Beziehungsnetze, Versorgungssicherheit und soziale Differenzierung im kenyanischen Hochland (MOSAIK II)

Ref. 4168

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Abstract

Das vorliegende Forschungsprojekt will Aspekte eines bedeutenden Migrationsphänomens im semi-ariden kenyanischen Hochland aus sozialwissenschaftlicher Perspektive untersuchen. Aufbauend auf dem Erkenntnisstand des NF-Projekts MOSAIK und der Arbeiten des Laikipia Research Programmes sollen mittels teilnehmender Beobachtung soziale Mechanismen und Strategien herausgearbeitet werden, die bei den meisten Siedlern wesentlich zur Erhöhung der Versorgungssicherheit beitragen. Die Wanderungsbewegung von Kikuyu-Hackbauern von einer überaus fruchtbaren Ackerbauzone in ein dürres Weidegebiet wirft eine ganze Reihe von Fragen zur Ressourcenerschliessung und -nutzung sowie zur Sicherung des Überlebens auf. Die Geschichte der Besiedlung mit der langen Zeitspanne zwischen dem Kauf einer Parzelle und der Niederlassung (falls eine solche überhaupt erfolgt) lässt den Schluss zu, dass die Landkäufer kaum unmittelbare Bedürfnisse befriedigen müssen. Die stereotypen Muster, die für das Phänomen des Landerwerbs (und übrigens auch für den Zugang zu anderen lebenswichtigen Ressourcen) charakteristisch sind, werden eher als Indikator für eine kulturspezifische Strategie zur Sicherung der gesellschaftlichen Reproduktion betrachtet. In einer Arbeitshypothese wird davon ausgegangen, dass angesichts der Knappheit der lebensnotwendigen Güter ein weitgespanntes Netz von familialen, verwandtschaftlichen und anderweitigen institutionellen Beziehungen aufgebaut und gepflegt wird, in welchem Transferzahlungen (Geld, Güter, Dienstleistungen), Dispositionen von Produktionsmitteln (Land, Vieh) und reziproke Tauschakte (inbesondere Arbeitskräfte) ein höheres Mass an Versorgungssicherheit schaffen. Nebst der Dynamik innerhalb einer sich konstituierenden Siedlergemeinschaft sind, wie die Studie von Sottas und Wiesmann (1992) zeigt, die "back ties", die Beziehungen zu Verwandten und zu den väterlichen Produktionsmitteln, in vielen Fällen auch noch nach vielen Jahren überaus bedeutsam. Eine präzise Beschreibung der Unterstützungsformen und die Quantifizierung dieser Unterstützungsleistungen insbesondere in der Initialphase der Besiedlung sind Ziele des geplanten Forschungsprojektes "Beziehungsnetze, Versorgungssicherheit und soziale Differenzierung im kenyanischen Hochland". Da die Migration in einen kulturökologisch ungünstigen Siedlungsraum erfolgt, ist die Versorgungssicherheit der bäuerlichen Haushalte nur in den seltensten Fällen gewährleistet. Trotz der latenten Krisensituation sind allerdings Resignation und Not kaum anzutreffen. Subsistenzsicherheit, so wird hier vermutet, ist vielfach verknüpft mit Binnenmoral im weberschen Sinne und Sozialkapital im Sinne von Bourdieu (1980, 1983), welche den Zugang zu Ressourcen in entscheidendem Masse ermöglichen. In diesem Interpretationsraster können auch Hypothesen über die gesellschaftliche Differenzierung formuliert werden. Hier soll insbesondere geprüft werden, ob und in welchem Ausmasse dank vielfältiger Beziehungsnetze, d. h. dank der Erwartungen, Verpflichtungen und der tatsächlichen Unterstützungsleistungen eine rurale Mittelschicht entsteht, und wie diese ihrerseits z. B. mittels Patronagebeziehungen auf die Ressourcennutzung zurückwirkt. Besonderes Interesse kommt dabei den Zugriffsmöglichkeiten und der Nachhaltigkeit der Nutzung in den Bereichen Land, Wasser, Arbeitskraft, aber auch bei Entwicklungsprojekten zu. Die Auffassung, dass angesichts der engen Handlungsspielräume und der strukturellen Benachteiligungen hergebrachte Handlungsmuster aufgebrochen werden, wird hier in Frage gestellt. Einerseits weisen Indikatoren auf die Bedeutung der "back ties" hin, andererseits gibt es Anzeichen dafür, dass die Migration in dem Sinne organisiert erfolgt, dass gelegentlich ganze Verwandtschaftssegmente in einem Prozess, der hier "cluster-settlement" genannt wird, eine neue Gemeinschaft gründen, in der das Mitgebrachte wesentlich handlungsgenerierend wirkt. In diesem für die Betroffenen kritischen biographischen Übergang soll ein lebensgeschichtlicher Zugang die Identität und auch die Abhängigkeiten dieser Kleinbauern offenlegen. Da sich hier die konstituierenden Elemente wahrscheinlich eindeutiger manifestieren, soll die Stichprobe entsprechend angelegt werden.

Results

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