Anhand der geplanten Studie soll die Validität der deutschen Übersetzung des Fragebogens „Thought-Shape Fusion“ (TSF) in seiner Originalversion und in einer adaptierten Version überprüft werden. Die Stichprobe besteht aus gesunden jungen Frauen (Studentinnen der Universität Fri-bourg), Interessentinnen für eine Abklärung/ Therapie am Zentrum für Psychotherapie der Universität Fribourg, sowie Frauen, die über Online-Plattformen rekrutiert werden und eine Essstörungssymptomatik berichten. Alle Frauen sind im Alter zwischen 18 und 45 Jahren, was die Abschätzung eines möglichen Unterschieds zwischen Altersgruppen erlaubt.
Kognitive Verzerrungen spielen bei der Aufrechterhaltung vieler psychischer Störungen eine wichtige Rolle. Shafran et al. (1999) erkannten, dass analog zu der bei Zwangspatienten bekannten Überzeugung „Thought-Action Fusion“ (TAF) eine solche für Patienten mit Essstörungen zu bestehen scheint. Die TAF beinhaltet die Überzeugung, dass der Gedanke an eine Tat (Zwangshandlung) auf moralischer Ebene mit der tatsächlichen Ausführung gleichzusetzen ist und diese wahrscheinlicher macht. In Bezug auf Essstörungen wird diese kognitive Verzerrung als „Thought-Shape Fusion“ (TSF) bezeichnet und von den drei inhaltlichen Komponenten „Likelihood“, „Moral“ und „Feeling“ umfasst. Die erste besteht dabei in der Überzeugung, allein durch Gedanken an den Verzerr von „verbotenen“ Nahrungsmitteln würde die Wahrscheinlichkeit einer Gewichtszunahme größer. Die moralische Komponenten beinhaltet die Überzeugung, dass allein dieser Gedanke moralisch ebenso verwerflich sei wie der Verzerr selbst. Der dritte Aspekt bezieht sich auf das vermehrte Gefühl der Fettleibigkeit nach dem Denken an den Verzerr von „verbotenen“ Nahrungsmitteln (Shafran et al., 1999).
Der zur Erfassung dieser Verzerrung entwickelte und revidierte Selbstbericht-Fragebogen mit 34 Items (TFS_Q) zeigte sich in verschiedenen Studien signifikant mit Maßen der Essstörungspathologie assoziiert (Shafran et al., 1999); so konnten auch Shafran und Robinson (2004), wie ebenfalls Coelho, Carter, McFarlane und Polivy (2008) zeigen, dass Frauen mit Essstörungen höhere Level an TSF aufwiesen, als Frauen, welche nie an einer Essstörung erkrankt waren. Coelho et al. (2013) entwickelten in Folge eine Kurzversion des Fragebogens, in welcher nur die zu der konzeptuellen Komponente gehörenden Items einbezogenen wurden. Die Autoren ermittelten für die 14 eingeschlossenen Items eine unifaktorielle Struktur. Die dem TSF theoretisch verbunden Konstrukte Depressivität, Essstörungspathologie und Körperunzufriedenheit stellten sich als Prädiktoren für die TSF-Werte heraus. Zudem konnte auch für diese Kurzversion gezeigt werden, dass Frauen mit Essstörungen (Anorexia Nervos und Bulemie Nervosa) höhere Werte erreichten als die gesunde Vergleichsgruppe. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser beiden Studien überarbeiteten Coelho et al. (2013) die Kurzversion der TSF, sodass eine 18 Item-Version resultierte. Diese enthält neben den 14 Items zu „Likelihood“, „Morality“ und „Feeling“ auch eine Subskala zur klinischen Bedeutsamkeit dieser Gedanken, mit den Aspekten Häufigkeit, Auswirkung, Wichtigkeit von Unterdrückung, sowie Unkontrollierbarkeit dieser Gedanken.
Nun wurde eine deutschsprachige Übersetzung dieses Fragebogens mit zusätzlichen Items angefertigt (Wyssen & Munsch, in Vorbereitung) und es soll untersucht werden, wie sich die Faktorenstruktur dieser angepassten deutschen Version der TSF_Trait Short Version darstellt und ob diese die kognitive Verzerrung TSF reliabel erfasst.
Des Weiteren wurde das TSF-Konzept auf die Vorstellung von Schönheitsidealen adaptiert und ein zweiter Fragebogen wurde kreiert, welcher erfassen soll, ob auch die Konfrontation mit oder der Gedanke an Schönheitsideale zu einer verzerrten, negativen Wahrnehmung des eigenen Körpers führt. Auch diese Fragestellung soll in der vorliegenden Studie geprüft werden.
Im Rahmen dieser Studie wird ein diagnostisches Interview durchgeführt und es werden Fragebogen online ausgefüllt (insgesamt zweimal im Abstand von 2 Monaten). Das Interview und die Fragebogen beinhalten Fragen zur allgemeinen Psychopathologie, zur Stimmung, zur Wahrnehmung des Schönheitsideals, zum Körperbild, zur Emotionsregulation und zum Medienkonsum.
Das Ziel der vorliegenden Studie besteht erstens darin, die Faktorenstruktur der beiden Fragebogen „Thought-Shape Fusion Trait Scale“ (TSF; Or. Shafran et al., 1999; Coelho et al., 2012; Dt. Wyssen & Munsch, in Vorbereitung) und „Thought-Shape Fusion Trait Body“ (TSF_B; Wyssen & Munsch, in Vorbereitung) zu ermitteln. Des Weiteren soll die Validität der deutschen Übersetzung der Originalskala TSF erfasst werden und die psychometrischen Gütekriterien der beiden Fragebogen sollen getestet werden (interne Konsistenz, diskriminative und konvergente Validität).
Zweitens interessiert, ob es einen Unterschied zwischen zwei Altersgruppen (18-30 Jahre und 31-45 Jahre) hinsichtlich der Körperbildzufriedenheit, der Essstörungssymptomatik, der Internalisierung des Schönheitsideals und kognitiver Verzerrungen gibt.
Zu einem späteren Zeitpunkt soll diese Studie auch mit Jugendlichen Frauen, mit Männern verschiedenen Alters und in unterschiedlichen Kulturgruppen untersucht werden.