendliche trainiert werden, wie sie konstruktiv soziale Konflikte in der Lehre lösen können.Berufsverlauf der Jugendlichen nach einer Lehrvertragsauflösung aus? Diese Fragen werden in diesem Forschungsbericht im Auftrag des Amtes für Berufsbildung des Kantons Zürich bearbeitet. Der Bericht soll statistische Angaben zu verschiedenen Typen von Lehrvertragsauflösungen liefern. Insbesondere wird unterschieden zwischen Jugendlichen, die nach der Lehrvertragsauflösung in eine neue gleichwertige Ausbildung (Lehre oder Schule) umsteigen, und Jugendlichen, die nach der Lehrvertragsauflösung in eine Anlehre absteigen oder keine Folgeausbildung mehr verfolgen. Als Fortsetzung der Untersuchung von Neuenschwander & Dumont (1996) wurden Jugendliche mit Lehrbeginn 1993 und einer Lehrvertragsauflösung telefonisch über ihre Vorbildung und den weiteren Berufsverlauf befragt. Etwa 22% der Jugendlichen lösten den Lehrvertrag auf Es wurde eine Lehrabbruchquote von 5-7% aller Lehrlinge errechnet. Während die Umsteiger eher wegen Gründen, die im Lehrbetrieb liegen, den Lehrvertrag auflösten, lagen die Gründe für den Lehrabbruch eher in der Person des Lehrlings. Männer lösten häufiger den Lehrvertrag auf als Frauen. Risikoberufe waren Malergewerbe, Körperpflege, künstlerische Berufe, Gastgewerbe. Wegen kleiner Stichprobengrösse vorsichtig interpretierbar, schienen aber auch Berufe der Stein-, Erd- und Glasverarbeitung, Uhren- und Schmuckherstellung Auflösungsquoten von über 30% zu haben. Der Berufsverlauf von Lehrlingen nach einer Lehrvertragsauflösung ist vielfältig und kompliziert zu beschreiben. Zum Befragungszeitpunkt, vier Jahre nach Beginn der ersten Lehre, ist eine grosse Mehrheit der Umsteiger noch in ihrer zweiten Ausbildung. Unterbrüche zwischen einer Ausbildung und der nächsten werden oft durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten auf dem Beruf ausgefüllt, oder die Jugendlichen sind kurze Zeit arbeitslos. Gelegentlich werden Praktika oder Schnupperlehren durchgeführt, um sich für einen Folgeberuf entscheiden zu können. Obwohl die Quote der Lehrvertragsauflösung und der Lehrabbrüche hoch ist, orten wir keine Krise in der Berufsbildung. Vielmehr sollten spezifische Unterstützungsangebote für die einzelnen Drop-outs geschaffen und zum Teil ausgebaut werden. Diese könnten substantiell der Drogenprävention dienen und die Jugendlichen bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung beraten, so dass sie einen Berufsabschluss schaffen.