Förderung ab Geburt: Zürcher Equity Präventionsprojekt Elternbeteiligung und Integration ZEPPELIN 0-3

Ref. 10470

General description

Period

2011 bis 2015

Geographical Area

Additional Geographical Information​

Kanton Zürich

Abstract

Angesichts der nach wie vor sehr engen Verknüpfung von familialer Herkunft und Bildungslaufbahn in der Schweiz soll das Grundproblem der ungleich verteilten Bildungschancen von Beginn an, das heisst ab Geburt des Kindes bei der Familie als Bildungsort angegangen werden. Zu diesem Zweck wird in der longitudinal angelegten Interventionsstudie ZEPPELIN die Frage untersucht, ob Massnahmen der selektiven primären Prävention ab Geburt die Bildungschancen von Kindern aus Familien in psychosozialen Risikokonstellationen erhöhen. Ausgangslage: In keinem europäischen Land ausser Deutschland sind die Bildungschancen derart eng mit der sozial-familialen Herkunft verbunden wie in der Schweiz (OECD, 2005), und in keinem anderen Land sind die Aussonderungsquoten von Schulkindern aus sozial benachteiligten Familien so hoch (European Agency, 2010). Die in der Schweiz ergriffenen schulischen Massnahmen zur Förderung von Kindern mit ungünstigen Lernvoraussetzungen zeigten bislang nur wenig Wirkung (Moser & Lanfranchi, 2008). Daher soll das Grundproblem der herkunftsbedingten Bildungsdisparitäten bereits im frühkindlichen Alter angegangen werden, weshalb sich unser Fokus auf die Vorbeugung schulischer Lern- und Leistungsstörungen aufgrund ungünstiger Startbedingungen verschiebt. Ins Blickfeld rücken Massnahmen zur frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE). Bei Kleinkindern geschieht das primär über die Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen. Ziele: ZEPPELIN ist ein Interventionsprojekt der Hochschule für Heilpädagogik Zürich (HfH) in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion des Kantons Zürich (Amt für Jugend und Berufsberatung, AJB) im Bereich der selektiven primären Prävention. Erstes Ziel im Rahmen der Intervention ist die interdisziplinäre Früherkennung von Kindern, die aus psychosozialen Gründen in ihrer Entwicklung gefährdet und insofern von Behinderung bedroht sind. Das zweite Ziel ist die frühe Förderung dieser Kinder mit dem Programm "PAT - Mit Eltern lernen", um ihre Bildungschancen langfristig zu erhöhen. Im Rahmen der Wirkungsevaluation wird geprüft, inwiefern diese beiden Ziele erreicht werden. Fragestellung: In Anlehnung an das PPCT-Design nach Bronfenbrenner und Morris (2006) - in welchem Entwicklung als Interaktion zwischen Person und Umwelt im Kontext sozialräumlicher und zeitlicher Bedingungen aufgefasst wird - steht bei ZEPPELIN 0-3 die Frage im Zentrum, welche Effekte Massnahmen der frühen Förderung auf die Entwicklung von 0 bis 3-jährigen Kindern aus Familien in psychosozialen Risikokonstellationen haben und über welche Wirkmechanismen im Bildungsort Familie allfällige Effekte zum Tragen kommen. Vorgehen Intervention: Aufbauend auf den Erfahrungen aus der (gegenwärtig laufenden) Machbarkeitsstudie ZEPPELIN/M soll in der Hauptstudie ZEPPELIN 0-3 zur Früherkennung von Familien in psychosozialen Risikokonstellationen ein interdisziplinäres Netzwerk implementiert werden, das sich aus Akteuren aus dem medizinischen und psychosozialen Versorgungsfeld zusammensetzt. Zur frühen Förderung dieser Familien haben wir das Programm PAT gewählt, das die wichtigsten Kriterien wirksamer FBBE-Programme erfüllt: a) frühzeitiger Beginn, b) Kontinuität, c) Individualisierungsmöglichkeiten, d) Professionalität des Personals, e) Berücksichtigung der Sprachförderung und f) niederschwelliger Zugang mittels Hausbesuchen. Vorgehen Forschung: Um obige Fragestellung zu beantworten und die Zielerreichung zu überprüfen, ist ZEPPELIN längsschnittlich angelegt. In einer randomisiert kontrollierten Versuchanordnung (RCT) sollen qualitative und quantitative Verfahren eingesetzt werden, um mittels Vergleichen zwischen Interventions- (N=132) und Kontrollgruppe (N=84) Effekte auf die Entwicklung der Kinder und die Wirkmechanismen im Bildungsort Familie zu evaluieren. Folgende Instrumente sind bei ZEPPELIN 0-3 geplant: Zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat eine Einschätzung der Belastungs- und Schutzfaktoren; ab dem 3. Lebensmonat Videoanalysen zur Ermittlung der Qualität der Eltern-Kind-Interaktionen; rund um die ersten drei Geburtstage der Kinder jeweils Entwicklungstests, Skalen zur Einschätzung der elterlichen Versorgungskompetenz, der Erziehungseinstellung und des Anregungsgehalts im häuslichen Umfeld. Es ist vorgesehen, die Studie longitudinal weiterzuführen und Messungen bis in die SEK I vorzunehmen (ZEPPELIN 6-7; 12-13). Relevanz: ZEPPELIN ist zum einen aktuell, da frühe Förderung benachteiligter Kinder regelmässig auf der bildungs- und familienpolitischen Agenda steht. Zum anderen ist ZEPPELIN aufgrund der bestehenden Forschungslücken in der Schweiz relevant und originär, da hier zum ersten Mal ein FBBE-Programm zielgruppenspezifisch ab Geburt durchgeführt und in einer experimentellen Feldstudie evaluiert wird. Finanzierung der Intervention (4 Jahre/Fr. 2,5 Mio): Bildungsdirektion Zürich (AJB), Lotteriefonds des Kantons Zürich, Bundesamt für Migration, Jacobs Foundation, Stiftung Mercator Schweiz, Ernst Göhner Stiftung. Finanzierung der Forschung (3 Jahre/Fr. 601'000): Schweizerischer Nationalfonds. Unter dem Patronat der Schweizerischen UNESCO-Kommission.

Results

Zusammenfassung des Zwischenberichts der ZEPPELIN-Machbarkeitsstudie (09/09 bis 08/11 - Stand 01.09.10) Die im Zwischenbericht ZEPPELIN 0-3/M unter Kapitel 1 "Vorbemerkungen" formulierten Ziele (vgl. http://www.hfh.ch/projektedetail-n70-r76-i1295-sD.html) konnten erreicht werden: 1. Zugang zu schwer erreichbarem Adressatenkreis: Der Zugang zur Zielgruppe konnte wie vorgesehen hergestellt werden. Von den insgesamt 159 Familien mit Geburten zwischen dem 1. Januar und 30. Juni 2010 konnten 131 (82.3%) im Rahmen der regulären Aktivitäten der MVB Dietikon und 9 (5.7%) weitere Familien durch zusätzliche Anstrengungen (über Pädiater, Sozialberatung oder unangemeldeten Hausbesuch) erreicht werden (vgl. Kapitel 3). 2. Erprobung von Früherkennungsmethoden für Kinder in psychosozialen Risikokonstellationen: Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurde ein interdisziplinäres Netzwerk zur Früherkennung von Familien in psychosozialen Risikokonstellationen implementiert, das sich aus Akteuren aus dem medizinischen und psychosozialen Versorgungsfeld zusammensetzt. Mittels eines eigens für ZEPPELIN entwickelten Kurz-Screening konnte die Zielpopulation erkannt und auf ZEPPELIN aufmerksam gemacht werden. Insgesamt zählen 18.6% (26 Familien) der 140 erreichten Familien zur Zielgruppe. Aus ihnen wurde die Interventions- (10 Familien) und Kontrollgruppe (5 Familien) gebildet (vgl. Kapitel 3). 3. Auswahl, Adaptation, Erprobung von home- sowie center-based FIBBE-Programmen: Nach sorgfältiger Evaluation konnte ein geeignetes Programm zur frühen Förderung ausgewählt werden: "PAT - Mit Eltern lernen". Die Mütterberaterinnen wurden in einem einwöchigen Kurs zu PAT-Elterntrainerinnen geschult und setzen das Programm gegenwärtig in Dietikon um. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass die Eltern das Programm sehr schätzen und motiviert mitarbeiten (vgl. Kapitel 3). 4. Erste Evaluation bzw. Messung der Wirkung solcher Programme auf die Entwicklung der Kinder und auf die Integrations- und Erziehungskompetenzen ihrer Eltern: Die Forschungsinstrumente der Messung 1 (Videoaufnahme für den CARE-Index, Interview HBS und Fragebogen EMKK) konnten bei allen bislang untersuchten Familien wie vorgesehen eingesetzt werden (vgl. Kapitel 3). 5. Klärung der Schnittstelle zu den Angeboten der Mütterberatung und Erziehungsberatung: Die Aufgaben der Elterntrainerin lassen sich zu denjenigen der Mütterberaterin und der Erziehungsberaterin gut abgrenzen. Wichtig ist, dass die Elterntrainerin die Familie triagiert bei Themen der Mütterberatung (vgl. Kapitel 3). 6. Überprüfung wie und ob die Langzeitstudie durchgeführt werden kann: Nach heutigem Stand des Wissens kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das vorgesehene Setting für die Umsetzung des ZEPPELIN-Projektes und die Erreichung der Zielsetzungen geeignet ist. Es hat sich vor allem gezeigt, dass die Mütterberaterinnen mit Zusatzausbildung zur PAT-Elterntrainerin die geeigneten Personen für die Umsetzung der frühen Förderung sind. Bereits jetzt lässt sich sagen, dass die Kooperation mit der lokalen Kleinkindberatung (AJB, Bildungsdirektion Zürich) ein Glücksfall ist, weil sie einen beinahe lückenlosen Zugang zu allen Familien mit Neugeborenen ermöglicht und mit den Akteuren aus dem psychosozialen und medizinischen Versorgungsfeld gut vernetzt ist (vgl. Kapitel 6).