"Es muss also davon ausgegangen werden, dass nicht alle Maturandinnen und Maturanden in der ganzen Breite über genügende Kompetenzen verfügen, um jedes Studium aufnehmen zu können, ohne zusätzliche Lücken füllen zu müssen; dies obwohl sie durch die Verleihung des Maturaausweises als "allgemein studierfähig" qualifiziert wurden" (Eberle et al., 2008, S. 16). An dieses Ergebnis der Evaluationsstudie EVAMAR II, eine der wenigen Untersuchungen zur empirischen Bestimmung des Begriffes der Studierfähigkeit in der Schweiz, knüpft die geplante Studie an. In EVAMAR II absolvierten Maturandinnen und Maturanden Leistungstests der Fächer Mathematik, Erstsprache, Biologie und einen überfachlichen Fähigkeitstest, die explizit im Hinblick auf die Erfassung von Studierfähigkeit entwickelt wurden. Konkret wurden die Leistungstests auf der Grundlage der Analyse von Anforderungen von Seiten der Hochschulen unter der Massgabe entwickelt, solches Wissen und Können zu testen, welches für ein erfolgreiches Studium in den ersten beiden Semestern in verschiedenen Studienrichtungen als notwendig erachtet werden kann. Darüber hinaus wurden aus Sicht von Universitätsdozierenden als studienrelevant charakterisierte überfachliche Kompetenzen der Maturandinnen und Maturanden erfasst. Die Aussagen der Unter-suchungsergebnisse sind jedoch aufgrund des querschnittlichen Designs und der Wahl des Erhebungszeitpunkts beschränkt: Da die Daten nur zum Zeitpunkt kurz vor der Matura und damit vor Studienbeginn erhoben wurden, fehlt eine Validierung der Instrumente nach Studienbeginn, um die Studierfähigkeit im Hinblick auf eine Bewährung im Studium gültig zu messen. Diese Validierungsprüfung soll für die Instrumente der EVAMARII-Studie in der geplanten Nachfolgeuntersuchung vorgenommen werden, indem die Effekte unterschiedlicher Leistungstestergebnisse und unterschiedlicher Ausprägungen überfachlicher Kompetenzen auf Studienerfolg erfasst werden. Studienerfolg wird dabei anhand unterschiedlicher objektiver (Studiennoten, Studiendauer, Studienabbruch, Studienleistungen) und subjektiver Kriterien (Studienzufriedenheit, subjektiv wahrgenommener Erfolg) operationalisiert. Mittels einer Follow-up-Studie mit zwei Erhebungszeitpunkten im Herbst 2010 und 2011 soll anhand einer Deutschschweizer Teilstichprobe von ca. 1700 Maturandinnen und Maturanden des Jahrgangs 2007 der EVAMAR II-Studie untersucht werden, welche konkrete Bedeutung die in den Leistungstests offenbarten Wissenslücken im Vergleich mit weiteren Prädiktoren für Studienerfolg faktisch haben. Als solche weiteren Prädiktoren werden individuelle kognitive und nichtkognitive Voraussetzungen sowie Merkmale des schulischen und ausserschulischen Kontextes in ihrer Bedeutung für den Studienerfolg untersucht. Des Weiteren werden die Zugehörigkeit zu Studiengängen, Studienanforderungen und Studienbedingungen als Moderatoren der Zusammenhänge zwischen Prädiktoren und den Studienerfolgskriterien analysiert. Darüber hinaus soll in einer Zusatzstudie eine Teilstichprobe von etwa 270 Studierenden erneut Leistungstests in Mathematik und in Erstsprache absolvieren, um Veränderungen bei den mathematischen Kompetenzen und in den sprachlichen Fähigkeiten in Abhängigkeit von Studiengängen und differierenden Studienanforderungen feststellen zu können. Für die Datenerhebung kommen quantitative Verfahren zum Einsatz. Beim Instrumentarium kann auf bereits in der Forschung eingeführte Instrumente sowie auf im Rahmen des SNF-Projekts APU selbst entwickelte Instrumente zurück gegriffen werden. Die Untersuchungsergebnisse werden dazu beitragen können, das empirische Defizit bezüglich der Bestimmung von Studierfähigkeit aber auch im Hinblick auf die Prädiktion von Studienerfolg zu verringern. Sie versprechen darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse für die Qualitätssicherung und Steuerung von Bildungsprozessen am Gymnasium. Insbesondere sind Hinweise für den Nutzen der aktuell diskutierten Einführung basaler Kompetenzen als Mindestkompetenzen zu erwarten. Weiterhin sollten die Ergebnisse für die Studienberatung von Interesse sein.