Allgemeines Sicherheitsempfinden: Die Schweizer Stimmbevölkerung fühlt sich sicher, doch sie schätzt die Entwicklung im Ausland düsterer ein als ein Jahr zuvor. Nachdem der landesweite Zukunftsoptimismus und das Sicherheitsgefühl im 2010 gegenüber dem Vorjahr noch leicht abnahmen, kann im Januar 2011 insbesondere beim Zukunftsoptimismus in die Schweiz ein markanter Anstieg um 15 Prozentpunkte beobachtet werden. In den letzten zwanzig Jahren fühlten sich die SchweizerInnen selten so sicher und optimistisch in Bezug auf die Schweiz wie im Januar 2011. Die Wahrnehmung einer düsteren Entwicklung der weltpolitischen Lage hat sich hingegen deutlich um elf Prozentpunkte verstärkt.
Vertrauen in Institutionen: Die Gesamtrangierung bleibt beinahe unverändert gegenüber den Jahren zuvor: Hohes Vertrauen in die Polizei, gefolgt von demjenigen in die Gerichte und dieses Jahr auch in die Wirtschaft, mittleres in die Bundesbehörden und Armee, geringes in die Medien und Parteien. Hervorzuheben ist dieses Jahr der deutliche Vertrauensverlust in die Gerichte sowie die moderaten Vertrauensverluste in die politischen Parteien und zum zweiten Mal in Folge in das Parlament. Einzig an Vertrauen gewonnen hat - wie 2010 - die Schweizer Wirtschaft.
Autonomismus und Öffnungsbereitschaft: Mit einer düsteren Wahrnehmung der weltpoliti-schen Lage scheint auch der Wunsch nach mehr Autonomie einherzugehen. Seit Beginn der Erhebungsreihe "Sicherheit" zeigten sich die SchweizerInnen noch nie so skeptisch gegenüber der EU wie im Januar 2011. Die Zustimmung zu einer Annäherung oder zu einem Beitritt ist innerhalb eines Jahres markant um 13 respektive 12 Prozentpunkte gesunken. Gleichzeitig wurde die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit der Schweiz noch nie so vehement gefordert. Die Zustimmung zur Uno zeigt sich stabil bei ca. Zweidritteln. Auch die Befürwortung einer internationalen Kooperation ohne souveränitätsmindernde institutionelle Bindung befindet sich weiterhin im Mehrheitsbereich, auch wenn die Unterstützung dieser Kooperationsform leicht abgenommen hat.
Neutralität: Eine Abschaffung der Schweizer Neutralität bleibt undenkbar: Die Neutralität wird von mehr als 90 Prozent der SchweizerInnen befürwortet und erfährt im Jahresvergleich einen zunehmenden Rückhalt. Weiterhin sehr hohe Befürwortung erfahren die Solidaritäts- und Identitätsfunktion der Neutralität. Die Unterstützung der Solidaritätsfunktion ist ähnlich wie diejenige der Kooperation ohne Souveränitätsminderung aber leicht gesunken. Die sicherheitspolitische Funktion wird immer noch mehrheitlich gutgeheissen, jedoch auf einem tieferen Niveau. Hinterfragt wird insbesondere die Glaubwürdigkeit der bewaffneten Neutralität.
Armee: Die Stimmbevölkerung zeigt ein ambivalentes Verhältnis gegenüber der Armee. Einerseits wird sie als notwendig und wichtig erachtet und auch die Milizkarriere erfreut sich weiterhin eines hohen Prestigewerts. Andererseits zweifelt die Schweizer Bevölkerung an der Verteidigungsfähigkeit der Armee im Ernstfall, einhergehend mit einer Zustimmung zu weiteren Kürzungen der Verteidigungsausgaben. Auch das Vertrauen in die Armee liegt weiterhin unter dem langjährigen Mittel. In der Frage der geeigneten Wehrstruktur für die Landesverteidigung und zur gesellschaftlichen Rolle der Armee besteht kein Konsens: Die SchweizerInnen halten sie genauso häufig für ein notwendiges Übel wie für zentral im schweizerischen Leben. Die Hälfte der Stimmbevölkerung steht hinter dem Milizsystem; ebenso viele favorisieren das Modell einer Berufsarmee. Trotzdem ist der Rückhalt für die obligatorische Dienstleistung für Männer gross, sei es in Form der Wehrpflicht oder einer allgemeinen Dienstpflicht. Frauen sollen nicht zu einem obligatorischen Militärdienst verpflichtet werden und Ausländer sollen von einer (freiwilligen) Militärdienstleistung ausgeschlossen bleiben.
Auslandeinsätze: Auslandeinsätze werden im langjährigen Vergleich kritischer beurteilt. So wird erstmals seit 1995 die Entsendung von Schweizer Friedenstruppen im Rahmen der Uno genauso häufig befürwortet wie abgelehnt. Der Bekanntheitsgrad der internationalen Einsätze der Schweizer Armee ist gering. Der in der Bevölkerung bekannteste Einsatz - die Swisscoy im Kosovo - wird tendenziell als Erfolg bewertet. Allerdings fällt es der Schweizer Bevölkerung schwer, die Auswirkungen dieses Einsatzes konkret zu beurteilen.